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Die Teufelsschlacht im Goslar’schen Dom

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Textdaten
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Autor: Friedrich Gottschalck
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Titel: Die Teufelsschlacht im Goslar’schen Dom
Untertitel:
aus: Die Sagen und Volksmährchen der Deutschen, S. 232-239
Herausgeber:
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1814
Verlag: Hemmerde und Schwetschke
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Erscheinungsort: Halle
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Originaltitel:
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Originalherkunft:
Quelle: Google und Commons
Kurzbeschreibung:
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Die Teufelsschlacht im Goslar’schen Dom.

Kaiser Heinrich IV. hatte seinen Geburtsort, die vormalige Reichsstadt Goslar am Harze, ungemein lieb, hielt sich fast immer da auf, und wendete viel auf ihre Erweiterung und Verschönerung. Die hohen Festtage, besonders das Weihnachtsfest, feierte er gemeiniglich da, und das recht prunkvoll. Auch ladete er dazu immer einige Erzbischöfe und Bischöfe ein, um den Glanz des Festes zu erhöhen.

Im Jahre 1063 war er auch zur Feier des Christfestes da. Sie sollte im Dom, der noch jetzt steht, geschehen. Es wurden daher Tags zuvor die erforderlichen Anstalten und Vorbereitungen getroffen, und auch Stühle für die hohen Anwesenden hingestellt. Da entstand zwischen den Kämmerlingen des Bischofs von Hildesheim und des Fürstabts von Fulda – beide geistliche Herren waren vom Kaiser zum Feste eingeladen – ein Rangstreit wegen des Vorsitzes. Einer auf altes Herkommen gegründeten Gewohnheit nach, saßen die Aebte von Fulda, bei Versammlungen der Bischöfe, immer zunächst dem Erzbischofe von Mainz. Sie verwalteten bei der Kaiserin das Amt eines Erzkanzlers, was die Erzbischöfe von Mainz beim Kaiser bekleideten, und aus diesem Grunde behaupteten sie den Sitz neben dem Mainzer. Der Bischof von Hildesheim meinte dagegen: in seinem Kirchsprengel könne ihm nur der Erzbischof, sonst niemand, vorsitzen. Da nun keiner ihrer Diener seinem Herrn etwas vergeben, und keiner gutwillig weichen wollte, so kam’s in der Kirche von Worten zu Thätlichkeiten, denen nur durch das Ansehn des Herzogs Otto von Baiern, der zugegen und Fuldaisch gesinnt war, gesteuert und der Streit zu Gunsten des Abts von Fulda für das Mal beigelegt wurde.

An dem darauf folgenden Pfingstfeste erhob sich aber der Zank von neuem, und viel heftiger. Der Kaiser war wieder in Goslar, das Fest sollte ebenfalls solenn gefeiert werden, und zu dem Ende waren jene beiden geistlichen Herren auch wieder zugegen. Der Hildesheimer, den der Schimpf von Weihnachten her noch bitter wurmte, war entschlossen, jetzt alles zu wagen, um den Rang über den Fuldaer zu behaupten. Zu dem Ende hatte er den Markgrafen Eckbert von Sachsen mit vielen Kriegsknechten heimlich hinter den Altar in der Domkirche versteckt, die ihm zur gehörigen Zeit zu Hülfe kommen sollten.

Als nun der Kaiser mit den Bischöfen und seinem Gefolge im Gotteshause angekommen war, so erhob sich der Streit wegen des Vorsitzes augenblicklich. Und so wie der Wortwechsel recht im Gange war, so stürzten jene Verborgenen aus ihrem Hinterhalte hervor, und prügelten mit den Fäusten und Knüppeln die Fuldaische Partei bald aus der Kirche.

