Die Siegel der deutschen Kaiser und Könige Band 5/Siegelstoff und Siegelstempel
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Zum Siegeln wurde das bereits dem Altertume bekannte Wachs, nebenher auch Metall verwendet. Seit dem 16. Jahrhundert treten dazu Siegellack, auch spanischer Lack genannt, und Oblaten.
Auf Grund mittelalterlicher Wachsrezepte stellt Hermann Grotefend fest, daß im großen und ganzen außer Wachs, das natürlicherweise stets den Hauptbestandteil bildet, Weißpech (lauter Pech, weiß Harz, pix, resina genannt, also unzweifelhaft das heutzutage sogenannte burgundische Pech) und Fett (sagimen, arvina, butirum, adeps porci, Butterschmalz), wofür auch Leinöl oder Terpentin genommen wird, die Bestandteile einer zum Siegeln tauglichen Mischung gewesen sind[1].
Der Pechzusatz macht das Wachs schiefrig, spröde und blätterig, der Zusatz von Fett oder Leinöl, besonders aber von Terpentin bindet wieder, was das zu rasch und schichtenweise erkaltende Pech getrennt hat. Chemische Versuche bestätigen denn auch, daß früheren Annahmen entgegen[2] ein Zusatz wie Gips, Kalk, Kreide, Ton oder Mehl in den Siegeln des Mittelalters nicht zu suchen ist.
Es ergibt sich aber gleichfalls daraus, daß man die Namen weißes, braunes, gelbes, graues Wachs mit Unrecht als verschiedene Wachssorten bezeichnend ansieht. Wir stehen vielmehr, wie hier im wesentlichen bloß verschiedene Mischungen von Wachs und Pech, das sicherlich nicht in vollster Reinheit zur Verwendung kam, unter Zusatz schmeidigender Substanzen gegenüber, die uns vom reinen honiggelben Wachs durch die verschiedenartigsten Stufen des Aussehens und des Härtegrades allmählich hinüberleiten zu dem grauesten, schiefrigsten, pulververmischtem Wachse[3].
Die Farbe des Wachses ist in älterer Zeit anscheinend ohne größere Bedeutung. Bereits im 12. Jahrhundert fing man an, das Wachs zu färben und zwar anfangs rot. Friedrich I. war der erste, der rotes Wachs gebrauchte, nach ihm Philipp, Friedrich II. in der sizilianischen Periode ausschließlich und fast ausschließlich König Richard. Doch sind diese Fälle vereinzelt, bei den Thronsiegeln der deutschen Kaiser blieb das ungefärbte Wachs vorherrschend[4], und das Ringsiegel Friedrichs III. auf seinen Majestätssiegeln ist bald mit rotem, bald mit weißem Wachs eingedrückt, ebenso wechselt das Rücksiegel die Farben. Doch kam rotes Wachs in Anwendung bei den Rücksiegeln und dem Sekretsiegel bereits in der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts.
Das Siegel wird in der Weise hergestellt, daß man in die Siegelmatrize, ein tiefgraviertes Instrument (Stempel, Typar), eine weichere, mit dem Stoff, auf dem die Urkunde geschrieben ist, dauernd verbundene Masse (Wachs oder Metall) drückt, so daß letztere das Bild oder die Inschrift der Matrize als Patrize zeigt.
Die älteste Form dieser Instrumente sind Ringe, Siegelringe, entweder ganz aus Metall bestehend, und Siegel und Umschrift führend, wie der Siegelring des Königs Childerich († c. 481), den man in des letzteren Grabe fand[5], oder Gemmen, die in Metall gefaßt sind, entweder selbst oder auf der Fassung die Umschrift tragen.
Aus welchem Material in der ältesten Zeit die Matrizen für das Siegel angefertigt waren, läßt sich nicht sagen, weil wir keinen Stempel eines Königssiegels besitzen. Die Siegelplatte Lothars II. (I, Taf. 2, 5) ist ein Bergkristall, aus einem leicht zerbrechlichen Stoffe scheinen auch diejenigen Siegel aus der Zeit Ludwigs des Deutschen (I, Taf. 2, 8), sowie Heinrichs I. (I, Taf. 6, 6), Ottos I. (I, Taf. 7, 1; IV, Taf. 73, 3) und Ottos II. (I, Taf. 8, 2) hergestellt zu sein.
