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Die tiefe Richtung

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
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Autor: Frank Wedekind
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Titel: Die tiefe Richtung
Untertitel:
aus: Die vier Jahreszeiten
Herausgeber:
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1905
Verlag: Albert Langen, Verlag für Litteratur und Kunst
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Erscheinungsort: München
Übersetzer:
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Originalherkunft:
Quelle: Scans dieser Ausgabe auf Commons
S. 151
Kurzbeschreibung:
Aus dem Zyklus Winter.
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Bearbeitungsstand
fertig
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[151] Die tiefe Richtung

Endlich ist der große Tag gekommen,
Schon ist das Vergangne schrecklich nah,
Doch die Zukunft ist bereits verschwommen;
Auch die Gegenwart ist nicht mehr da.

5
Gott und Mensch und Weltall sind verschwunden,

Was einst sein wird, glüht im Morgenrot;
Stille stehn die sonst so raschen Stunden,
Und gestorben ist nun auch der Tod.

Aus dem Nichts entwickelt sich ein Grausen,

10
Eine Donnerstimme ruft: „Ich bin!“ …

Plötzlich jagt es mit Gewittersausen
Durch den weiten öden Raum dahin.

Alles starrt beklommen rings im Kreise,
Niemand blickt dem Andern ins Gesicht;

15
Aus den Tiefen stöhnet sterbend leise

Eine Geisterstimme: „Ich bin nicht!“ …

Einem Mädchen nur aus hohem Norden
Ist die Lösung wunderbar geglückt:
Der Poet war Philosoph geworden

20
Und der Philosoph verrückt.