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Die neueste Nordpolfahrt des Capitain M’Clintock

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Titel: Die neueste Nordpolfahrt des Capitain M’Clintock
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 1, S. 4-7
Herausgeber: Ferdinand Stolle
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1860
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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Die neueste Nordpolfahrt des Capitain M’Clintock.

Die Reisen zur Aufsuchung einer nordwestlichen Durchfahrt, die von den seefahrenden und handeltreibenden Mächten schon nach der Entdeckung Amerika’s unternommen wurden, sind auch in späterer Zeit noch stets fortgesetzt worden, und je mehr man die Ueberzeugung gewann, daß eine solche Durchfahrt, die den atlantischen und stillen Ocean verbinde, existiren müsse, um so eifriger verfolgte man die auf die Entdeckung derselben zielenden Unternehmungen. Der Vortheil einer directen Verbindung mit Asien, wohin man von der alten Welt nur um Amerika herum gelangen konnte, war zu einleuchtend, als daß man den zwischen beiden Ländern in der Polargegend liegenden Weg nicht hätte aufsuchen sollen, und so sind zu diesem Zwecke die Erforschungsexpeditionen in der Neuzeit nicht weniger betrieben worden, als es vor Jahrhunderten der Fall gewesen, wo im Nordosten Amerika’s die Entdeckung der Hudsonsbai, Davisstraße, Baffinsbai, des Lancastersunds und Eismeeres des Nordpols erfolgte. Die Behauptung, daß letzteres in einer gewissen Zeit eisfrei sei, war Ursache, daß die englische Regierung den Plan der Auffindung jener Durchfahrt mit um so größerem Eifer verfolgte, und sie setzte, um Expeditionen hervorzurufen, für den Ersten, welcher auf dem nordwestlichen Wege in den großen Ocean gelangte, eine Belohnung von 20,000 Pfund Sterling aus. Dies war das Signal zu den Nordpolreisen.

Zwischen der ersten Nordpolreise, welche Parry, der ältere Roß und Buchan 1818 unternahmen, und der letzten, von der M’Clintock vor kurzem zurückgekehrt ist, liegt ein Zeitraum von mehr denn vierzig Jahren. Indem man während dieser Zeit von drei Richtungen her vordrang, zu Lande von den Ländern der Hudsonsbaigesellschaft gegen Norden, auf der pacifischen Seite durch die Behringsstraße gegen Osten, und auf unserer Seite durch den Lancaster-Sund gegen Westen, überzeugte man sich mehr und mehr, daß man einem Schatten nachjage, wenn man auf eine irgendwie benutzbare Durchfahrt rechne. Das wissenschaftliche Interesse blieb, namentlich seit die antarktischen Reisen die Vermuthung zu bestätigen schienen, daß an den beiden Polen unserer Erde eine völlig verschiedene Vertheilung von Land und Wasser stattfinden werde. Man suchte nun möglichst hohe Breiten zu erreichen, und noch 1827 hielt Parry ein Vordringen bis zum Nordpol selbst für möglich. Er versuchte es mit Schlitten, traf jedoch hinter dem glatten Eise, das sich nach seiner Meinung bis zum Pol erstreckte, auf lose, rauhe und oft dünne Massen, die von einer Menge offener Canäle durchschnitten wurden, und mußte unter 82° 45’ nördlicher Breite umkehren. Nach diesem Mißlingen trat er von den Nordpolreisen ganz zurück. Wie er am weitesten gegen Norden vorgedrungen ist, so hat er auch den Weg zu der Insel Melville gezeigt, welche die nördliche Küste der Banksstraße, oder mit andern Worten der nordwestlichen Durchfahrt, bildet.

Sir John Franklin wurde gleich bei den ersten Nordpolreisen beschäftigt. Er war 1818 ein junger Mann von zweiunddreißig Jahren, hatte aber seinen Namen bereits mit großen Ereignissen verbunden, mit der Beschießung von Kopenhagen, mit der Schlacht von Trafalgar und mit jenem ewig denkwürdigen Gefecht in der Straße von Malakka, in dem ein blos aus bewaffneten Kauffahrern bestehendes Geschwader der Engländer eine französische Kriegsflotte unter Admiral Linois in die Flucht schlug. Franklin hatte Cumberlandhouse zum Ausgangspunkte genommen und erreichte im Juli 1820 die arktische Küste des amerikanischen Festlandes. Seine Rückreise war die furchtbarste, die ein Entdecker in diesen Breiten bisher erlebt hatte. Die Kälte erreichte einen solchen Grad, daß

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Auffindung des Franklin’schen Bootes auf König Williams-Land.

