Die verschiedene Weise der Moral

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Textdaten
Autor: Johann Gottfried Herder
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Titel: Die verschiedene Weise der Moral
Untertitel:
aus: Friedrich Schiller:
Musen-Almanach für das Jahr 1797, S. 25 – 27
Herausgeber: Friedrich Schiller
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1797
Verlag: J. G. Cotta
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Erscheinungsort: Tübingen
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: HAAB Weimar, Kopie auf Commons
Kurzbeschreibung: Die Chiffre V. wird Johann Gottfried Herder zugeschrieben.
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[25]

Die verschiedene Weise der Moral.

Auf offnem Markte mit Gebieterton
Erschien in Herrscherpracht der Gott Imperativus.
„Ich bin das Ich, der ächten Weisheit Sohn,
Ein Vocativ der Pflicht, des Rechts Nominativus.

5
Wer von der Würde wich, erzittre meinem Thron;

Ich bin der kleinsten Schuld Fiscal-Accusativus,
Und hinter mir dort steht zu Büttelstraf’ und Lohn
Ein dunkler Schlußstein noch, der Gott Infinitivus. – –
Doch wer bist du“?

[26]
10
 „Ich bin der armen Menschheit Sohn,

Ein Flehender, der blöde Optativus,
Doch selbst mein Wunsch, mein Streben wird mir Lohn:
Denn hier ist mein Genoß, der helfende Dativus,
Ein guter Mann“. –

15
 „Ihm werd’ ein Bettlerlohn.

Und rufet lauter aus mit Pauken und Trommeten:
Der Menschheit Würde wird befohlen, nicht erboten“.

Vorüber zog der Lärm; die sanfte Menschenliebe
Mit ihren Wünschen, ihrer Hoffnung blieb,

20
Und feuert’ an des Herzens zarte Triebe:

„Ihr Menschen, liebet euch und seyd einander lieb.

[27]

Verzeihet gern: wir müssen Alle fehlen.
Und hofft das Beßre stets: denn Hoffnung stärkt die Seelen.
Erwartet wenig, um so reichlicher zu geben;

25
Aufs Werthseyn rechnet nicht; der Menschen ganzes Leben

Statt Haben und Besitz ist Streben“. –

Entflohen war der Lärm; sein Trommeln war vorüber,
Die sanfte Stimme, zart und schwach,
Sie tönete in Aller Herzen nach;

30
Mit Hoffnungen gewann der Mensch das Leben lieber.

Und jeder Wunsch, so leise man ihn sprach,
Ging strebend auf die fernste Nachwelt über.

V.