Auf dem Siegelfelde zeigen sich nämlich vertiefte Zacken, sie können also nicht in die Platte eingegraben [140] gewesen sein, sondern müssen auf dieser aufgelegen haben, stellen also die Einfassung der Siegelplatte dar, die in der Karolingerzeit zweifellos aus Gold bestand[6] und in der Ottonenzeit bei einem und demselben Stempel in verschiedener Weise erscheint, also offenbar während der Benutzungszeit der Platte zweimal erneuert wurde (vgl. S. 11). Es läßt das darauf schließen, daß auch diese Matrizen, wie die der Karolinger, aus Stein, vielleicht ebenso wie die Ludwigs II. aus Kristall bestanden und in Metall gefaßt waren, womit sich auch der Sprung der Platte Ludwigs des Deutschen (I, Taf. 2, 8) und Ottos I. (I, Taf. 7, 2) im Jahre 956 erklären läßt, der bei kristallener Matrize leichter als bei metallener vorkommen konnte.
Ebensowenig läßt sich feststellen, ob für die Nachbildungen antiker Vorlagen seit Ludwig dem Deutschen unter Karl dem Dicken, Arnulf, Zwentibold und Ludwig IV. ebenfalls Stein oder Metall verwendet wurden, in die man Bild und Umschrift einschnitt, da der erste Stempel Heinrichs I. (I, Taf. 6, 6) und auch noch der Königsstempel Ottos II. (I, Taf. 8, 2) wegen der zackigen Einfassung des Siegelbildes auf Steine schließen lassen. Dazu kommt, daß der erste Stempel Ottos I. in drei Fassungen überliefert ist, der erste und dritte (I, Taf. 7, 1. 2) in zackiger Fassung, der zweite in à jour-Fassung (IV, Taf. 73, 3). Vermutlich sind auch jene karolinger Stempel, sowie der zweite Stempel Heinrichs I. (I, Taf. 6, 7) à jour gefaßt worden, Metallstempel erst mit der Kaiserkrönung Ottos I. (I, Taf. 7, 3) fortan in Gebrauch gekommen.
Die Siegelstempel waren seitdem wohl aus Bronze oder Messing geschnitten[7] und sind mit Henkeln oder Ösen versehen, an denen sich, wie das zum Teil auf den uns erhaltenen Siegeln erkennbar ist, Ringe befanden[8], sei es zum Tragen um den Hals oder zum Anschließen, um Verschleppung, Entwendung oder Mißbrauch zu verhüten. Dafür spricht die Nachricht, daß einem abgesetzten Kanzler das Reichssiegel vom Halse gerissen worden sei[9], für die spätere Zeit bezeugt es die goldene Bulle Karls IV. vom Jahre 1356[10].
Neben dem Wachs ist schon in ältester Zeit vereinzelt auch Metall (Blei oder Gold) zum Siegeln benutzt worden.
Schon im Zeitalter der Antike war das Blei als Siegelstoff bekannt und in Übung. Kenntnis und Gebrauch der Metallsiegel sind in der byzantinischen Kanzlei so alt wie die Kanzlei selbst, d. h. sie gehen zurück auf die Begründung des oströmischen Reiches. Von Ostrom hat auch Karl der Große die Metallsiegel übernommen.
Die Verwendung von Blei wird vor allem auf die größere Haltbarkeit des Materials gegenüber Wachs zurückzuführen sein. So erforderte das südliche heißere Klima für wichtigere Beurkundungen einen festeren Siegelstoff. Damit erklärt sich auch das seltenere Vorkommen der Bleisiegel im Norden. Und als bei den Normannen die Metallsiegel durch die Wachssiegel verdrängt wurden, kamen die Holzkapseln zum Schutze der Siegel auf[11].
Nur die Goldbullen kehren im Norden mit einer gewissen Regelmäßigkeit wieder. Zu ihrer Verwendung achtete man auch weniger auf die Dauerhaftigkeit des Materials. Andere Beweggründe waren hierfür maßgebend[12].
