Die Synode zu Hamburg

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Autor: Otto Beneke
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Titel: Die Synode zu Hamburg
Untertitel:
aus: Hamburgische Geschichten und Sagen, S. 200–203
Herausgeber:
Auflage: 2. unveränderte Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1854
Verlag: Perthes-Besser & Mauke
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Erscheinungsort: Hamburg
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[200]
71. Die Synode zu Hamburg.
(1535.)

Ao. 1535, am 15. April, versammelten sich zu Hamburg, früherer Beredung gemäß, die Superintendenten und Pastores primarii der Hansestädte Lübeck, Bremen, Hamburg, Rostock, Stralsund und Lüneburg, allesammt gelahrte Doctoren und Theologen, wie auch eifrige Beförderer der lutherischen Lehre; der Hamburgische Superintendent war Johannes Hoeck, genannt Aepinus, ein Mann, der sich nach Bugenhagen die größten Verdienste um unser Kirchenwesen erworben hat. Und diese Zusammenkunft allhier nennt man die erste evangelische Synode in Niedersachsen, welche beherbergt zu haben für die gute Stadt Hamburg keine geringe Ehre ist. Die geistlichen Herren tagten nun hieselbst und verfaßten Beschlüsse, die lange Zeit in ihren Städten Geltung gehabt haben, z. B. über die strenge Beichtprüfung vor Zulassung zum heiligen Abendmahl, über Beibehaltung der alten Kirchenzucht und Disciplin, über die Kinderlehre; sie setzten auch fest, daß nur solche Geistliche zum Predigtamte zugelassen werden sollten, die vorher in der Augsburgischen Confession geprüft und darin wohlbeschlagen erfunden wären. Auch in Betreff der Kirchen-Ceremonien kamen sie überein. Es wurde damals noch Vieles von den katholischen Gebräuchen beibehalten, nämlich das, was man für gut und erbaulich erachtete, da man das Kind nicht mit dem Bade ausschütten wollte. So wurde eine [201] tägliche Messe und Vesper beibehalten, und in der Messe wurde erst gesungen das Kyrie eleison und Gloria in excelsis, meist Lateinisch, mitunter Deutsch; dann folgte die Collecte, die Epistel, ein Halleluja, Bugenhagen’s Ermahnung wegen des Abendmahls, das Vaterunser und der Segen an das Volk. Für die Vesper bestimmte man zwei bis drei Bußpsalme mit Antiphonien und den Responsorien.[1] Dann folgte das Magnificat und eine Collecte. Sonntags sollte der Gottesdienst mit Vorlesung des Katechismus beginnen, worauf zwei bis drei Psalme mit Responsorien, eine Lateinische und eine Deutsche Collecte aus der heiligen Schrift und das Lateinische Te Deum laudamus folgten; der Predigt war nur wenig Zeit beigemessen. Von all diesen schönen Dingen ist jetzt kaum noch eine Spur im Gebrauch. Außerdem aber verfaßten die Superintendenten auch ein ernstes eindringliches Mandat wider die Sacramentschänder, Wiedertäufer und Gotteslästerer, welches Mandat die Rathsstühle der odgedachten Ehrbaren Städte am Sonntage Trinitatis 1535 publicirten und in Druck ausgegeben haben; worin unter Andern sehr geeifert wird gegen die erschrecklichen Ketzereien und die dem Reiche des Teufels angehörigen Irrlehren, nach welchen z. B. alle Güter der Welt, sogar Frauen und Kinder, sollten gemeinsam sein und alle Obrigkeit vertilget werden; welche Irrlehren neuerdings unter andern Namen wieder erstanden sind.


Und nachdem die geistlichen Herren ihr Werk wohl beschlossen hatten, ließ E. E. Rath, wie’s von jeher so üblich [202] gewesen und eine schöne Sitte ist, denselben zu Ehren ein köstlich Gastmahl aus der Doctorei (einem vormaligen Dom-Gebäude) veranstalten und der Rathmann, Herr Detlev Schuldorp, richtete Alles in die Wege und machte den Wirth. Um nun eimual zu zeigen, was vor 300 Jahren ein „waidlich Mahl“ hieß, und wie viel es kostete, mag hier Einiges aus Herrn Detlev Schuldorp’s „Rekening, wat de mahltidt derer Herren Pastoren verunkostigt heft,“ mitgetheilt werden.

