Zum Inhalt springen

Die ewige Lampe No 1.

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
Autor: Carl Siechen
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Die ewige Lampe
Untertitel:
aus: Vorlage:none
Herausgeber: Dr. Carl Siechen nebst Familie
Auflage:
Entstehungsdatum: 1848
Erscheinungsdatum: 1848
Verlag: Selbstverlag des Herausgebers
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Berlin
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Commons
Kurzbeschreibung: Erste Ausgabe eines der Berliner Revolutionsblätter
satirisches Witzblatt des Berliner Kneipiers Dr. Carl Siechen benannt nach dem inoffiziellen Namen des Bierhauses Siechen
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
[[index:|Indexseite]]
[1]
Die ewige Lampe.


№ 1.


Verantwortlicher Redakteur:
Dr. Carl Siechen nebst Familie.




Programm

Das empfundene Bedürfniß, dem souverainen Geist der ewigen Lampe auch nach auswärts Anerkennung zu verschaffen, hat zur Begründung dieses nach ihr benannten volksthümlichen Organs geführt.

Die ewige Lampe erscheint in zwanglosen Blättern. Sie wird eine schonungslose Kritik üben. Ihr Grundsatz ist die Wahrheit.

Sie wird außer ihrem amtlichen Theil leitende Artikel, Feuilletons, Eingesandts und Inserate enthalten.

Sollte Jemand einen Injurienprozeß gegen sie versuchen, so wird ihm der Dr. Stieber[WS 1] als Vertheidiger empfohlen.

Die Colportirung dieses Organs erfolgt durch die Nachtwächter Berlins, welchen aus Rücksichten einer höhern Politik vor den arbeitslosen pietistischen Predigern der Vorzug gegeben werden mußte.



[2]
Amtlicher Theil.

Die ewige Lampe protestirt gegen die in der Lokomotive erfolgte Zusammenstellung des Regierungsraths Grano mit dem Herrn Mathis, Sulzer und Genossen. Herr Grano hat sich stets als ein liberaler und ehrenwerther Mann gezeigt und dadurch früher manche Mißliebigkeit zu überstehen gehabt. Vox populi.


Die ewige Lampe beschließt, daß Herr etc. Krausnick[WS 2] sich nicht auf der politischen Höhe befindet, um ihre Aufmerksamkeit zu erregen.


Die ewige Lampe beschließt, von den „Hervorbringungen“ der Feder des Herrn D. A. Benda keinen Gebrauch zu machen.


Die ewige Lampe votirt dem Herrn Max Schaßler zum Dank dafür, daß er das Vaterland durch Maueranschlag vom Staatsbanquerutt gerettet hat, ein halbes Pfund Sagan-Sprottauer Eisenbahnactien.



Leitende Artikel.
I.
Der Oberpräsident v. Meding als Republikaner.

Der Oberpräsident v. Meding[WS 3] soll sich, wie in der Abgeordneten-Kammer erzählt wurde, neuerdings republikanischen [3] Ideen zugewandt haben. So unerwartet dies kommmt, so gefährlich erscheint es. Die ewige Lampe macht auf die Bedenken aufmerksam, welche es unter Umständen haben kann, Sr. Excellenz die Leitung der Wahlen in der Provinz Brandenburg für die Nationalvertretung anzuvertrauen. Jedenfalls würde es zu unserer Beruhigung dienen, wenn der Herr Oberpräsident sein neues Glaubensbekenntniß noch einmal öffentlich ablegte. Wir stellen ihm eventuell die Spalten unseres vielgelesenen Organs zu Disposition.[1]


II.
Herr Ottensoser als Opferlamm.

Herr Ottensoser, großer Barrikadenheld und Volksredner, hat sich zu unserer besonderen Genugthuung entschlossen, die Leitung der militairischen Dispositionen in den Herzogthümern Schleswig-Holstein in seine Hand zu nehmen. Das weltberühmte Wort, welches Herr Ottensoser nach seiner Gefangennehmung im Barrikadenkampf auf dem Transport nach der Schloßwache in fleißiger Wiederholung sprach: „Ach, lieber Herr Soldat, schenken sie mir doch nur das Leben!“ ist bereits in’s Dänische übersetzt. Wir geben uns also der frohen Hoffnung hin, daß Herr Ottensoser mit dieser Zauberformel auch aus allen dänischen Gefangenschaften entkommen werde. Möge er denn, wie er im politischen Clubb versprochen, unverzagt „sein Blut in Schleswig-Holstein verspritzen“, welches bei sich zu behalten ein ungünstiges Geschick ihn in Berlin nöthigte. Zittre Dänemark! –


[4]
III.

Das Bisthum von Jerusalem[WS 4] ist zu unserm lebhaften Bedauern sub hasta[WS 5] gestellt. – Nur keine Motive. Die Witze machen sich von selbst.


IV.
Herr Liedke als Ehrenmann.

Wir votiren Herrn Liedke unseren aufrichtigen Dank, nicht sowohl dafür, daß er die Juden todtschlagen lassen wollte – denn die Juden sind eine sehr wohlthätige Erfindung – als vielmehr dafür, daß er laut Maueranschlag nicht 160,000 Thaler der Proletarier in die Tasche gesteckt hat. – Wir empfehlen diese Handlung des Edelmuths der öffentlichen Aufmerksamkeit und Anerkennung.



Feuilleton.

Man sieht den Minister v. Kamptz[WS 6] mit einer etwas verwitterten schwarz-roth-goldenen Kokarde umhergehen. Dem Benehmen nach ist dies Exemplar den Akten entlehnt, auf Grund welcher Herr v. Kamptz vor Zeiten die schwarz-roth-goldene Burschenschaft in die Festungen spedirte.

