Die Nordfahrt der Deutschen

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
<<< >>>
Autor: F. St…r.
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Die Nordfahrt der Deutschen
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 51, S. 806–807
Herausgeber: Ernst Keil
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1865
Verlag: Verlag von Ernst Keil
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
Nachtrag: Deutsche Nordfahrt
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite
[806]
Die Nordfahrt der Deutschen.

Am Schlusse des vergangenen Sommers ging eine Nachricht durch die Zeitungen, die blos von einem gewöhnlichen Schraubenbruche in einem Schiffe sprach, aber wie eine Trauerbotschaft aufgenommen wurde. Ein englisches Dampfschiff, die Queen of the Isles, war von preußischen Corvetten-Capitain Werner zu einer Erkundungsfahrt nach dem Nordpol gemiethet worden und auf diesem Schiffe, dem Eigenthum einer Nation, die arktische Entdeckungsfahrten so ziemlich als ihr Monopol betrachtet, hatte sich jener Schraubenbruch ereignet. Die Queen of the Isles soll uns die Freude nicht rauben, daß die deutsche Thatkraft auch bei diesem Plane einer deutschen Nordfahrt sich wieder rasch und energisch entfaltet hat. Wie eine Stahlfeder, die man von einem niederhaltenden Drucke befreit, schnellt die deutsche Unternehmungslust empor, wenn man ihr ein würdiges und nationales Ziel zeigt. Am 23. Juli hatte August Petermann einer Frankfurter Versammlung, die ausdrücklich zur Besprechung einer deutschen Nordfahrt eingeladen worden war, seinen Plan entwickelt, und bereits am 10. August hatte der preußische Corvetten-Capitain Werner in Bremen die ersten Schritte gethan, den Gedanken zu verwirklichen. Noch war der 1. September nicht gekommen und schon dampfte die Queen of the Isles, nicht mit dem wackern, unermüdlichen Capitaln Werner, dem der Urlaub verweigert worden war, aber mit den Hamburger Capitainen Hagemann und Bernard und mit den Naturforschern Wiebel und Fischer-Bengen an Bord, die Elbe hinunter – um bei Cuxhaven mit gebrochener Schraube von einem Schlepper an’s Land bugsirt zu werden.

Es war eine bloße Erkundungsfahrt, die auf diese Weise vereitelt worden ist. Die Pioniere der Nordfahrt sollten über Hammerfest nach Spitzbergen segeln, die dortigen Küsten untersuchen, namentlich sich mit den jüngst aufgefundenen Kohlenlagern beschäftigen, ferner auf dem östlich von Spitzbergen gelegenen, schon mehrmals gesehenen, aber nie besuchten Gilisland zu landen streben, Beobachtungen über Strömungen und Wärmeverhältnisse machen, so weit nördlich steuern, als sich in eisfreiem Wasser gelangen lasse, womöglich östlich bis zu den Mammuthsküsten von Neusibirien gehen und am 15. Oktober wieder in Hammerfest sein. Daß Capitain Werner an der Nordseeküste kein deutsches Dampfschiff fand und ein englisches miethen mußte, hat diese werthvollen Vorstudien unmöglich gemacht. Die eigentliche Nordfahrt wird im nächsten Jahre dennoch stattfinden. Die freudige Theilnahme, die der Petermann’sche Plan aller Orten, namentlich in Hamburg und Bremen, gefunden hat, ist uns Bürgschaft dafür, daß die Deutschen, die „Nation der Geographen“, es als eine Ehrenpflicht erkennen werden, in arktischen Entdeckungsfahrten mit den übrigen Völkern zu wetteifern. Auf diesem Felde sind namentlich die Engländer uns weit voran. Sie haben in zwei Jahren (1848 und 1849) auf der amerikanischen Seite ein Gebiet von 15,000 Geviertmeilen erforscht und für die zwanzig Fahrten jener Zeit sieben Millionen Thaler verausgabt. Wir hoffen, daß im nächsten Jahre Corvetten-Capitain Werner, der nächst Petermann für den Plan der Nordfahrt am meisten und unter persönlichen Opfern thätig gewesen ist, nicht verhindert werden wird, die Leitung der Expedition zu übernehmen. Wie wir hören, hat die preußische Regierung zu solchem Behufe ihm bereits ein Kriegsschiff zur Disposition gestellt.