Für die Herstellung der Blei- und Goldbullen wurden besondere Instrumente verwandt, die nicht dauernd, etwa in einer Presse oder Zange miteinander verbunden waren und gelegentlich auch zur Wachssiegelung benutzt wurden[13]. Wibald von Stablo spricht von ferramenta ad bullandum de auro, die Urkunden mit Goldbullen erwähnen oft das bulle auree typarium, mit dem man ihr Siegel geprägt habe, und Friedrich II. verlor vor Parma seinen Goldbullenstempel.
Jene ferramenta scheinen in gleicher Gestalt angefertigt gewesen zu sein, wie die vielleicht gefälschten, jedenfalls außerhalb der Kanzlei gebrauchten Prägstücke der Päpste Klemens III. und Innocenz IV., sowie die von J. Friedländer beschriebene antike Münzprägemaschine des Museums von Lyon. Sie besteht aus zwei Teilen, von denen der obere über den unteren gestülpt wird. Oben ist sie versehen mit einem starken, [141] für den Hammerschlag berechneten Aufsatz. Auseinandergenommen zeigt das untere Stück auf seiner oberen Fläche den vertieften Stempel für die Kehrseite. Das obere Stück ist unten hohl, so daß es eine quadratische Röhre bildet, in die das untere Stück genau hineinpaßt. Der Boden dieser Röhre des oberen Stückes enthält den vertieften Stempel der Vorderseite. Der Schrötling wurde auf das untere Stück gelegt, dann das obere Stück aufgestülpt, und nun schlug der Malleator auf die obere Fläche.
Wie dieser Münzstempel werden auch die Stempel zum Siegeln eingerichtet gewesen sein. Bei Herstellung von Bleibullen legte man den Bleischrötling, der, wie noch heute von der päpstlichen Kanzlei verwendete, einen Kanal zum Durchziehen der Fäden oder Schnüre hatte, auf, durch den Hammerschlag wurde aber nicht nur das Siegelbild hergestellt, sondern die vorher durch die Löcher der Urkunde gezogenen Fäden bekamen auch einen festen Halt[14].
Derartig eingerichtete Instrumente wurden auch zur Herstellung der Goldbullen verwendet. In der Regel aber sind die Goldbullen nicht massiv, sondern sie bestehen aus einer dünnen Schale von Goldblech, die mit einer Füllung aus Blei, Wachs, Harz oder Gips versehen ist.
Je nachdem diese nicht massiven Goldbullen einen bleiernen Kern hatten oder nicht, wurden sie auf verschiedene Weise gefertigt. Die erste Art, die mit Blei gefüllte Goldbulle, sind in der Tat Bleibullen, die mit einer dünnen Goldschicht bekleidet wurden.
Für die Kanzleien, die bereits die Bullierung mit Blei kannten und übten, war daher die Verwendung der mit Blei gefüllten Goldbulle das gegebene. Ihre Herstellung bot keine besonderen Schwierigkeiten, man hatte lediglich den Bleischrötling mit Gold zu bekleiden[15], ehe man ihn zwischen die Stempel bez. Bullierungsmaschine brachte. Ein Apparat reichte, wie Eitel hervorhebt, aus, um die Bleibulle und Goldbulle herzustellen. Und daß beide vielfach in Form und Größe, Schrift und Bild übereinstimmen, ist also keine auffallende Erscheinung.
Die zweite Art der nicht massiven Goldbullen, d. h. die Goldbullen, die statt des Bleies mit Wachs, Harz oder Gips ausgefüllt waren bez. lediglich aus einer leeren goldenen Kapsel bestanden, war im späteren Mittelalter die fast allein gebräuchliche, sie mußte naturgemäß auf andere Weise hergestellt werden.
Die ziemlich dünnen Goldplatten trieb man in Metallmatrizen ein, dann wurden die beiden Platten (Vorder- und Rückseite) mit ihren nach innen umgelegten Rändern ineinander geschoben, oder auf den Rand aufgelötet, nachdem man die mit dem Pergamente verknüpften Fäden durchgezogen hatte. Vielfach ist die etwas größere Platte über die kleinere oder ihren Rand herübergezogen und dann geglättet worden[16].