Der Ehrengäste waren sechs, dazu kamen noch wohl verschiedene hiesige Geistliche, so wie einige Rathsherren und Oberalten; schwerlich werden mehr als 16 bis 20 zu Tische gesessen haben. Diesen wurde vorgesetzt: drei Viertel vom Reh (kosteten 21 [Sch.][WS 1]), zwei Viertel vom Kalbe (14 [Sch.]), ein Lamm (14 [Sch.]), ein Ochsenbraten (14. [Sch.]), ein Grapenbraten[2] (14 [Sch.]), einige Hechte (12 [Sch.]), Gemüse und Kraut (29 [Sch.] 4 [d.][WS 2]), Brot (8 [Sch.]), Kuchen (9 [Sch.]), 4 [lb.][WS 3] Confect zum Nachtisch (3 [M.][WS 4]). Der Koch verbrauchte an Zuthaten: 4 [lb.] Speck, (4 [Sch.]), Eier (4 [Sch.]), Butter und Essig (2 [Sch.] 4 [d.]), ein Stübchen Wein (6 [Sch.]), Petersilie (1 [Sch.]). An Getränken kamen auf die Tafel: sechs Stübchen[3] ordinairer Wein (2 [M.] 4 [Sch.]), sechs Stübchen Claret (6 [M.] 14 [Sch.]) und eine Tonne Bier (3 [M.] 1¼ [Sch.]). Für Holz, Kohlen, Salz und Licht: 24 [Sch.]. Da nun auch der Koch und sein Bratenwender zusammen 10 [Sch.] Lohn bekamen und die Schulgesellen (welche vermuthlich die Aufwartung bei diesem Schmause der Pastoren gehabt oder denselben eine Tafelmusik [203] durch frommen Gesang der Chorschüier bereitet hatten) eine Ergötzlichkeit von 24 [Sch.] erhielten, so beliefen sich in Summa die Kosten dieses Banquets auf nicht minder denn 28 [M.] weniger 4 [d.]; „das heiß ich schlampampen!“

Freilich waren damals alle Lebensmittel wohlfeiler, da das baare Geld einen unweit höheren Werth hatte; aber es war doch ein sehr mäßiges bürgerliches, ein unbegreiflich einfaches Gastmahl, nach unsern Begriffen. Da fehlten so viele uns unentbehrlich scheinende Gerichte: Austern, Gänseleber-Pasteten, Trüffelragouts u. s. w., – da waren nur zweierlei Sorten Weine, kein Portwein, kein Champagner! Da gab’s sogar – Bier! Dennoch, getrunken haben die alten frommen Herren nicht übel: 1 Tonne Bier und zusammen 12 Stübchen (gleich 48 Flaschen) Wein, etwa pr. Mann 3 Flaschen, ohne das Bier!

Anmerkungen

[382] Geschichtlich. Wilckens, Ehrentempel S. 256. – Grevii mem. Aepini p. 25. Die Gastmahls-Rechnung in Acten des Stadt-Archivs.

  1. Antiphonien und Respensorien: Wechselgesänge zwischen dem Geistlichen und der Gemeinde (dem Chor), schon im Urchristenthum gebräuchlich.
  2. Grapenbraten: im Grapen geschmortes zerstücktes Fleisch. Hier vermuthlich, da schon Ochsen- und Kalbfleisch vorkommt, vom Schwein. Der Ao. 1568 verstorbene Rathsherr Göbert Schröder hat 1000 Gulben den Rathsverwandten vermacht, welche von den Zinsen quartaliter einen Grapenbraten als Ergötzung haben sollten. Später nicht in natura, sondern in Geld vertheilt.
  3. Ein Stübchen gleich vier Flaschen.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Schilling
  2. Pfennige
  3. Pfund
  4. Mark