Die deutsche Kaiserin in Berchtesgaden
Die deutsche Kaiserin in Berchtesgaden. (Mit Abbildungen.) Seit dem 12. Juli genießt unsere Kaiserin mit ihren Kindern die Sommerfrische in Berchtesgaden. Die drei jüngeren Prinzen und die kleine Prinzessin Viktoria Luise waren schon vor ihr eingetroffen und erwarteten, als der Sonderzug mit der Mutter und den älteren Prinzen einlief, dieselben auf dem Bahnhof. Schon bevor der Zug hielt, beugte sich die Kaiserin weit aus dem Fenster, ihren Kindern zuwinkend, welche sie dann beim Aussteigen fröhlich umdrängten. Auch die älteren Prinzen feierten mit den Geschwistern gar herzlich das Wiedersehen. Nach der offiziellen Begrüßung durch die Behörden bestieg die Kaiserin mit ihrem Töchterchen und den drei jüngeren Prinzen den bereitstehenden Wagen unter dem Jubel der ihrer harrenden Bevölkerung. In einem zweiten Wagen folgten der Kronprinz und die Prinzen Eitel Friedrich und Adalbert. Auch während der Einfahrt in die festlich geschmückte Stadt wurde die kaiserliche Familie von der Bevölkerung durch lebhaften Zuruf bewillkommt. Die Fahrt ging zum „Grand Hotel“, welches etwa zwanzig Minuten von der übrigen Ortschaft entfernt an der Straße nach Reichenhall, dicht am Walde, gelegen ist. Vor dem Hotel, in dessen Räumen die kaiserliche Familie Wohnung nahm, hatte die Berchtesgadener Schuljugend Spalier gebildet. Das Töchterchen des Bezirksarztes Dr. Roth und andere Kinder, denen die schmucke Landestracht gar wohl stand, überreichten der Kaiserin bei der Anfahrt Sträuße von Alpenrosen und Edelweiß. Eine Krone von Alpenrosen prangte über dem mit Blumengewinden geschmückten Eingang. Nachdem die Kaiserin die für sie bereitstehenden Zimmer durchschritten hatte, erschien sie mit den Ihrigen auf dem Balkon und gab ihren Dank zu erkennen, während die stürmischen Hochrufe kein Ende nehmen wollten. Die kleine Prinzessin Viktoria Luise warf der jubelnden Jugend unten Kußhändchen zu.
Leider hat der Aufenthalt der Kaiserin in der schönen bayrischen Bergstadt, auf welche die Firnhäupter des Watzmanns über die grüne Flut des Königsees niedergrüßen, durch den kleinen Unfall eine Trübung erfahren, welcher der hohen Frau auf einem Ausflug von St. Bartholomä zur „Eiskapelle“ zustieß. Die Heilung des verletzten Fußes ist so glücklich verlaufen, daß die Kaiserin nach Anlegung eines Verbandes durch den bekannten Orthopäden Hessing sehr bald wieder gehen und Ausfahrten in die herrliche Umgebung machen konnte.