Seit dem Verschwinden der Gemmen- und Steinsiegel werden die Stempel aus Metall angefertigt. Ihre Herstellung erfolgte gewöhnlich durch Guß über einer angefertigten Patrize. Die so gewonnene Matrize wurde darauf mit der Feile oder dem Stichel bearbeitet. Fehler, die sich namentlich häufig in den Umschriften der Siegel finden, sprechen dafür, daß Stempel ganz oder zum Teil (Inschrift) auch durch direktes Eingravieren in die Platte gegraben wurden, [142] wahrscheinlich nach einem über einer Matrize gewonnenen Modell[17].
Aus Silber bestand der Stempel, den Friedrich I. anfertigen ließ, von dem ein Hilfsstempel in Zinn hergestellt wurde[18]. Die noch erhaltenen Landfriedensstempel sind in Messing hergestellt, ein Teil der nach dem Tode Sigismunds vernichteten Stempel bestand ebenfalls aus Messing[19], das kaiserliche Majestätssiegel aus Silber[20], wie auch die größeren und mittleren Siegel der Kaiser seit dem 16. Jahrhundert bis zu Ende des Reiches aus Silber hergestellt wurden. Die Sitte älterer Zeit, nach dem Tode des Fürsten, den Stempel zu zerschlagen, macht es erklärlich, daß echte Kaisertypare des Mittelalters nicht auf uns gekommen sind. Nähere Angaben haben wir über die Vernichtung der Stempel Sigismunds einen Tag nach dessen Tode, „wie das Gewohnheit nach dem Tode solcher Fürsten sei“. Das ungarische Sekret hatte Sigismund schon damals, als er römischer König geworden, zerschlagen lassen, während die aus der römischen Königszeit herrührenden bis zu seinem Tode vorhanden waren[21].
So wurden auch die Reichskammergerichtssiegel nach dem Ableben des Reichsoberhauptes kassiert und zerschlagen[22].
Die Sitte des Zerschlagens der Stempel scheint aber nicht zu jeder Zeit beliebt oder geübt gewesen zu sein. So haben Ludwig III. (I, Taf. 3, 3) und Ludwig IV. (I, Taf. 5, 8) den Siegelstempel Ludwigs des Deutschen (I, Taf. 2, 8) geführt[23]. Otto II. hat, nach dem Tode des Vaters Kaiser geworden, dessen Kaisersiegel (I, Taf. 8, 5) unverändert übernommen[24]. Im 14. Jahrhundert ist ein Sekret Heinrichs VII. (I, Taf. 47, 5) nicht nur von Karl IV., sondern auch von Wenzel und wahrscheinlich sogar noch von Sigismund benutzt worden[25] was jedoch nicht auffällig erscheinen kann, da es sich hier um einen Fingerring handelt, der sich als wertvolles Familienstück vererbte. So ließ auch Karl IV. sein königliches Majestätssiegel aufbewahren, und dann für seinen Sohn Wenzel umändern (II, Taf. 8, 1)[26], woraus hervorgeht, daß schon damals, wie auch später unter Sigismund, die Stempel nur in Beschränkung auf den Todesfall, nicht aber auch, wenn ein Siegel durch veränderte Verhältnisse außer Gebrauch kam, vernichtet wurden.
Auch die breslauer und schweidnitzer Herzogtumssiegel Karls IV. wurden nicht zerstört, sondern von seinem Nachfolger wohl schon deshalb weitergeführt, weil in der Siegelumschrift der Name des Herrschers nicht enthalten war, und das Rücksiegel des jeweiligen Kanzlers die Gewähr für die Echtheit bot[27].
Dagegen gab Karl IV, als bekannt wurde, daß von dem jüngeren breslauer Herzogssiegel zu Fälschungszwecken Abdrücke gemacht waren, 1364 den Befehl, den Stempel zu vernichten, aber trotzdem ist dieser weiterhin bis unter Sigismund in Gebrauch geblieben.
Schon unter Friedrich II.[28] und besonders seit dem 15. Jahrhundert begegnet man Nachrichten, denen zufolge, wenn das Siegel in Verlust geraten oder verfälscht worden war, Vorsichtsmaßregeln getroffen wurden, um den bisher benutzten Stempel außer Gebrauch zu setzen und zur Verhütung von Fälschungen die Anfertigung von Siegelstempeln zu überwachen[29].