[6] die Zelte und die dünnen Decken kaum mehr Schutz gegen das Erfrieren gewährten. Nicht immer fand man so viel Holz, daß ein gutes Feuer unterhalten werden konnte, und dann hatte man noch die Qual, die hartgefrorenen Schuhe in der Nacht an den Füßen behalten zu müssen. War man nicht so glücklich, ein Schneehuhn oder ein Rennthier erlegen zu können, so mußte man sich von Steinflechten ernähren. Endlich wurde die Noth so groß, daß die Reisenden ihre Schuhe verzehrten und halb verfaulte Thierhäute, auf welche sie unter dem Schnee zuweilen stießen, begierig hervorzogen. Die Kräfte hatten durch Hunger und Kälte so gelitten, daß, wenn der eine Theil der Mannschaft auf dem Boden ausruhte, der andere Theil stehen bleiben mußte, um den Gefährten in die Höhe zu helfen. Eine zweite Reise zu Lande, die Franklin 1825–1827 ausführte, war nicht von solchen Leiden begleitet. Beide Unternehmungen lehrten einen langen Küstenstrich kennen, der sich an eine andere von Richardson[WS 1] erforschte Strecke anschloß.

Im Jahre 1844 beschloß die englische Regierung, eine neue Nordpolreise ausführen zu lassen und Franklin die Leitung derselben zu übertragen. Alle Behörden, die eine Stimme bei der Sache hatten, stimmten für eine Landreise, aber Sir John Barrow[WS 2], der als Geograph der Königin und als eigentlicher Anreger der Erforschung des arktischen Kreises ein doppeltes Gewicht hatte, setzte es durch, daß für eine Seereise entschieden wurde. Man gab Franklin zwei Schiffe, Erebus und Terror, die für die Reise besonders ausgerüstet und mit Lebensmitteln auf vier Jahre versehen wurden. Er übernahm den Erebus, Capitain Crozier[WS 3] den Terror. Die Bemannung beider Fahrzeuge bestand Alles in Allem aus 129 Köpfen.

Franklin hatte die Weisung, daß er so schnell als möglich den Lancaster-Sund zu erreichen suchen und bis zur Insel Melville steuern solle. Treffe er dort das Meer vom Eise frei an, so werde er die noch etwa 180 deutsche Meilen entfernte Behringsstraße ohne Hinderniß erreichen können. Am 26. Juli 1845 wurden der Erebus und der Terror zum letzten Male gesehen. Es war in der Melville-Bai, die an der Nordküste von Grönland, dem Jones-Sunde gerade gegenüber, liegt. Die beiden Schiffe wurden von der Mannschaft des Walfischjägers „Prinz von Wales“ gesehen, wie sie an einem Eisberge ankerten und darauf warteten, daß die ungeheuren Eismassen in Bewegung geriethen, die das Meer in unabsehbarer Weite bedeckten.

Die Jahre 1846 und 1847 verstrichen, ohne daß man sich über das Ausbleiben aller Nachrichten beunruhigte. Hatte man doch von den beiden Roß vier Jahre lang nichts gehört, und dann waren sie doch, allerdings abgemagert, aber mit unverletzter Gesundheit, nach England zurückgekehrt. Um Franklin brauchte man um so weniger in Sorge zu sein, als er eine reiche arktische Erfahrung, eine auserlesene Mannschaft, vortrefflich eingerichtete Schiffe und Lebensmittel in Hülle und Fülle besaß. Erst im Jahre 1848 wurden Nachforschungen beschlossen, und nun begann jene Reihe von Reisen, die sich von da fast ununterbrochen bis auf das Jahr 1859 erstrecken. Nicht genug, daß man von beiden Eingängen im Westen und Osten Schiffe in die Polarzone vordringen ließ, gab man ihnen den Befehl, im Winter mit Schlitten die ganze Umgegend ihres Zufluchtshafens zu bereisen, und veranstaltete auch auf dem Festlande Unternehmungen. Einmal waren zwölf Schiffe zugleich in jenen Meeren und im Ganzen sind mit Hinzurechnung der Landreisen etwa vierzig Versuche zur Rettung Franklin’s gemacht worden. Man hat bis zu den Punkten, wo die Natur unübersteigliche Schranken setzte, fast jede Bucht, jede Einfahrt, jeden Canal, jede Küste, jede Insel durchforscht. Wie die Bemühungen, so gingen auch die Mittel über das frühere Maß hinaus. Unter anderm nahmen Collison[WS 4] und M’Clure[WS 5] kleine Luftballons mit, welche sie in der Polargegend an langen Seilen in die Höhe steigen lassen wollten, um dem Vermißten bei Tag mittelst herabhängender farbiger Papierstücke, bei Nacht mittelst Lampen Signale zu geben. Man wußte nicht, daß die unglücklichen Mannschaften des Erebus und Terror in dem Augenblicke, als Sir James Roß mit dem ersten der zur Rettung bestimmten Schiffe das Polarmeer erreichte, bereits auf dem Grunde dieses Meeres oder unter dem Schnee und Eise der unwirthlichsten aller Küsten schlummerten.

