Zum Inhalt springen

Die Todtenuhr

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
<<< >>>
Autor:
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Die Todtenuhr
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 20, S. 217–218
Herausgeber: Ferdinand Stolle
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1853
Verlag: Verlag von Ernst Keil
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite

[217] Die Todtenuhr. „Pick, pick, pick!“ so hat es der Leser gewiß schon in der Stube oder im Schlafkämmerchen klingen gehört, wenn er allein war, und schon Mancher, welcher sich dieses Picken nicht enträthseln konnte, stammelte dabei voll Furcht und Angst die Worte: „Ach, das ist die Todtenuhr!“ – Allerdings ist sie es; jedoch eine ganz andere als die, welche in seinem Kopfe spukt; denn ein kaum drei Linien langes, schwarzbraunes Käferchen – die Todtenuhr oder der Holzwurm genannt – erzeugt die unschuldigen, dem Picken einer Taschenuhr vergleichbaren Töne, indem es seine starken Kiefer an einander schlägt. Es schadet nichts, wenn man sich zu jedem Pick, den das Thierchen hören läßt, einen Buchstaben denkt, bis ein ganzer Satz daraus wird, wie z. B. „Eins ist Noth“ oder „Bedenke das Ende“ oder „Zeit vergeht um Jahr um Jahr“ und andere sind. So ein Sprüchlein hat immer sein Gutes, und man kann nicht oft genug daran erinnert werden.

Weißt Du aber auch wohl, warum das Thierchen so pickt? – Das thut es, um sein Weibchen, sein Männchen oder auch einen andern seiner Kameraden herbeizurufen, also keineswegs aus dem lächerlichen Grunde, den Tod eines der Stubenbewohner verkündigen zu wollen und die Leute in Furcht und Angst zu setzen. Aber es kommt noch besser, und der Leser wird sich nicht wenig wundern, wenn ich ihm sage, daß der Holzwurm Jahr aus Jahr ein sein trockenes Brot, nämlich die Sägespäne ißt, die er selbst macht, und nichts dazu trinkt und doch nicht verdurstet. Wie das möglich ist, sagen uns die Naturforscher.

Sie haben nämlich gefunden, daß in dem Pflanzenstoffe zweierlei Wasser ist; eines, das man durch Pressen und Aufhängen in der Luft herausbringen kann, wie der Papiermacher aus dem Papiere, und ein anderes festgewordenes, das man nur durch Verbrennen herausbringen kann. Nimmt man z. E.[WS 1] ein leinenes Tuch, das 10 Pfd. wiegt und hängt’s einen ganzen Tag in die Sonne oder bringt’s in die stärkste Presse, die man hat, so könnte leicht Einer wetten, es wäre kein Tropfen Wasser mehr darin. Und doch müßte er seine Wette an den Scheidekünstler verlieren; denn der brächte das Tuch in ein Ding, gleich einer fest verschlossenen Branntweinblase, schürte Feuer darunter und brächte noch wenigstens 4 Pfd. Wasser heraus. Ebenso würde er auch aus einem Stück Holze, das 50 Pfd. schwer wäre und sei es noch so alt und trocken, doch noch 22 Pfd. Wasser herausnöthigen. Das kann aber der Magen des Holzwurms, der von dem Schöpfer dazu eingerichtet ist, noch besser als der Scheidekünstler, und Gott der Herr reicht also auch ihm das Wasserkrüglein, nur auf eine andere Weise als dem durstigen Wanderer an dem Brunnen.

Unser kleiner Käfer heißt aber auch noch Trotzkopf und führt diesen Namen mit demselben Rechte, wie der erste Minister den Namen Ministerpräsident. Bemerkt er nämlich, daß ein Menschenkind in seiner Nähe ist, so zieht er augenblicklich das Trotzköpflein unter die Kapuze, legt die Beine fest an den Leib und läßt sich dann weder durch Feuer, Wasser, noch irgend ein anderes Mittel, wär’s auch noch so grausam, bewegen, auch nur das geringste Lebenszeichen von sich zu geben. Und in einem solchen Zustand, verharrt er minuten-, ja stundenlang. Erst wenn er glaubt sicher zu sein und nicht mehr beobachtet zu werden, regt er [218] sich von Neuem, geht eiligst seinen Schlupfwinkeln und dunkeln Gängen zu und beginnt sein „Pick, pick, pick!“

Der Holzwurm ist ein sehr schädliches Insekt. Er durchlöchert nicht nur das Holzwerk unserer Häuser, in dem er sich auch als Larve und Puppe aufhält, sondern schadet uns noch auf verschiedene andere Weise. Hatte doch einst ein solcher Käfer 27 neben einander stehende Folianten in gerader Linie durchbohrt. So können wir uns denn nur freuen, daß der schwarze Immenkäfer oder Ameisenwolf ihn unaufhörlich verfolgt und dadurch seiner allzugroßen Vermehrung einen Damm entgegensetzt.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Abkürzung: zum Exempel