[143] Seitdem 16. Jahrhundert, nachdem seit Maximilian I. das Siegel für die Beglaubigung der Urkunde seine vorherrschende Bedeutung verloren, hat man mit der alten Gewohnheit, der Vernichtung der Stempel bei Todesfall, gebrochen und das große und mittlere Siegel, vereinzelt auch Sekrete, durch Änderung der Umschrift, öfters auch durch Änderung einzelner Bildteile für den nachfolgenden Siegelherren umgearbeitet und gebrauchsfähig gemacht[30].
- ↑ Grotefend, Über Sphragistik 23. Ilgen a. O. I. 4, 11.
- ↑ Sickel, Acta 1, 345. Archival. Zeitschr. N. F. 2, 112.
- ↑ Mit Recht hat Grotefend auch die sogenannten Malthasiegel aus der Welt geschafft. Die alten Römer verstanden unter Maltha eine Art Kitt (eine Mischung von gelöschtem frischen Kalk mit Wein, die mit Schweinefett und Feigen gestampft wird). Das ganze Mittelalter schweigt über diesen Stoff. Erst Gatterer, Abriß der Diplomatik, II. Abschn., 6. Hauptst., bringt die Maltha mit dem Mittelalter in Verbindung. Er scheint eine Mischung mit vorwiegendem Harz als Maltha zu bezeichnen. v. Weech hat durch chemische Untersuchung der Siegel des Klosters Salem feststellen lassen, daß die rotbraune Farbe der sogenannten Malthasiegel von dem in der beigemischten Tonerde enthaltenen Eisenoxyd herrühre, der Name Maltha von der Bezeichnung der Boluserde (terra sigillata) als Malthesererde genommen sei. Man benutzte eben zur Färbung des Wachses solche Erde. Vgl. a. Seyler, Gesch. der Siegel 163.
- ↑ Um so auffallender ist es, daß von fünf Diplomen, die Karl IV. am 8. Februar 1349 (Or. Stadtarchiv Köln) für die Stadt Köln gab, zwei und ebenso drei für denselben Empfänger vom 11. August 1349 (Or. ebendas.) Siegel von durch und durch rotem Wachse haben. Wahrscheinlich hat die städtische Kanzlei das Wachs geliefert, von dem der königliche Beamte vielleicht nicht genügenden Vorrat hatte. Lindner a. O. 39. Vgl. II. 4. Gebrauch mehrerer Siegelstempel.
- ↑ Cochet, le tombeau de Childéric I. Paris 1859.
- ↑ Brief an Ludwig den Frommen (Bouquet 6, 365, No. 6): precepta ex vestro nomine aureis sigillis signatur. – Sigilla aurea mirifica cum preciosis lapidibus Gesta abb. Fontan. Mon. Germ. 2, 295. Vgl. Geib a. O. 83.
- ↑ Ilgen a. O. 1. 4, 18.
- ↑ Besonders deutlich erkennbar bei Karl dem Dicken (I, Taf. 3, 7. 8), Arnulf (Taf. 4, 8), Ludwig IV (I, Taf. 5, 10).
- ↑ Ludwig, Erläut. d. güld. Bulle 2, 611: de collo subtraxerunt ei regalia sigilla.
- ↑ Vielfach nur überkommene Einrichtungen und Gebräuche betr. die Verwahrung der Reichssiegel gibt die goldene Bulle Tit. 26, Tit. 27, § 3. Aus diesen Stellen erhellt, daß nur während des Pompes der Erzkanzler als Zeichen seines Erzamtes das große Siegel an einer Kette oder einem Bande um den Hals trug, der Reichsvizekanzler (imperialis curie cancellarius) kraft seines Amtes der wirkliche Siegelbewahrer war. Wie Lehmann (Speier. Chronik 674) erzählt, hat bei den feierlichen Aufzügen während des Reichstages zu Metz (1356) jeder der drei Erzkanzler am Halse ein goldenes Insiegel und in der rechten Hand einen Brief gehabt. Noch bis zu der letzten Kaiserkrönung war es üblich, daß der Erzkanzler das große Siegel an einem violetten Bande umhängte und bei der Tafel auf der Brust trug. Der in der goldenen Bulle erwähnte silberne Stab scheint eine spätere Einrichtung zu sein, um, als die Zahl der Siegelstempel eine größere geworden war, dieselben bequemer und feierlicher tragen zu können. Vgl. Arcnival. Zeitschr. N. F. 2, 96.