Am 23. August 1850 wurden auf Cap Riley die ersten Spuren von Franklin aufgefunden. Jenes Vorgebirge ist die Spitze einer Halbinsel in der Nähe des Wellington-Canals, der von der Barrowstraße gegen Norden läuft. Capitain Ommaney[WS 6] sah hier Segeltuch und Seile der königlichen Marine, Knochen von Rindern, Schweinen und Schafen und fünf Steinwälle von ringförmiger Gestalt, in deren Mitte je zwei bis drei flache Steine lagen. Alle diese Dinge ließen sich nur auf Franklin deuten, und die Steinwälle mit den flachen Steinen in der Mitte machten es wahrscheinlich, daß Franklin am 29. August 1845 auf diesem Punkte gewesen sei. Er war nämlich angewiesen worden, genau an diesem Tage magnetische Beobachtungen anzustellen, und hatte zur Befestigung der Seile und zur Aufstellung der Instrumente solche Steinwälle und flache Steine gebraucht, wie man sie bei Cap Riley sah.

Einen oder zwei Tage später entdeckte der Walfischjäger Penny[WS 7] auf der Insel Beechey im Wellington-Canal das erste Winterlager Franklin’s. Hier sprach Alles so deutlich, daß kein Zweifel möglich war. Außer leeren Fleischbüchsen, einem Observatorium, einer Schmiede, sah man eine Anweisung zu meteorologischen Beobachtungen in der Handschrift des Capitains Fitzjames[WS 8], ein Papierstückchen mit dem Namen des Wundarztes M’Donald[WS 9] und drei Gräber, in denen nach den Aufschriften ein Matrose vom Erebus und zwei vom Terror ruhten. Franklin hatte dieses Winterquartier spät im Sommer und dann in großer Eile verlassen. Sein langes Verweilen bezeugten die tiefen Furchen, die seine Schlitten im Schnee, den die Sonne also schon aufgeweicht haben mußte, zurückgelassen hatten; für einen plötzlichen Aufbruch sprachen die beiden Umstände, daß man die Seile eines Zelts nicht losgeknüpft, sondern abgeschnitten hatte und daß nützliche Gegenstände, z. B. ein eiserner Ofen, zurückgelassen worden waren. Wohl hatte sich die Mannschaft übrigens befunden, denn sonst würde ihr gewiß die Lust vergangen sein, eine Vogelhütte mit einem Mosaikfußboden zu pflastern, und einige Gartenbeete anzulegen und mit rothem Steinbruch einzufassen.

Unter denen, welche nach Franklin suchten, befand sich ein muthiger Ire, der laut den Entschluß ausgesprochen hatte, nicht zurückzukehren, ehe er den Vermißten aufgefunden oder die nordwestliche Durchfahrt entdeckt hätte. Das erste Ziel verfehlte er, das zweite, freilich unter entsetzlichen Gefahren, zu erreichen, war ihm vom Glück beschieden. M’Clure – denn von ihm ist die Rede – gehörte zu denen, welchen die Behringsstraße als Ausgangspunkt angewiesen war. Indem er gegen Osten vordrang, gelangte er an einen Canal, der zwischen der Insel Melville und dem Bankscanal hindurch zu dem breiten Melville-Sunde führt, in den die Barrow-Straße mündet, eine Fortsetzung des Lancaster-Sundes, den Baffin 1616 als östlichen Eingang des Polarmeeres ermittelt hat. Der 26. October 1850 war der Tag, an dem M’Clure auf dem Eise des Meeres zu einem Punkte gelangte, der sich nach den astronomischen Beobachtungen als das Ufer der Barrow-Straße erwies. Ein Jahr später unternahm M’Clure eine Fußreise auf dem Eise nach der Bucht der Melville-Insel, wo Parry im Winter von 1819 zu 1820 seine Schiffe Hekla und Griper geborgen hatte. Durch andere Fußreisen wurde ermittelt, daß um die Südspitze des Bankslandes herum noch ein zweiter Canal, von M’Clure Prinz von Wales-Straße genannt, in den Melville-Sund führt.