     *     *     *

Herr Ludwig Crelinger hat sich, wie man hört, mit Andern als Candidat zur Oberbürgermeister-Stelle bemerklich gemacht. Hm! Hm!

     *     *     *

Dem Vernehmen nach hat sich der Exminister Uhden[WS 7] um die Justiz-Commissarienstelle in Tempelburg beworben.

     *     *     *

[5] Nach den neuesten Nachrichten aus England soll der Prinz von Preußen die Absicht hegen, sich an die Spitze von Hinterpommern zu stellen; Bülow-Cummerow[WS 8] übernimmt die Rolle des La Roche-Jacquelin in dieser neuen Vendee.

     *     *     *

Frage an unsere Leser. – Ist denn mit dem Hochedlen Magistrat gar nichts anzufangen? – Ein Königreich für einen Witz.

     *     *     *

Professor von Kranichfeld soll an den Folgen der Alkoholvergiftung eines plötzlichen Todes verblichen sein. Ruhe seiner Asche. – Wahrscheinlich wird der Baron von Seld die Professur für Alkoholvergiftung erhalten.

     *     *     *

Wer schafft dem Herrn F. v. Bülow einen Feind, seitdem die Jesuiten verjagt sind?

     *     *     *

General Herwegh soll den Redacteur der Locomotive Herrn Held zu seinem Adjutanten ernannt haben, damit er doch einen Held besitzt.

     *     *     *

Zur Beruhigung der Bürgerwehr. Man vermuthet, daß das kostspielige Gold nächstens durch die Proletarier aus dem Schwarz-roth-gold gestrichen wird.

     *     *     *

Fürst Lichnowsky soll unter die Arbeiter gegangen sein und sich im Dienste der Frau Herzogin zu Sagan bereits eine Million erarbeitet haben.

     *     *     *

Die preußische Armee soll der dänischen Armee noch immer von ferne imponiren.

     *     *     *

[6] Die Studenten haben darauf angetragen, die Pedelle für verantwortlich zu erklären.

     *     *     *

Ein großer Volksredner des politischen Clubbs soll durch die gegenwärtige Handelskrisis in seinen finanziellen Operationen lebhaft bedrängt worden sein. Es ist von einer neuen unprocentigen Anleihe die Rede.

     *     *     *

Für das Ministerium des Auswärtigen werden Candidaten gesucht.

     *     *     *

In Swinemünde sind bereits Badegäste aus Dänemark angekommen. – Schon so früh?!

     *     *     *

Es soll auf den Barrikaden wenig Berrgerblut, aber auf dem Alexanderplatz bei der Anrede des General Aschoff sehr viel Berrgerthräne geflossen sein.

     *     *     *

Seit der Revolution kann Niemand mehr an die Luft gesetzt werden; nicht einmal der Dr. Woeniger.

     *     *     *

Der kriegskundige, vom letzten Landtage als letzter Deputirter zum frankfurter Völkertage gewählte Hauptmann und Färber Nobiling mach gegenwärtig sehr viel in russisch Grün. Das Geschäft in berliner Blau hat er seit der letzten Proletarier-Bewegung aufgegeben.

     *     *     *

Stärkung im Glauben! Es sind laut Versicherung eines hohen Kriegsministerii nur zwanzig Soldaten im Berliner Barrikadenkampf gefallen.

     *     *     *


[7]
Censurlücken.


     *     *     *


     *     *     *


     *     *     *


     *     *     *

L. Rellstab, der große Vosside, wird nächstens in der Vossischen Zeitung Barrikaden-Wanderungen antreten. Wo wird er sich einschiffen?

     *     *     *

[8] Es hat Jemand das Unglück, für einen Doppelgänger von Friedrich Förster, dem Hofdemagogen, gehalten zu werden.

     *     *     *

Der Dr. Friedrich Eylert, der Vossische Freiheitsdichter, geht mit einem Werke schwanger: „Leben, Thaten und Höllenfahrten eines Bischofs in partibus.“

     *     *     *

Der gehemmte Fortschritt und der beförderte Rückschritt sollen auf ihre Rückberufung nach Petersburg angetragen haben. Was sagt der Hengstenberg dazu?

     *     *     *

Durch das massenhafte Vordrängen der Ebräer soll eine Erweiterung der Tribüne im constitutionellen Clubb nöthig geworden sein.



Eingesandt.

Ich erkläre mich mit dem Witz auf die Ebräer nicht einverstanden.

Staeger.     
(Eingesandt.)

Herr Staeger hat nämlich sehr viel Verkehr mit den Ebräern.

Die Redaction.     


Inserate
fehlen.

Dies Organ erscheint im Selbstverlag der ewigen Lampe, Neumannsgasse Nr. 6., und kostet die Nummer 1 Sgr. – Beiträge werden eben daselbst gratis angenommen.


Gedruckt bei W. Moeser und Kühn, Stallschreiberstraße Nr. 34.

  1. Wir erhalten so eben die Nachricht, daß der Oberpräsident v. Meding und der Geheimrath Sulzer ihren Abtritt genommen haben, wodurch sich die Frage erledigt.
    Anm. des Setzers.     

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Wilhelm Stieber (1818–1882), Feldpolizeidirektor und Leiter des Central-Nachrichten-Bureaus
  2. Heinrich Wilhelm Krausnick (1797–1882), Oberbürgermeister von Berlin
  3. August Werner von Meding (1792–1871), Oberpräsident der Provinz Brandenburg und Mitglied im Preußischen Herrenhaus
  4. Bistum Jerusalem
  5. zur Versteigerung
  6. Karl Albert von Kamptz (1769–1849), preußischer Staats- und Justizminister
  7. Alexander von Uhden (1798–1878), preußischer Justizminister
  8. Ernst von Bülow-Cummerow (1775-1851), preußischer Gutsbesitzer und Politiker