- ↑ A. Eitel, Über Blei- und Goldbullen im Mittelalter. Freiburg 1912 S. 30, 31, 57, 75. Die Siegel der Kaiserin Konstanze (I, Taf. 24, 1) sind ausnahmslos in solche Kapseln eingeschlossen, und Kehr, Die Urkunden der normannisch-sizilischen Könige. 1902. S. 8, kann nach Prüfung der zahlreichen Originale verbürgen, daß die Kapseln bei der Herstellung des Siegels angefertigt wurden und nicht erst in den Archiven der Empfänger.
- ↑ Vgl. II, 4. Gebrauch mehrerer Siegelstempel.
- ↑ Urk. Karls III. 881 9/5. MR 1619 (1576) (Or. St. Gallen) in zwei wohlerhaltenen Originalen vorhanden, deren Redaktion ziemlich verschieden lautet. An der zweiten Redaktion hängt die Bleibulle (I, Taf. 4, 2. 3), das Siegel der ersten ganz genau dem Avers dieser Bulle (I, Taf. 4, 2); es kommt sonst in Wachs nicht mehr vor. Auch der Revers der Kaisergoldbulle Maximilians I. (III, Taf. 6, 6) ist zur Wachssiegelung verwendet worden.
- ↑ A. Eitel a. O., S. 2, 14, 18. Eine Abbildung des stählernen Goldbullenstempels, Ferdinands III. (III, Taf. 55, 1. 2) auf V, Taf. No. 3.
- ↑ Eitel a. O. 14 macht auf eine Stelle des Chronicon Farfense di Gregorio di Catino ed. Ugo Balzani 1, 45, Rom 1903 aufmerksam: – furabantur denique quecumque diripere poterant de monasterio; sigilla aurea de preceptis tollebant et ponebant plumbea que modo apparent. Abt Hugo von Farfa († 1039) erzählt hier, wie in der zweiten Hälfte des 10. Jahrhunderts, während der Abtsstuhl erledigt war, die zügellosen Mönche die Reichtümer des Klosters vergeudeten und sich auch an den Urkunden vergriffen. Mit Recht stellt Eitel die Frage, ob man denn in der Tat zu der Annahme gezwungen sei, daß die Mönche die goldenen Siegel abgerissen und statt dessen bleierne angehängt haben. Wie sollten sie die nötigen Bleibullen beschaffen? Von anderen Urkunden, vorausgesetzt, daß solche vorhanden waren, hätte man sie nur abschneiden können, indem man diese Urkunden selbst entwertete. Wie mühselig wäre es gewesen, die neuen Siegel an den alten Urkunden zu befestigen! Eine so fürsorgliche Handlungsweise würde sehr wenig zu dem damaligen Treiben der Mönche passen. Die richtige Deutung dieser Stelle ist nur möglich, wenn man für die in Frage kommenden Goldbullen eine Bullierungstechnik in dem oben geschilderten Sinne annimmt. Bei vielen dieser alten mit bleiernem Kern versehenen Goldbullen ist die goldene Hülle abhanden gekommen und nur die Bleifüllung zurückgeblieben. So waren auch die sigilla aurea von Farfa Goldbullen dieser Art. Die Mönche stahlen die goldene Schale und ließen den für sie wertlosen Kern zurück. Abt Hugo mochte in der Tat glauben, daß man den ursprünglich mit Gold besiegelten Urkunden „Bleibullen“ angehängt habe. Die Sucht nach Gold erklärt, wie im Falle Farfa, daß so wenig Goldbullen der Kaiser erhalten sind: der glatte Schnitt durch die Siegelfäden erhaltener Urkunden weist auf Diebstahl hin.
