Durch Kansas

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Autor: Rudolf Cronau
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Titel: Durch Kansas
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aus: Die Gartenlaube, Heft 10, S. 152–156
Herausgeber: Adolf Kröner
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Erscheinungsdatum: 1893
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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Durch Kansas.
Von Rudolf Cronau.

Wir fahren von Colorado gen Osten. Wie ferne Wolkengebilde leuchten noch hinter uns am Horizonte die Schneefelder und das blaue Gezack der Felsengebirge. Mit Windeseile rollen wir in das nach Osten abfallende Prairieland hinab, das sich, gleich einem Ocean in seiner Ausdehnung und Eintönigkeit, breit und wellenlos über 600 Meilen weit bis zum Missouri- und Mississippithale dehnt, jeglicher Erhebungen und Hügel entbehrend und nur von trägen, sandigen, unschiffbaren Strömen durchschnitten. Ueberall weht das vielgerühmte, mit Myriaden von Blumen durchwirkte Büffelgras, welches zur Frühlingszeit durch sein frisches saftiges Grün der ganzen Landschaft einen ungemein traulichen, im Herbste aber, gelb und verbrannt, den Charakter ernster großartiger Oede verleiht.

Diese Ebenen strotzten einst von Leben. Auf alten Landkarten der Union, welche neben den politischen Angaben auch die Naturgeschichte jeder Sektion zeigte, ist auf dem Distrikte, welcher jetzt Kansas heißt, ein Büffel abgebildet, wie Utah durch einen Bären, Nebraska durch eine Antilope, Iowa durch einen Biber bezeichnet war. Und Büffel gab es damals auf den Prairien von Kansas und zwar in so unglaublicher Menge, daß uns die kaum drei bis vier Jahrzehnte alten Berichte glaubwürdiger Reisenden heute wie abenteuerliche Phantasiegebilde erscheinen wollen. Wird doch angegeben, daß unabsehbare Büffelherden die Prairien bedeckten, so weit das Auge reichen mochte, und daß diese Herden die ersten Bauzüge der Pacificbahnen mitunter zu stundenlangem Warten zwangen, bis der letzte der riesigen Wiederkäuer vorübergezogen war.

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In einem Städtchen des fernen Westens.
Originalzeichnung von Rudolf Cronau.

[154] Fragt man angesichts der Thatsache, daß den Fahrgästen der den Grasoceau kreuzenden Bahnen schon seit Jahren keine Exemplare des Büffels mehr zu Gesichte kommen, was denn aus diesen ungeheuren Herden geworden sei, so erhält man die lakonische Antwort: „Ausgerottet!“

Ja, ausgerottet sind die Bisonherden, verschwunden mit dem rothen Mann, der ja auch keine Heimstätte finden sollte auf dem ihm gehörigen Boden. Wie das Bleichgesicht die Rothhaut weiter und immer weiter zurückgedrängt hat, so vollbrachte es auch die Ausrottung des Büffels.

Kaum waren durch die Eisenbahnen die Weidegründe desselben näher gerückt worden, als auch ganze Ströme von Jägern zu Fuß, zu Roß und Wagen sich über die Prairien ergossen und jene schändlichen Schlächtereien begannen, welche in kurzer Zeit den fast völligen Untergang einer ganzen Thiergattung zur Folge hatten.

Namentlich gegen das Jahr 1873 wurden ganze Expeditionen ausgerüstet, die vollständig zur Massenabschlachtung der riesigen Höckerträger eingerichtet und mit Wagen, Zelten, Waffen und Schießbedarf vollauf versehen waren. Zu Hunderttausenden wurden nunmehr die Büffel niedergeschossen, und das nicht etwa des Fleisches, sondern der armseligen Felle wegen, die man gleich an Ort und Stelle abstreifte, während man die Kadaver unbenutzt liegen und verfaulen ließ und höchstens die Zungen des Mitnehmens werth erachtete.