Statt einer nordwestlichen Durchfahrt hatten sich zwei gezeigt, aber ihr Entdecker konnte nicht eine für sein Schiff benutzen. Um sich vor Eisblöcken von der fürchterlichsten Beschaffenheit und der massivsten Dicke, die er jemals gesehen hatte, zu retten, hatte er sein Schiff an der Nordseite des Bankslandes vor Anker gelegt. Furchtbare Eismassen hielten ihn dort zwei Sommer und zwei Winter eingeschlossen. Im dritten Frühling (6. April 1853) fand ihn ein Officier eines andern Schiffes, und mit Hülfe desselben führte M’Clure den gewagten Entschluß aus, auf dem Eise zu Capitain Kellett[WS 10] im Wellington-Canal zu wandern. Kellett befand sich in derselben Lage, und mit ihm verließen auch Belcher[WS 11] und Richards[WS 12] ihre Schiffe. Sie erreichten freies Wasser wo der Nordstern sie aufnahm, und England erlebte nun das unerhörte Schauspiel, vier Capitaine auf einmal ankommen zu sehen, welche die ihnen anvertrauten Schiffe im Eise hatten stecken lassen.

Weder M’Clure noch seine Unglücksgefährten hatten von Franklin das Mindeste erfahren. Durch die auf der Beechey-Insel gefundenen Spuren verlockt, suchte man ihn im höchsten Norden. Penny hatte berichtet, daß er jenseits jener Insel ein offenes Meer gesehen habe, das fünf deutsche Meilen weit gegen Norden zu verfolgen und an seinem Endpunkte mit einem Wasserhimmel, d. h. einer dunkeln Stelle am Himmel, die ein Anzeichen von offenem Wasser ist, bedeckt gewesen sei. Merkwürdig war ihm die Menge [7] der dortigen Thiere, der Walrosse, Eisbären, Polarhasen, Wölfe, Füchse, Rennthiere und des Wassergeflügels aller Art gewesen. War es nicht möglich, ja wahrscheinlich, daß Franklin, von der Beechey-Insel aus in diesem offenen Meere vordringend, sehr hohe Breiten erreicht habe, und daß ihm durch Eisriegel, wie Penny im Wellingtoncanal auf einen stieß, der Rückweg versperrt worden sei? Indem man allgemein zu diesem Glauben neigte, richtete man die ganze Aufmerksamkeit auf den höchsten Norden und vernachlässigte die übrigen Gegenden.

Dr. Rae[WS 13] war dem Gebiet, wo man, wie die Folgezeit lehrte, hauptsächlich hätte suchen sollen, einmal ganz nahe gewesen. Dieser unermüdliche Reisende hat nicht weniger als vier Reisen zu dem arktischen Gestade des Festlandes ausgeführt, um der Welt Gewißheit über das Schicksal der Männer vom Erebus und Terror zu verschaffen. Nur der Umstand, daß Eskimos seine Boote zerstört hatten, um sich das darin befindliche Eisen zuzueignen, hatte Rae auf der zweiten dieser Reisen verhindert, den Canal zwischen dem Wollaston- und Victoria-Lande in der östlichen Richtung zu beschiffen, die ihn zum König-Wilhelms-Lande führen mußte. Er blieb dennoch vier Wochen in diesen unwirthlichen Gegenden, um bei den Eskimos Erkundigungen einzuziehen. Nach dem, was er hörte, mußte er schließen, daß die Vermißten in den Gegenden zwischen Nordsomerset, das Roß durchwandert hatte, und der Küste, die dem Wollaston-Lande gegenüberliegt, nicht zu finden seien. Jetzt wissen wir, daß eben diese Gegend den Untergang der Mannschaften des Erebus und des Terror gesehen hat.

1851 war Rae wieder an der arktischen Küste, 1853 brach er zu seiner vierten und letzten Reise auf. Von 1853 zu 1854 überwinterte er an der Repulse-Bai, die durch den trostlosen Charakter ihrer Umgebung sprüchwörtlich geworden ist. Von Eskimos, mit denen er zusammentraf, hörte er Folgendes: „Vor längerer Zeit sah man ungefähr vierzig weiße Männer über das Eis gegen Süden wandern. Sie tödteten Seehunde nahe am nördlichen Ufer von König-Wilhelms-Land. Keiner der Reisenden verstand die Sprache der Eskimos, aber sie gaben durch Zeichen zu verstehen, ihre Schiffe wären im Eise erdrückt worden, und sie hofften eine Gegend zu erreichen, wo sie Rennthiere schießen könnten. Alle, mit Ausnahme eines einzigen Officiers, sahen mager aus, als ob sie Mangel an Lebensmitteln litten. Einige Zeit später, noch in demselben Frühjahr, vor dem Aufthauen des Eises, wurden die Leichen von dreißig Weißen auf dem Festlande und von fünf andern auf einer Insel in der Nähe eines bedeutenden Stromes (des Großen Fischflusses) entdeckt.“ Die Gegend, von der die Eskimos sprachen, zu erreichen, wollte Rae nicht gelingen.