- ↑ So bei den Bullen Heinrichs IV., Friedrichs I., den Königsgoldbullen Friedrichs II., den früheren Bullen Karls IV., deren innerer Raum mit weißem Wachs gefüllt ist, in den die Schnur eingeschlossen und festgehalten ist und hängt nur zu einer Öffnung heraus. Später (schon 1357 Aug. 17 Or. Kloster Marienthal) versah man beide Platten mit Rändern, so daß der Rand der oberen den unteren umfaßte. Im Inneren brachte man goldene Ösen an, zwei auf der Rückseite an den Öffnungen und eine in der Mitte der Vorderseite, manchmal auch umgekehrt, so daß die Schnur durch den so gebildeten Kanal hindurchgehend, die Halbteile zusammenhielt. Die Schnur wurde dann unter der Bulle zusammengeknotet. Bei den kaiserlichen Goldbullen Sigismunds tritt jedoch die Schnur, wie bei den Wachssiegeln, zu zwei Öffnungen rechts und links heraus. – Einzelne Goldbullen Ludwigs des Bayern haben außer der Ober- und Unterplatte noch einen ziemlich breiten Außenrand, mit einköptigen Adlern besetzt, über den die Ränder der Ober- und Unterplatte herübergezogen sind. – Die Angaben über Gewicht und Goldgehalt der Bullen schwanken. Nach Prüfung Breßlaus waren zwei Bullen Heinrichs IV. 20 g schwer; dasselbe Gewicht hatte eine Goldbulle Karls IV. (nach Lindner) im Werte von ungefähr 60 Mark. Eine andere Bulle dieses Kaisers wiegt, nach Schlosser 41,5 gr., also doppelt soviel als das von Lindner untersuchte Stück. Eine Kaisergoldbulle Friedrichs II. hat nach Philippi, S. 57, einen Goldwert von 10 Mark. Breßlau hält diesen Anschlag für zu niedrig, da es nur auf ein Gewicht von noch nicht 4 gr. feinen oder vielleicht 5 gr. rauhen Goldes führen würde. Foltz im N. Archiv 3, 26. Breslau, UL. 1, 932. Lindner a. O. 40. Eitel a. O. 25.
- ↑ Ilgen a. O. I. 4, 19.
- ↑ N. Archiv 3, 17. Breßlau U.L. 1, 926. Ilgen a. O. I. 4, 35. Vgl. II. 4. Gebrauch mehrerer Siegelstempel.
- ↑ Lindner, Urkundenwesen Karls IV. S. 41. Aschbach, Gesch. K. Sigmunds 4, 472.
- ↑ S. 47.
- ↑ Lindner a. O. 41. Aschbach, Kaiser Sigmund 4,472. Posse, Lehre von den Privaturk. 152.
- ↑ Nach einem Schreiben des Reichskammergerichts (Or. Staatsarchiv Wetzlar) an den Erzbischof von Mainz als Erzkanzler vom 22. April 1792 sind die dem genannten Gerichtshofe zugesandten „Vikariatssiegel nach geendigtem Interregno und so auch die Kaiserlichen nachdem Ableben des Reichsoberhauptes an die Höffe nie remittirt worden. Sie wurden auch in den Reichsarchiven Mayntz oder bei dem Kammergerichte nicht aufbehalten und verwahrt, sondern gantz cassirt oder zerschlagen. Welche Cassirung Euer Churfürstl. Gnaden Regierungs-Vorfahren weyland Herrn Johann Philipp … in Ihrem Rescript vom 9. März 1657 als eine Sache angesehen haben, so zur Erhaltung der Hohen Reichs-Ertzcantzlariatischen Gerechtsame erforderlich seyn.“
- ↑ Vgl. S. 8. 10.
- ↑ Vgl. S. 13.
- ↑ Vgl. S. 41, 43.
- ↑ Vgl. S. 43.
