Die Erwartung
Hör’ ich das Pförtchen nicht gehen?
Hat nicht der Riegel geklirrt?
Nein, es war des Windes Wehen,
Der durch diese Pappeln schwirrt.
Du sollst die Anmuthstrahlende empfangen,
Ihr Zweige, baut ein schattendes Gemach,
Mit holder Nacht sie heimlich zu umfangen,
Und all ihr Schmeichellüfte werdet wach
Wenn seine schöne Bürde, leicht bewegt,
Der zarte Fuß zum Sitz der Liebe trägt.
Stille, was schlüpft durch die Hecken
Raschelnd mit eilendem Lauf?
Aus dem Busch den Vogel auf.
O! lösche deine Fackel, Tag! hervor,
Du geist’ge Nacht, mit deinem holden Schweigen,
Breit’ um uns her den purpurrothen Flor,
Der Liebe Wonne flieht des Lauschers Ohr,
Sie flieht des Strahles unbescheidnen Zeugen!
Nur Hesper, der verschwiegene, allein
Darf still herblickend ihr Vertrauter seyn.
Flüsternden Stimmen gleich?
Nein, der Schwan ists, der die Kreise
Ziehet durch den Silberteich.
Mein Ohr umtönt ein Harmonieenfluß,
Die Blume neigt sich bey des Westes Kuß,
Und alle Wesen seh ich Wonne tauschen;
Die Traube winkt, die Pfirsche zum Genuß,
Die üppig schwellend hinter Blättern lauschen;
Trinkt von der heißen Wange mir die Glut.
Hör’ ich nicht Tritte erschallen?
Rauscht’s nicht den Laubgang daher?
Nein, die Frucht ist dort gefallen,
Des Tages Flammenauge selber bricht
In süßem Tod und seine Farben blassen,
Kühn öffnen sich im holden Dämmerlicht
Die Kelche schon, die seine Gluten hassen,
Die Welt zerschmilzt in ruhig große Massen,
Der Gürtel ist von jedem Reiz gelöst,
Und alles Schöne zeigt sich mir entblößt.
Seh’ ich nichts weißes dort schimmern?
Nein, es ist der Säule Flimmern
An der dunkeln Taxuswand.
O! sehnend Herz, ergötze dich nicht mehr
Mit süßen Bildern wesenlos zu spielen,
Kein Schattenglück kann diesen Busen kühlen;
O! führe mir die Lebende daher,
Laß ihre Hand, die zärtliche, mich fühlen,
Den Schatten nur von ihres Mantels Saum,
Und leis’ wie aus himmlischen Höhen
Die Stunde des Glückes erscheint,
So war sie genaht ungesehen
Und weckte mit Küssen den Freund.