Die Göttergabe
Hört, mit welcher holden Gabe
Mich die Liebe jüngst beglückt.
Wenn ich nie entzückt gesungen habe,
Sing’ ich jetzt von ihr entzückt.
Ich des Gottes Siege sang,
Trat zu mir und bot mit Gruß und Friede,
Was er hatte, mir zum Dank.
„Amor, sprach ich, deine Schwingen,
Sollen fürder keinen Sieg mir bringen,
Seit mir Chloe ward zu Theil.
Keine Herzen mehr verwunden
Will ich, bleibet Sie nur mein.
Will ich ihr Gefangner seyn.
Deine Fackel? ach die Liebe
Fliehet ein zu helles Licht.
Wie? wenn Chloe mir nicht Chloe bliebe?
„Nun, du Sohn der Täuschereien,
Nimm die Binde dann von mir;
Mehr als Alles wird sie dich erfreuen,
Vieles schenk’ ich dir mit ihr.
Das für mehr als Wahrheit gilt,
Und ein immer wachsend neues Sehnen,
Das die Seele hebt und füllt.
Träume sind in ihr verborgen,
Hoffnungen, mit jedem neuen Morgen
Dir ein neuer Jugendtraum.
Weise Blindheit, nicht zu sehen,
Was du froh nicht sehen willt:
Die der Liebreiz dir verhüllt.
Schonung lieget in der Binde,
Ruh und Warten und Geduld –
Nimm sie, und sei selig gleich dem Kinde,
Seit mit dieser Göttergabe
Amor mich zum Gott entzückt,
Ist sie wechselnd mein’ und Chloens Habe,
Und wir tragen sie beglückt.