So weit der Plan bis jetzt gediehen ist, sollen zwei hölzerne Schraubendampfer verwendet werden. Hölzerne Schiffe sind wärmer, als eiserne, und leisten auch, wenn man ihren Wänden die bei arktischen Fahrten übliche Verstärkung giebt, dem Eise mehr Widerstand. Zwei Schiffe müssen es sein, damit sie sich gegenseitig unterstützen und zu Zeiten trennen können, und jedes für sich eine Meergegend, eine Küste, im Eise sich öffnende Straßen zu untersuchen. Zur Besatzung würden, die Officiere und Naturforscher mitgerechnet, sechszig Mann ausreichen. Die Dauer der Fahrt würde höchstens zwei Jahre betragen, doch müßte man auf drei Jahre Lebensmittel mitnehmen, um im Stande zu sein, an geeigneten Punkten Magazine anzulegen. Eine nicht zu niedrig gegriffene Berechnung veranschlagt alle Kosten auf 212,000 Thaler. Die größere Hälfte wäre bereits vorhanden, wenn man die müßig liegenden deutschen Flottengelder für das echt nationale Unternehmen verwendete, das dem Ruhm der deutschen Flagge in ganz anderer Weise dienen würde, als der Bau von einem Paar Kanonenbooten. Das Fehlende ist durch Unterzeichnungen zu beschaffen; wenn der Plan Privatsache bleibt.

Für die deutsche Nordfahrt ist nicht die amerikanische, sondern die asiatische Seite der Polarzone gewählt worden. Die Engländer haben, gewissermaßen aus Gewohnheit, die erstere immer bevorzugt und sind ebendarum auf die stärksten Hindernisse gestoßen. Nimmt man eine Landkarte zur Hand, so gewahrt man im Westen der Barrowstraße, dem Hauptgebiet der englischen Thätigkeit, ein Gewirr von Inseln und schmäleren oder breiteren Wasserstraßen. Wie sehr das feste Land die Entstehung von Eis begünstigt, kann man an jedem unserer größeren Flüsse beobachten. An den Ufern setzen sich hüben und drüben Eisränder an und dehnen sich bei fortdauernder Kälte mehr und mehr gegen die Mitte hin aus. Dort ist noch eine Zeit lang freies Wasser, in dem bald Eisschollen zu erscheinen anfangen, die an Zahl und Umfang zunehmen, endlich in’s Stocken gerathen und den Fluß ganz schließen. In allen den Canälen westlich der Barrowstraße, welche die Engländer befahren haben, bilden sich auf dieselbe Weise Massen von Eis. Unter dem Einflusse des Landes, das überall in der Nähe ist, thauen sie in der guten Jahreszeit spät auf und entstehen nach dem kurzen Sommer rasch auf’s Neue. Das Eistreiben, das in dem freibleibenden Raume in der Mitte stattfindet, wo starke Meerströmungen herrschen, ist fürchterlichster Art. M’Clure, der Entdecker der nordwestlichen Durchfahrt, gerieth beim Vorgebirge Prinz Alfred in Polareis, das vom Westwinde in jeder Stunde einen Knoten weit gegen Osten fortgetrieben wurde. Sechszehn bis achtzehn Fuß hoch waren die mit Donnergeräusch treibenden Eisblöcke, und welchen Druck sie übten, sah man nicht blos an losgerissenen Kupferbeschlägen des Investigators, die wie Papierrollen zusammengewickelt wurden, sondern auch an einer Art von Bergreihe am Ufer, die aus einer einzigen Holzmasse bestand, lauter Trümmern von Stämmen Treibholz, die das Eis zu Spähnen und Splittern zerrieben hatte. Gnadenbucht nannte M’Clure die Einzahnung der Küste, die ihm vor den Eismassen Schutz gewährte. Noch fürchterlicher ist der Canal westlich von der König Wilhelmsinsel, aus dem Franklin keinen Ausweg gefunden hat. Gleich einem Eisstrom drängt sich dort das Polareis aus der Straße zwischen dem Prinz Waleslande und dem Victorialande heran.