- ↑ Vgl. S. 41. Lehrreich ist der Prozeß, der in Breslau 1364 gegen einen der bedeutendsten Siegelfälscher seiner Zeit, den Knappen Johann von Schellendorf, spielte. Letzterer wurde durch die später in seinem Besitze gefundenen 27 Schwefelpasten in den Stand gesetzt, von den Siegeln aller hervorragenden schlesischen Stände sich Abdrücke zu verschaffen und diese zu seinen Gunsten prozessualisch zu verwerten. Karl IV. befahl deshalb 1364, das jüngere breslauer Fürstentumssiegel (II, Taf. 4, 2), weil es zu Fälschungen benutzt worden war, „deponere et redigere in nichilum“ und ein neues anzufertigen, doch ist dieser Befehl entweder zurückgenommen oder nicht ausgeführt worden, da der Stempel weiterhin bis unter Sigismund No. 14 (S. 47) in Gebrauch geblieben ist. Grotefend, Sphragistik 34 und Klose, Doc. Gesch. von Breslau 2, 224. 234.
- ↑ Einer mißbräuchlichen Verwendung des in der Schlacht bei Parma (1248) verloren gegangenen Siegels des Königreichs und der Stempel der goldenen Bulle suchte Friedrich II. durch ein Mandat an die Leute von Palermo vorzubeugen, in dem er erklärte, daß man nur seinen Schreiben mit dem Siegel des Kaiserreichs Glauben schenken solle. BF 3670. – Als ein Mönch mit einem gefälschten Siegel aufgegriffen wurde, sandte Friedrich II. den falschen Stempel unter seinem Ringsiegel einem Abte zur Aufbewahrung, um weiteren Mißbrauch zu verhindern, und ließ den Mönch einkerkern. – Kaiser Sigismund berief 1406 alle vom König Ludwig, sowie von den Königinnen Elisabeth und Maria ausgestellten Urkunden, bei Strafe der Ungiltigkeit, binnen Jahresfrist zur neuen Bestätigung ein. Spieß, Archivische Nebenarbeiten II, 5. 6. – Als im Jahre 1457 Johann von Witowitz den Kaiser Friedrich III. überfiel und letzterer sich nur mit Mühe in das Schloß Obercilly rettete, fiel das Siegel in die Hände der Feinde. Friedrich ließ daher bekanntgeben, daß niemand Briefen unter seinem Namen und Siegel Glauben schenken möge, bis er sich anders erklärt habe. Birken, Spiegel der Ehren des Hauses Österreich 635.
- ↑ In der Bestätigung einer Urkunde Albrechts III. und seines Bruders Leopold setzte Friedrich III. im Jahre 1446 fest, daß nur anerkannte und in Wien seßhafte Goldschmiede oder mit ihrem Vorwissen deren Gesellen Siegel und Petschafte verfertigen dürfen, um Schaden und Übeltat aus unberechtigter Führung eines Siegels zu verhindern. Welcher Goldschmied hierin gegen die Ehrlichkeit verstoßen würde, solle aus der [143] Innung ausgeschlossen werden und sein Meisterrecht verlieren. Chmels Geschichtsforscher 1. – Nach einer Polizeiverordnung für die Handwerker in Wien vom Jahre 1527 waren nur die Goldschmiede berechtigt, Siegel zu graben, jedoch nur bekannten Personen. Wenn sie nicht überzeugt waren, daß das Siegel ehrlich und ohne Gefährde bestellt sei oder eine fremde Person Siegel oder Petschaft zu graben begehrte, so mußte dies dem Bürgermeister angezeigt werden, und die gestochenen Siegel wurden bei dem Magistrate in einem eigenen Buche verzeichnet. v. Sava, Die Siegel der österreich. Regenten S. 5. Ilgen a. O. 34.
- ↑ Hier ist zu verweisen auf die wertvolle Stempelsammlung der Kaiser seit Ferdinand I. im k. u. k. Haus-, Hof- und Staatsarchiv, sowie des k. k. Ministeriums des Innern in Wien. Eine große Zahl von Stempeln wurde durch Änderung der Umschrift für den Nachfolger umgearbeitet. So sind die Stempel Leopolds II. wohl fast alle für Franz II. in dieser Weise hergerichtet worden, und in gleicher Weise seit dem 16. Jahrhundert zumeist auch die großen und mittleren Siegel der Reichskanzlei, sowie der böhmischen und ungarischen Kanzleien, deren Originalstempel nicht mehr vorhanden sind.
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