Die neue elektrische Lichtanlage auf dem Potsdamer Platz (1905)
[157] Die schwierige Aufgabe, den Potsdamer Platz, diesen wichtigen aber auch überlasteten Knotenpunkt des öffentlichen Verkehrs, richtig zu beleuchten, ist vor kurzem vollendet worden. Eingehende, die örtlichen Verhältnisse des Platzes und seine Frequenz berücksichtigende Vorstudien ließen es zweckmäßig erscheinen, die erforderlichen Lichtquellen auf nur zwei, aber hoch gelegene Punkte zu konzentrieren und statt des gewöhnlichen, seit 1882 hier brennenden Bogenlichtes Intensivflammenbogenlampen zu verwenden, deren charakteristische Merkmale die nebeneinander stehenden Kohlen und eine hierdurch vorwiegend nach unten gerichtete Lichtausstrahlung sind. In Verfolg dieses Programmes werden auf den beiden Inselperrons des Platzes zwei 21 m hohe Masten errichtet, deren jeder 4 solcher Lampen trägt. Letztere haben bei einer Stromstärke von 20 Ampère je ca. 4000 NK Lichtstärke, sodaß also beide Kandelaber zusammen einen Effekt von 32.000 Kerzen ergeben. Der Lichtpunkt liegt hierbei in einer Höhe von 18 m. Damit ist eine Intensität der Beleuchtung erreicht, welche die bis jetzt vorhandenen 11 Bogenlampen von je 12 Ampère entbehrlich macht und die für den Fuhrwerksverkehr so wichtige Übersichtlichkeit des Platzes ganz erheblich steigert. Da die Maste gleichzeitig zur Befestigung der an ihnen vorbeilaufenden Straßenbahnleitungen dienen, konnten nach ihrer Aufstellung zu Gunsten des Straßenbildes auch noch 4 Bahnmaste entfernt werden. Die Ausstattung der Maste wurde von Herrn Direktor Emil Högg, Bremen entworfen und geleitet. In ihr ist in konsequenter Weise der Versuch durchgeführt, die in diesem Falle nicht leichten, technischen Anforderungen in der Tektonik des Ganzen und in Linie und Form zweckmäßig zu einem Ausdruck zu bringen, wie er sich aus der zweifachen Bestimmung des Mastes, einmal die 4 Bogenlampen, dann aber auch noch in 6 m Höhe eine beiderseits 4,5 m ausladende Führung für die elektrischen Bahnleitungen zu tragen, entwickeln mußte. Die Dimensionen der konisch geschweißten, dreiteiligen, ca. 25 m langen Rohre beider Masten wurden von Herrn Baurat Crame berechnet. Aus den Werkstätten der Allgemeinen Elektricitäts-Gesellschaft sind die Bogenlampen hervorgegangen, während die Firma Schulz & Holdefleiß, Berlin die gesamten Schmiedearbeiten lieferte. Mit der elektrischen Installation und der Bauführung waren die Berliner Elektricitäts-Werke betraut.