Die Seelenwanderung
[5] Die Seelenwanderung
Dem alten Königshofer haben’s die Stadtleut erzählt: daß es eine Seelenwanderung giebt und daß der Mensch keine Ruh nicht hat, wann er einmal im Grab ist, sondern daß er in einen Tierleib fahren muß mit seiner Seel.
Der Königshofer hat sinniert und sinniert, wann er mit seinen Ochsen gepflügt hat: und dann hat er’s auch geglaubt, daß er einmal ein Tier werden muß.
„Jawohl, und ich muß einmal ein Viech werden!“
Der Herr Pfarrer hat bös geschaut, wie der Königshofer daherkommt in den Pfarrhof und tottraurig sagt: „Jawohl, und ich muß einmal ein Viech werden.“
„Wann das schon so sein muß“, hat dann der Herr Pfarrer gesagt, „so denk Dir’s halt aus, was Du am liebsten sein möchst als ein Toter!“
„Und das hab ich mir schon ausdenkt, Herr Pfarrer, und ein Roß will ich werden.“
„Ein Roß willst werden? Kannst denn ausschlagen wie ein Roß und kannst auch wiehern?“
„Und das will ich schon lernen. Adjes, Herr Pfarrer.“
[6] Der Königshofer hat sein Roß drei Wochen lang studiert, hat das Ausschlagen und das Wiehern gelernt, wie’s der Herr Pfarrer verlangt hat. Dann auch das Haferfressen und das Laufen auf allen Vieren, was der Herr Pfarrer vergessen hat.
Überhaupt hat der Herr Pfarrer noch viel, viel vergessen.
Der weiß nicht, wie schwer daß es ist, wenn man ein Roß werden soll!
Dem Königshofer klappern die Zähne vor Angst, wie er wieder in den Pfarrhof kommt. „Und ein Roß kann ich halt nit werden, Herr Pfarrer!“
„Warum alsdann nit?“
„Ja, und das hab ich nun alles ausgestudiert, wie daß es ein Roß macht. Aber wie daß es halt die Äpfel verliert unterm Laufen, das hab ich vierzehn Täg probiert und das kann ich halt gar nie nit lernen!“