Ehe die Schiffe zu der Barrowstraße gelangen, die ihnen den Zugang zu dem höchsten Norden gewähren soll, haben sie bereits eine Gefahr zu bestehen. In der Baffinsbai treiben große Eismassen, von den Walfischfängern als Mitteleis bezeichnet. Es öffnen sich darin Straßen, in die man sich auf die Gefahr hin wagen muß, daß sie sich wieder schließen und das Schiff nicht mehr fortlassen. M’Clintock war aus seiner Nordpolfahrt zur Aufsuchung Franklin’s zweihundert zweiundvierzig Tage der Gefangene des Mitteleises. Rings von ihm eingeschlossen, wurde er mit den Eisfeldern vom Winde hierhin und dorthin getrieben und machte in der erwähnten Zeit eine unfreiwillige Reise von fast dreihundert deutschen Meilen. Die große Erzeugungsstätte dieses Mitteleises der Baffinsbai ist das nördliche Grönland, welches einen einzigen ungeheuren Gletscher darstellt. Unter den doppelten Einwirkungen der Luftniederschläge und des Frostes immerfort sich ausdehnend, schiebt der grönländische Riesengletscher sein Eis durch Thäler und Schluchten dem Meere zu. Sind die Ufer hoch und steil, so wird der Gletscherrand in die Luft hinausgedrängt, bis er unter dem Drucke seines eigenen Gewichts abbricht, krachend in’s Meer stürzt [807] und dort einen Wellenschlag erzeugt, der ein Schiff von der Größe des Fox, auf dem M’Clintock seine Fahrt gemacht, gleich einer Nußschale umherwirft. Der Humboldt-Gletscher, dessen Ausdehnung über einen ganzen Breitengrad die staunende Bewunderung Kane’s und seiner Gefährten erregte, ist nur ein Theil des grönländischen Binnengletschers. „Eine lange, glänzende Klippe,“ so beschreibt Kane den Humboldt-Gletscher, „zieht sich in einer Quere fünfzehn geographische Meilen lang wie eine feste Glaswand von dreihundert Fuß Höhe in unabsehbare Ferne. Das innere Eismeer, mit dem der Gletscher in Verbindung steht, ist ein Schnee- und Eisfeld, für das Auge von grenzenloser Ausdehnung. Zum Beweise seiner im Fortrücken begriffenen Bewegung hört man von Zeit zu Zeit tief hallende oder krachende Töne, die dem Donner oder entfernten Kanonenschüssen ähnlich sind. Am Ufer selbst läßt sich die große Artillerie der Eismauer vernehmen, denn diese wirft beständig ihre Abbrüche ab, wodurch die Eisdecke des Meeres meilenweit durchschlagen wird.“ Ist das Ufer flach, so schiebt der Gletscher sein Eis eine Strecke in’s Meer hinaus, bis es im tieferen Wasser gehoben wird und abbricht.