Immer widerlichere Ausdehnung nahm das Gemetzel an. Die Jäger stellten sich in fortlaufender Kette an den Flüssen und Wasserbecken aus, an welche die Thiere kommen mußten, um ihren Durst zu löschen. Jede Annäherung kostete einer Anzahl von Büffeln das Leben; die anderen hingegen wurden, um ihre Rückkehr zu sichern, durch Steinwürfe und Feuerbrände vertrieben, ohne daß sie zur Löschung ihres Durstes gekommen waren. Auf diese Weise soll man mit bestem Erfolge ganze Herden vier und fünf Tage lang vom Wasser fern gehalten haben.

Gefoltert von dem Verlangen nach Wasser, nahten sich die armen Schlachtopfer wieder und wieder – aber nur, um aufs neue von den Kugeln der Jäger begrüßt zu werden.

Eine Jagdgesellschaft von 16 Personen tötete während des Sommers 1874 2800 Büffel, ja ein junger Mann rühmte sich sogar, während einer Kampagne über 3000 Stück, in einer Woche allein 85, geschossen zu haben. Der amerikanische Oberst Dodge, welcher die Jagdgründe im Herbste 1873 besuchte, schreibt: „Ich ritt über das nämliche Gelände, das ich ein Jahr vorher mit einigen Herren besucht hatte. Wo damals Tausende von Büffeln weideten, lagen jetzt Tausende von Thierleichen. Die Luft war durchdrungen von krankmachendem Gestank; die unabsehbare Ebene, welche ein kurzes Jahr vorher von thierischem Leben wimmelte, war heute eine tote, einsame, verpestete Wüste.“0 „Um einen Begriff von der Zahl der verwesenden Kadaver zu geben,“ so bemerkt der Reisende Blackmore, „mag allein die Mittheilung genügen, daß ich 87 dieser Aase auf einem kaum vier Acre (rund 160 Ar) großen Stücke Landes zählte.“

An der Sübgabel des Republikanflusses wurden im Jahre 1874 auf einem Haufen 6500 Kadaver gezählt.

Wie der Raubbetrieb gehandhabt wurde, das beleuchtet am besten wohl die Art, in welcher man die Abhäutung der Büffel besorgte. Das gewöhnliche Verfahren wurde zu langwierig befunden, und so vereinfachte man es, indem man bei einem getöteten Büffel Einschnitte über die Ohren rings um den Hals machte, die dicke Haut sechs bis acht Zoll abhäutete, von hier aus fernere Einschnitte über den Bauch nnb entlang der Beine machte und dann einen drei Fuß langen eisernen Nagel durch den Schädel des Büffels in die Erde trieb und so den Kadaver befestigte.

Nachdem dies geschehen, ward ein starkes Seil in der dicken Kopfhaut befestigt, das andere Ende desselben an die Hinterachse eines Wagens gebunden und nun die Pferde vor demselben angetrieben, so daß die ganze Haut mit einem Zuge von dem Kadaver gelöst wurde. Während dieses Gewaltaktes zerriß zwar gar manche Haut, doch „time is money!“ Der Markt war schließlich so überschwemmt mit Büffelhäuten, daß das Fell eines Bullen, welches früher mit 3 Dollar bezahlt worden war, nur noch einen einzigen brachte, während die Felle von Kühen und Kälbern bloß noch 80 und 40 Cent galten.

Die Folgen derartiger Raubwirthschaft zeigten sich gar bald. Im Herbste 1874 waren schon fast mehr Jäger als Büffel auf den Prairien zu finden, und die kleineren Herden hatten sich soweit verzogen, daß ihre Jagd der Transportschwierigkeiten halber nicht mehr verlohnte. Es sind hinterher Berechnungen gemacht worden, wie hoch wohl die Zahl der in den Jahren 1872, 1873 und 1874 getöteten Büffel gewesen sein möge. Oberst Dodge kommt zu dem Schlusse, daß die Zahl von 4 bis 51/2 Millionen nicht zu hoch gegriffen sei, ein Bericht der amerikanischen Regierung (9. Annual Report of the Dep. of Interior) will sogar wissen, daß die Zahl der von 1870 bis 1875 jährlich getöteten Büffel auf nicht weniger als 21/2 Millionen zu schätzen sei, was eine Gesammtsumme ergiebt, die zu begreifen wir dem Leser überlassen müssen.

