Disciplin und Glaube
[276] Disciplin und Glaube haben gewiß nicht oft in besserer Harmonie gestanden, als bei jenem ostpreußischen Ulanen, von dem uns sein Rittmeister (Graf v. B.) Folgendes erzählte:
Ein polnischer Ort in Ostpreußen bekam einen neuen Gottesacker. Es war zur Typhuszeit, wo mancher Friedhof sich schnell füllte. Aber trotz der kirchlichen Weihe verweigerten sämmtliche Gemeindeglieder einstimmig die Benützung desselben, weil sie im alten Gottesacker seliger würden. Kein Zureden, weder geistliches noch obrigkeitliches, beugte die glaubensfesten Leute; die Leichen blieben unbeerdigt und häuften sich endlich in gefahrdrohender Weise. Man mußte zu strengeren Maßregeln schreiten, und ich erhielt den Befehl, mit meiner Schwadron den Ort zu besetzen und die Beerdigung im neuen Friedhof zu erzwingen. Unter meinen Ulanen war Einer aus dem Orte gebürtig. Ich nahm ihn vor und sagte ihm:
„Grawinsky, Euer Heimathsort ist rebellisch, Eure Bauern wollen sich nicht in dem neuen Gottesacker begraben lassen. Wir müssen hinreiten und sie dazu zwingen. Ich will nicht haben, daß Du gegen Deine Eltern und Geschwister und Freundschaft mit einhaust, wenn’s am Ende dazu kommen sollte. Du sollst Stallwacht haben.“
Er aber erwiderte: „Halten zu Gnaden, Herr Rittmeister, lassen der Herr Rittmeister mich mitreiten, werd’ auch einhauen auf’s Commando, aber eine Bitt’ hätt’ ich an den Herrn Rittmeister!“
„Und welche ist das?“
„Wenn’s das Unglück will, daß ich falle, so befehlen der Herr Rittmeister, daß ich im alten Gottesacker begraben werde.“