Auf der asiatischen Polarseite sind die Verhältnisse dem Nordpolfahrer weit günstiger. Hier ist kein die Eisbildung begünstigendes Gewirr von Inseln und Wasserstraßen wie im Westen. Vor allen Dingen trifft man auf der asiatischen Seite die warme Meerströmung, die wir den Golfstrom nennen, weil sie vom mexikanischen Meerbusen zu uns kommt. Sie geht in schräger Richtung von Amerika zu uns herüber, hält das Nordcap und die Bai von Kola Jahr aus Jahr ein vom Eise frei, berührt die Westküste von Spitzbergen und von Nowaja Semlja, den Taimyr-Busen, die neusibirischen Inseln und strömt durch die Behringsstraße in das große Weltmeer. Dort trifft der Golfstrom mit einer der beiden kalten Strömungen zusammen, die vom Pol ausgehend an Amerika hinströmen. Der klimatische Unterschied, der durch das Vorherrschen der kalten Strömung an der amerikanischen und der warmen Strömung an der europäischen und asiatischen Küste hervorgerufen wird, ist ein ungeheuerer. Ein Beispiel möge genügen. Auf der amerikanischen Seite liegt die Insel Melville, auf unserer Seite, um keinen ganzen Grad südlicher, die Bären-Insel. Auf der Melville-Insel blieb das Quecksilber fünf Monate lang gefroren und die Lebensmittel mußten mit der Axt zerhauen werden. Auf der Bären-Insel bleibt der Schnee selten lange liegen, Regen um Weihnachten ist keine seltene Erscheinung und die norwegischen Fischer brauchen während des kältesten Monats ihre Arbeiten im Freien nicht auszusetzen. Auf Packeis, d. h. von Winden und Strömungen zusammengetriebene Massen eines verhältnißmäßig lockern Eises, werden die deutschen Nordfahrer auch auf der asiatischen Seite stoßen. Solches Eis bildet überall in der arktischen wie in der antarktischen Zone einen Gürtel, der durchbrochen werden muß. Jenseits dieses Gürtels ist unbedingt auf ein eisfreieres Meer zu rechnen als in den amerikanischen Meeren und gegen die höchsten Breiten hin wahrscheinlich auf ein ganz freies Meer.

Um das letztere zu erklären, müssen wir die wissenschaftliche Thatsache vorausschicken, daß die Temperatur-Extreme sich nicht streng nach den Breitegraden richten. Nicht der Erdgleicher ist es, wo die stärkste Hitze herrscht. Das kennt man aus Erfahrungen sehr genau. Der Nordpol ist zwar noch nicht erreicht worden, aber so viel weiß man mit Bestimmtheit, daß die Linie der höchsten Kälte bedeutend südlich von ihm läuft. Man erkennt diese Linie unschwer daran, daß jeder Wind, aus welcher Richtung er auch kommen möge, eine Abnahme der Kälte zur Folge hat. Man hat diese Linie der höchsten Kälte auf der amerikanischen wie auf der asiatischen Seite gefunden. Es ist mithin ein Vorurtheil, daß die Kälte nach dem Nordpol hin beständig zunehmen müßte, so daß, selbst wenn dort oben blos Wasser wäre, der Pol wegen ewiger Eismassen nicht erreicht werden könnte. Das Gegentheil ist der Fall: im amerikanischen Rensselaer-Hafen ist es im Winter wärmer als vier Grad südlicher in M’Clure’s Gnadenbucht, und daß es noch höher im Norden abermals wärmer werde, läßt sich daraus schließen, daß Nordwestwinde Schnee oder Regen mitbringen. Ebenso hat das sibirische Ustjansk wärmere Winter als das um sechs Grade südlichere Jakuzk.

Ist der Nordpol nicht von Land, sondern von Wasser umgeben, so läßt er sich zu Schiff erreichen. Daß die Nordfahrer auf Wasser stoßen werden, dafür sprechen die wichtigsten Momente. Was Menschen mit ihren Augen gesehen haben, schicken wir voran. Eine ganze Reihe von Entdeckern und Seefahrern, Wrangell und Anjou in Asien, Belcher, Inglefield, M’Clintock, Kane und Hayes in Amerika, haben im höchsten Norden ein offenes Meer gefunden. Ein sogenannter Wasserhimmel, d. h. ein dunkler, stets ein offenes Wasser bezeichnender Himmel, deutete ihnen an, daß dieses fahrbare Meer sich in weite Ferne erstrecke. Im Frühling von 1851 machte Capitän Penny, der Franklin suchte, am Wellington-Canal aufwärts eine Schlittenreise. Jenseits einiger Inseln hörte das Eis auf und Penny stand vor offenem Wasser, dem er mit den Augen fünf deutsche Meilen weit gegen Norden folgen konnte. Weit hinten am Horizont erhob sich ein Wasserhimmel. Von Westen kam eine nicht unbedeutende Strömung; Walrosse, die ohne offenes Wasser nicht existiren können, Heerden von Rennthieren, Polarhasen, Wölfe und Füchse und große Schwärme von Enten, Gänsen und anderem Geflügel waren Zeichen eines weit reicheren Thierlebens, als es weiter südlich wahrgenommen wird. Eine noch bedeutsamere Wahrnehmung machte Morton, einer der Begleiter Kane’s, im Juni 1854. Vom Smith-Sunde, wo das Schiff der Amerikaner rettungslos eingefroren war, gegen Norden vordringend, gelangte er an einen Canal, der immer weiter wurde und zu einem offenen Meere führte. An einem steilen Vorgebirge, wo er Halt machen mußte, hörte Morton zum ersten Male wieder das Getöse der Brandung. Sturmvögel, Möven, Eidergänse, Enten und selbst Vögel südlicherer Küsten flogen in unerhörter Menge gegen Norden. So weit Morton sehen konnte, war offene Fahrt, und der heftige Nordwind, der drei Tage lang wehte, trieb kein Eis heran.