Die Büffel sind verschwunden, auf ihren alten Weidegründen grasen jetzt Hunderttausende von Stieren, Rindern und Schafen, welche von einzelnen Viehzüchtern oder von spekulativen Gesellschaften hier gehalten werden. Die Prairien von Kansas und Colorado, die Tafelländer von Neu-Mexiko und Texas sind voll von gewaltigen Herden; der Werth der allein in den organisierten Theilen von Kansas umherziehenden Herden wurde im Jahre 1882 auf 45 Millionen Dollars geschätzt. Man bezifferte die Zahl der Rinder und Schafe auf je 2 Millionen Stück. Die Rindviehzucht wird in verschiedener Weise betrieben. Die eine Art, „loose herding“ genannt, besteht darin, daß man die Viehherden frei, ohne Einfriedigung grasen läßt. Den ganzen Sommer und Winter bleiben die Thiere draußen, ohne alles Obdach und ohne jede Aufsicht.

Ein entstehendes Prairiestädtchen in Kansas.
Originalzeichnung von Rudolf Cronau.

Daß unter derartigen sich selbst überlassenen Herden ein großer Abgang durch wilde Thiere, Viehdiebe und Indianer [155] verursacht wird, ist klar, und die meisten Viehzüchter sind daher zu dem „close herding“ übergegangen, wo die Thiere unter beständiger Bewachung einer große Zahl von Hirten, sogenannten „Cow-boys“, stehen. Die dritte noch nicht lange zu allgemeinerer Annahme gekommene Weise besteht darin, daß man die Weidegründe mit festen Drahteinzäunungen umgiebt, ein allerdings sehr kostspieliges Verfahren, welches sich aber dadurch bezahlt macht, daß der Verlust an Vieh auf ein Minimun beschränkt wird. Man hat jetzt in diesen sogenannten „Cattle-Ländern“ derartig abgeschlossene Weideplätze, die einen Flächenraum von 250000 bis 300000 Acre einnehmen. Auch hier sind die Herden der Bewachung seitens der „Cow-boys“ unterworfen.

Das Leben dieser Viehhirten, die an Stelle der von der Romantik so oft verherrlichten Lederstrumpffiguren getreten sind, ist überaus rauh und mühsam. Fortwährend im Sattel, haben sie glühende Sonnenhitze wie Sturmwetter zu bestehen und sich mit einfachster Kost und mit noch einfacherem Lager zufrieden zu geben. Kämpfe mit wilden Thieren, Indianern und Viehdieben giebt’s gelegentlich nebenher.

Daß das Aussehen dieser ein solch regelloses Leben führenden Gesellen ein sonderbares, wild romantisches sein muß, ist leicht erklärlich. Den häufig von krausen, langen Locken umgebenen Kopf deckt ein mächtiger, breitrandiger „Sombrero“; der Oberkörper ist mit einem bunten Flanellhemde oder einem perlenbestickten Lederrocke bedeckt, während die Beine in riesigen, stets über und über schmutzigen und mit gewaltigen Radsporen versehenen Stiefeln stecken. Ein um den Leib geschnallter Ledergurt ist mit einem Paar trefflicher Revolver versehen und mit Patronen gespickt.

Wie sich diese Leute aus den verschiedenartigsten Nationen und Elementen zusammensetzen, so findet man unter ihnen auch die verschiedenartigsten Charaktere. Es giebt unter ihnen Menschen, gutmüthig wie ein Kind und sofort bereit, wenn es gilt, jemand aus der Noth zu helfen. Der weitaus größere Prozentsatz der „Cow-boys“ aber ist roh und gewaltthätig, leicht beleidigt und stets geneigt, eine noch so geringfügige Beleidigung sofort, und zwar mit dem Revolver, zu rächen. Aus diesem Abschaum der Menschheit rekrutiert sich vornehmlich das berüchtigte Desperadothum des fernen Westens, welches, was Kaltblütigkeit und Grausamkeit betrifft, unter dem Banditenthum des ganzen Erdballes wohl die erste Stelle einnimmt. Billy the Kid, Wild Bill, Texas Jack, Bloody Enright, Fly Speck Sam, und wie sie alle heißen mögen, sie waren „Cow-boys“, verübten zahllose Schandthaten und hielten zeitweise die Bewohnerschaft ganzer Staaten in Schrecken.

