Die Wahlverlobten
Die Wahlverlobten.
Du weinst und siehst mich an, und meinst,
Daß du ob meinem Elend weinst –
Du weißt nicht, Weib! dir selber gilt
Die Thrän’, die deinem Aug’ entquillt.
Zuweilen dein Gemüth beschleicht
Die Ahnung, die dir offenbart,
Daß Schicksalswille uns gepaart?
Vereinigt, war uns Glück hienieden,
Im großen Buche stand geschrieben,
Wir sollten uns einander lieben.
Dein Platz, er sollt’ an meiner Brust sein,
Hier wär’ erwacht dein Selbstbewußtsein;
Erlöst, emporgeküßt, o Blume,
Empor zu mir, zum höchsten Leben –
Ich hätt’ dir eine Seel’ gegeben.
Jetzt, wo gelöst die Räthsel sind,
O weine nicht, es mußte sein –
Ich scheide, und du welkst allein;
Du welkst, bevor du noch geblüht,
Erlöschest, eh’ du noch geglüht;
Bevor du noch gelebet hast.
Ich weiß es jetzt. Bei Gott! du bist es,
Die ich geliebt. Wie bitter ist es,
Wenn im Momente des Erkennens
Der Willkomm ist zu gleicher Zeit
Ein Lebewohl! Wir scheiden heut
Auf immerdar. Kein Wiedersehn
Giebt es für uns in Himmelshöhn.
Du wirst zerstieben, wirst verhallen.
Viel anders ist es mit Poeten;
Die kann der Tod nicht gänzlich tödten.
Uns trifft nicht weltliche Vernichtung,
In Avalun, dem Feenreiche –
Leb’ wohl auf ewig, schöne Leiche!