Er überbrachte die Trauernachricht persönlich nach England und legte zugleich verschiedene Gegenstände vor, welche die Eskimos bei den Leichen gefunden hatten. Auf mehreren derselben waren Namenszüge eingegraben, aus denen sich mit Gewißheit ergab, daß diese Sachen Officieren Franklin’s gehört hatten. Nach Rae’s Berechnung fiel die Wanderung der weißen Männer über das Eis in das Jahr 1850, und es fragte sich nun, ob nicht einige von ihnen noch am Leben sein könnten. Die Eskimos hatten blos von vierzig Weißen gesprochen, aber auf beiden Schiffen befanden sich 129 Seeleute, und war es nicht möglich, daß viele dieser abgehärteten Männer ihr Dasein gefristet hatten? Die arktischen Reisenden, die man um ihr Gutachten bat, waren verschiedener Meinung. Scoresby[WS 14], Kellett, Sir John Roß und Oberst Sabine[WS 15] erklärten sich für die Möglichkeit, daß man einige noch retten könne, Rae und M’Clure sprachen sich dahin aus, daß an dem Untergange aller Begleiter Franklin’s nicht gezweifelt werden könne. Die Regierung gab dem letztern Gutachten den Vorzug, nicht so Lady Franklin. Die edle Frau, die in den ganzen früheren Jahren unaufhörlich thätig gewesen war, zu neuen Fahrten anzuspornen, und durch ein eigenes Fahrzeug, die Isabel, Nachsuchungen hatte anstellen lassen, rüstete noch einmal ein Schiff aus, den Dampfer Fox. Den Befehl übertrug sie dem Capitain M’Clintock, einem Begleiter Austin’s[WS 16] auf der Reise vom Jahre 1850.

Diese letzte Reise, deren Erlebnisse wir hier schildern wollen, hat keinem der Vermißten Rettung bringen können. Dagegen haben wir durch sie authentische Nachrichten von Franklin’s Schicksal erhalten, und der Mannschaft des Fox ist wenigstens die Befriedigung zu Theil geworden, auf dem Schauplatze der Katastrophe selbst einigen ihrer unglücklichen Landsleute eine letzte Ruhestätte bereiten zu können.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. John Richardson, schottischer Naturhistoriker, Mediziner, Botaniker, Zoologe, Geologe, Polarforscher, Ichthyologe und Entdecker (1787–1865) (Quelle: Wikipedia)
  2. britischer Staatsbeamter und Geschichtsschreiber (1764–1848) (Quelle: Wikipedia)
  3. Francis Crozier, britischer Marineoffizier (1796–1848) (Quelle: Wikipedia)
  4. Sir Richard Collinson, britischer Marineoffizier und Nordpolarforscher (1811–1883) (Quelle: Wikipedia)
  5. Robert John Le Mesurier McClure, britischer Seefahrer und Nordpolarforscher, Entdecker der Nordwestpassage (1807–1873) (Quelle: Wikipedia)
  6. Sir Erasmus Ommanney, britischer Marineoffizier und Nordpolarforscher (1814–1904) (Quelle: englische Wikipedia)
  7. William Penny, schottischer Walfänger und Polarforscher (1809–1892) (Quelle: Wikipedia)
  8. James Fitzjames, britischer Marineoffizier und Polarforscher (1813–1848) (Quelle: englische Wikipedia)
  9. Alexander McDonald, schottischer Arzt und Polarforscher (1817–1848)
  10. Sir Henry Kellett, britischer Marineoffizier, Polarforscher und Ozeanograph (1806–1875) (Quelle: Wikipedia)
  11. Sir Edward Belcher, britischer Marineoffizier und Polarforscher (179–1877) (Quelle: Wikipedia)
  12. Sir George Henry Richards, britischer Marineoffizier und Polarforscher (1820–1896)
  13. John Rae, schottischer Arzt und Polarforscher (1813–1893) (Quelle: Wikipedia)
  14. William Scoresby, britischer Walfänger und Polarforscher (1789–1857) (Quelle: Wikipedia)
  15. Sir Edward Sabine, irischer Astronom (1788–1883) (Quelle: Wikipedia)
  16. Sir Horatio Thomas Austin, britischer Marineoffizier und Polarforscher (1801–1865) (Quelle: Wikipedia)