Diese, aufs höchste gereizt, verschaffte sich schnell in der Stadt vielen Anhang, bewaffnete sich mit Gewehren, und stürmte nun haufenweis in den Dom, wo der Gottesdienst im Gange und von den Domherren eben der Chorgesang angestimmt war. Nicht mit Fäusten, sondern mit entblößten Schwertern, ging sie auf die Hildesheimische Partei los. Das Gemetzel war schrecklich. Der Altar war mit Leichen bedeckt, und das Blut floß über die steinerne Treppe bis auf die Straße.

Der Bischof von Hildesheim hatte die Kanzel gewonnen, von wo er die Seinigen zur Tapferkeit ermahnte, und sich anheischig machte, das Blutbad, trotz der Heiligkeit des Orts, wo es vorfiele, bei demjenigen zu verantworten, dessen Gesandter und Hirt er wäre. Das wirkte. Die Hildesheimer fochten wie die Löwen. Der schwache Kaiser gab sich zwar alle Mühe, durch Zurufen und Aufbieten seines ganzen Ansehns dem Tumulte Einhalt zu thun, aber umsonst. Kein Mensch hörte darauf, und er war froh, als er sich mit heiler Haut durch das Volk gedrängt und in seinen Pallast geflüchtet hatte.

Die Hildesheimer blieben Sieger. Sie schlugen die Fuldaer zum Tempel hinaus, und verrammelten die Thüren.

Unter den Metzlern und Zuschauern – so lautet nun die Sage – befand sich auch der Teufel. Er schlug wacker mit drein, und als der Sieg entschieden war, schwang er sich sichtbar empor, fuhr durch ein Loch des Kirchengewölbes in die Höhe, und rief den Goslarern mit Hohngelächter zu:

Hunc diem bellicosum feci!“

Das Loch, wodurch er fuhr, hat nie können zugemauert werden, so oft man es auch versuchte. Immer fielen Kalk und Steine wieder heraus, und viele Jahrhunderte hindurch blieb es offen; denn alles Verstopfen half nichts. Endlich ließ es der Herzog Anton Ulrich von Braunschweig, um das ärgerliche Andenken an diese Begebenheit zu vertilgen, zumauern, und, da eine Bibel als Stein mit eingesetzt wurde, so stand das Gemauerte, und steht noch.

*     *     *

Daß diese blutige Scene wirklich so, wie sie hier erzählt ist, unter des schwachen Heinrichs Regierung im Dom zu Goslar vorfiel, ist außer Zweifel. Es blieben nicht nur eine große Menge auf der Stelle und um die Kirche her, sondern viele, die sich in die abgelegensten Winkel der Kirche bis unter das Dach flüchteten, mußten hier, da das Gemetzel drei ganzer Tage dauerte, des schmählichsten Hungertodes sterben, indem es keiner hervorzukommen wagen durfte. Als man im Anfange des vorigen Jahrhunderts das bleierne Dach von dem Dome nahm, fand man drei Menschengerippe unter den Dachsparren in einer gekrümmten Stellung; wahrscheinlich Unglückliche, welche sich in jenen Tagen hierher geflüchtet hatten. Die große Krone von Metall, welche noch jetzt im Goslar’schen Dom hängt, ist auch noch ein Andenken an diese schreckliche Scene. Der Kaiser verurtheilte nämlich den Abt von Fulda, sie zur Strafe hierher zu schenken. Dieser gestrafte Prälat scheint eigentlich der weniger Schuldige zu seyn, aber der Kaiser war noch ein Kind, den seine Umgebungen nach Willkür lenkten. Den Teufel bei der Sache thätig vorzustellen, hatte die Geistlichkeit wohl ihre Gründe. Sie mochte fühlen, welch’ ein Schandflecken es für sie sey, überhaupt einen solchen Streit, und vorzüglich an einem Gott geweihten Orte, geführt zu haben, und da konnte sie sich denn freilich nicht besser von aller Schuld reinigen, als wenn sie erklärte: Der Böse war unter uns, hat uns durch seine teuflischen Künste verblendet, berückt, und wir mußten handeln, wie er es haben wollte. – Honemann, Alterthümer des Harzes, 1754. 4.