Die Schläfer

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Textdaten
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Autor: Georg Heym
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Titel: Die Schläfer
Untertitel:
aus: Der ewige Tag. S. 63-64
Herausgeber:
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1911
Verlag: Rowohlt
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: ULB Düsseldorf und Scans auf Commons
Kurzbeschreibung:
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DIE SCHLÄFER

Jacob van Hoddis[1] gewidmet

Es schattet dunkler noch des Wassers Schoß,
Tief unten brennt ein Licht, ein rotes Mal
Am schwarzen Leib der Nacht, wo bodenlos
Die Tiefe sinkt. Und auf dem dunklen Tal,

5
Mit grünem Fittich auf der dunklen Flut

Flattert der Schlaf, der Schnabel dunkelrot,
Drin eine Lilie welkt, der Nacht Salut,
Den Kopf von einem Greise gelb und tot.

Er schüttelt seine Federn wie ein Pfau.

10
Die Träume wandern wie ein lila Hauch

Um seine Schwinge, wie ein blasser Tau.
In ihre Wolke taucht er, in den Rauch.

Die großen Bäume wandern durch die Nacht
Mit langem Schatten, der hinüber läuft

15
Ins weiße Herz der Schläfer, die bewacht

Der kalte Mond, der seine Gifte träuft

Wie ein erfahrner Arzt tief in ihr Blut.
Sie liegen fremd einander, stumm, im Haß
Der dunklen Träume, in verborgner Wut.

20
Und ihre Stirn wird von den Giften blaß.


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Der Baum von Schatten klammert um ihr Herz

Und senkt die Wurzeln ein. Er steigt empor
Und saugt sie aus. Sie stöhnen auf vor Schmerz.
Er ragt herauf, am Turm der Nacht, am Tor

25
Der blinden Stille. In die Zweige fliegt

Der Schlaf. Und seine kalte Schwinge streift
Die schwere Nacht, die auf den Schläfern liegt
Und ihre Stirn mit Qualen weiß bereift.

Er singt. Ein Ton von krankem Violett

30
Stößt an dem Raum. Der Tod geht. Manches Haar

Streicht er zurück. Ein Kreuz, Asche und Fett,
So malt er seine Frucht im welken Jahr.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Jakob van Hoddis (1887–1942), deutscher Dichter des literarischen Expressionismus