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Die Landschaft

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
Autor: Sophie Mereau
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Titel: Die Landschaft
Untertitel:
aus: Friedrich Schiller:
Musen-Almanach für das Jahr 1797, S. 147 - 151
Herausgeber: Friedrich Schiller
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1797
Verlag: J. G. Cotta
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Erscheinungsort: Tübingen
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: HAAB Weimar, Kopie auf Commons
Kurzbeschreibung:
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[147]
Die Landschaft.

Einsam, auf des Berges ödem Gipfel,
Schau ich, über die bewegten Wipfel,
Tief hinunter in das weite Thal,
Wie harmonisch liebliche Gestalten

5
Sich in Jugendfülle rings entfalten,

Freundlich glühen in der Sonne Stral!

Ha! wie wanket hier im Sonnenglanze
Dieser lichte Grund, wo wie im Tanze
Eingewurzelt, froh die Bäume stehn,

10
Bald in Gruppen vielfach sich verschlingen,

Dort gepaart in stille Lüfte dringen,
Einzeln hier an kühlen Bächen wehn!

[148]

Wie ein Silberband in Blau getauchet
Schlingt der Fluß, von Kühlung sanft umhauchet,

15
Seine Fluthen durch der Wiese Grün.

Sichtbar jetzt und jetzt in die Gebüsche
Schwindend, krümmt an seines Ufers Frische
Heimlich sich der schmale Fußsteig hin.

Fern von ihm, bedeckt mit weißem Sande,

20
Ziehet, bald mit einer Felsenkante

Eingefaßt, in Dörfer hier versteckt,
Die belebte Straße sich in breiter
Träger Krümmung, zögernd, immer weiter,
Bis sie fern der dunkle Wald bedeckt.

25
Voll Bedeutung schaut aus blauen Lüften

In des Thales froh belebte Triften,
Die Ruine schwermuthsvoll herab.
In sich selbst gedankenvoll versunken,
Blickt die stille Seele schauertrunken

30
In der Zeiten ewig ofnes Grab.
[149]

Hinter ihr in langen Streifen dehnen,
Bis sie sich an ferne Berge lehnen,
Anmuthsvoll sich stille Saaten hin;
Ihre Farben, die, wie bunte Flammen,

35
Sich durchkreuzen, schmelzen fern zusammen,

Und entschweben dem getäuschten Sinn.

Mir zur Seite, über die Gefilde
Trotzt ein Klippengrund, dem nie die milde
Frühlingssonne einen Halm entlockt,

40
Nur des Gießbachs wilde Ströme haben

Tiefe Spuren, zürnend, eingegraben,
Wo durch ihn ihr rascher Lauf gestockt.

Jetzt erhebt auf dunstbeladnen Schwingen
Sich der Sturm und schnell verstummt das Singen

45
Froher Vögel, alles athmet schwer.

Horch, der Donner hallt in langen Pausen,
Und es zieht, voran ein banges Sausen,
Dort ein drohendes Gewölk einher.

[150]

Unablässig beugt, ein Spiel der Winde,

50
An dem Hügel sich die hohe Linde,

Beben alle Gräschen um mich her.
Während dort, versteckt in Blüthenzweigen
Tief im Thal noch alle Lüftchen schweigen,
Säuselt hier kein lauer Zephir mehr.

55
Sieh, dort flieht, vom schnellen Sturm ereilet,

Noch ein Sonnenblick, der nirgends weilet,
Schnell verlöschend durch die weite Flur,
Und ein Schauer fliegt den Ungewittern
Leicht voran, und dringt mit bangem Zittern

60
Tief in die erschütterte Natur.


Und mit länger nicht verhaltnem Grimme
Rollet nun des Donners laute Stimme,
Und der Himmel und die Erde schwankt,
Dünste fahren auf in lohe Flammen,

65
Staubgewölke ballen sich zusammen,

Und des Tages matter Schein erkrankt.

[151]

Und der Sturm, den keine Kräfte zügeln,
Ras’t umher mit Nachtbedekten Flügeln,
Droht Verheerung der geschmückten Flur.

70
In der großen Szene ganz verschlungen,

Ehr’ ich mit bescheidnen Huldigungen,
Dich in deiner Leidenschaft, Natur!

Sophie Mereau.