Die übrigen Beweise für ein offenes Polarmeer wollen wir blos erwähnen. Herrscht in den Gewässern von Spitzbergen längere Zeit Nordwind, so wird das Meer frei. Der Wind treibt das vorhandene Eis gegen Süden und bringt aus dem Norden keines mit. Die Eismassen, die sich im Winter auf der asiatischen Polarseite bilden, bestehen aus Salzwasser, entstehen also nicht durch Gletscher, sondern im Meere. An sehr vielen Punkten der höchsten Breiten wandern die Rennthierheerden, wenn der Winter naht, gegen Norden. Sie finden dort eine Weide – Kane zählt die einzelnen Pflanzenarten auf – die ohne ein offenes Meer nicht vorhanden sein könnte. Daß der Walfisch ganz oben im Norden seine Jungen gebäre und aufziehe, ist fast mit Gewißheit anzunehmen, und dazu braucht er ein offenes Meer. Für ein solches sprechen endlich Windverhältnisse, für deren Erklärung uns der Raum fehlt, und Meerströmungen, die nicht so breit und mächtig gegen Norden vordringen könnten, wenn sie dort nicht einen weiten freien Raum hätten.

Die Existenz eines offenen Polarmeers durch eine Beschiffung außer Zweifel zu stellen, ist der Hauptzweck der deutschen Nordfahrt. Handelte es sich dabei blos um die Lösung eines geographischen Problems, so wäre dieser Zweck allein der höchsten Anstrengungen werth. Es tritt jedoch auch ein sehr praktisches Anliegen in Frage. Wir hängen Alle so sehr vom Wetter ab, daß wir die Ungewißheit, die in der Wetterkunde herrscht, hundert Mal schmerzlich beklagen. Eine Wissenschaft der Wetterkunde ist in der Ausbildung begriffen, aber die sicheren Grundlagen, deren sie bedarf, kann sie nicht eher erlangen, als bis die Wind- und Meerströmungs-Verhältnisse am Nordpol gründlich erforscht sind, denn von dort her kommen die schlimmsten unserer Winde. In den Polarmeeren muß ferner der Walfischfang betrieben werden, wenn er noch von Nutzen sein soll. Nur zu lange haben wir uns von diesem Zweige der Schifffahrt, der die beste Schule für Seeleute ist, ausschließen lassen. Die deutsche Nordfahrt wird Walfischgründe nachweisen, auf denen die deutsche Handelsflotte das Versäumte nachholen kann. Endlich harren auf der sibirischen Nordküste ungeheuere Elfenbeinlager der Vorzeit einer planmäßigen Ausbeutung. Die Landfracht erschwert das Fortschaffen, durch Dampfschiffe kann der Handel mit Mammuth-Elfenbein vielleicht so gewinnbringend gemacht werden, wie der mit dem Guano der Inseln an der Küste von Peru. Man sieht also, daß die deutsche Nordfahrt nicht blos den Ruhm unseres Namens erhöhen, sondern auch volkswirthschaftlichen Nutzen bringen wird.

F. St…r.