Billy the Kid, von welchem ein begeisterter Biograph wörtlich sägt, daß „sich viele Städte um die Ehre (!) streiten, sein Geburtsort zu sein“, war wohl der verwegenste aller dieser Schurken. Auf standesgemäße Kleidung hielt er viel. Die blaue, knappe Jacke aus feinstem Stoff war über und über mit Goldstickereien versehen, die Nähte der schwarzen, mit scharlachrothem Unterfutter versehenen mexikanischen Beinkleider waren mit kleinen silbernen Schellchen besetzt, der breitrandige „Sombrero“ blitzte von Gold und edlen Steinen und war mit einer Goldschnur von Daumendicke umgeben. An den Füßen klirrten schwere silberne Sporen, während ein herrlicher Karabiner sowie ein paar goldausgelegte Revolver und Bowiemesser die Bewaffnung ausmachten. So ritt dieser Bandit, auf dessen Kopf die Behörden einen Preis von 1000 Dollar ausgeschrieben hatten, umgeben von seinen Getreuen, im Jahre 1881 in das Städtchen Lincoln ein und lieferte der Bevölkerung sowie den zur Hilfe herbeieilenden Truppen ein regelrechtes, drei Tage lang andauerndes Gefecht, in dessen Verlauf über dreißig Menschen erschossen und viele verwundet wurden.

Ein Zufluchtsort und Sammelpunkt derartiger Raubgesellen war jahrelang Dodge-City, welches wir auf unserer Fahrt durch Kansas berühren. Infolge der unzähligen Schießereien und Morde, die hier vorkamen, erlangte der Ort eine geradezu traurige Berühmtheit, doch ist es jetzt mit der Sicherheit des Lebens daselbst weitaus besser bestellt. Diese Besserung ist vornehmlich dem Eingreifen der „Vigilanzkomitees“ zuzuschreiben, welche sich allerorten in den Grenzstädtchen bilden, sobald die besser gesinnten Elemente sich gegenüber den Grenzstrolchen und Rowdies stark genug fühlen. Es setzt nun manche. blutigen Kämpfe zwischen dem geheimen Fembunde und dem Verbrecherthum, die in der Regel mit Vertreibung und Vernichtung des Räubergesindels endigen. Daß aber die Anhänger des Komitees ihr Leben in die Schanze schlagen müssen, das beweist eben die Geschichte von Dodge-City, wo seit der Zeit der Gründung des Ortes im August 1872 bis Herbst 1883 über dreißig Beamte und Bürger erschossen wurden, welche geregelte Zustände schaffen wollten.

Eigenthümlich ist die Art, wie die von derartigen Vigilanzkomitees vollzogenen Lynchhinrichtungen mitunter bekannt gegeben werden. So brachte ein Blatt folgende Mittheilung:

„Der in unserer Stadt nicht besonders vortheilhaft bekannte Mr. Jim Moore unternahm kürzlich eine Reise, um Pferde zu holen, die nicht ihm gehörten. Er kam aber nicht wieder zurück, da er plötzlich nicht mehr imstande war, mit seinen Füßen den Erdboden zu erreichen. Wir sahen ihn zuletzt unter einer Telegraphenstange stehen und in seiner unmittelbarsten Nähe einige unserer hervorragendsten Bürger, die alle angelegentlichst an einem Seile zogen.“

Echt westlichen Ursprungs ist auch „das Lied vom Pferdedieb“:

„Er fand einen Strick und hob ihn auf,
Ging still von hinnen dann,
Zufällig war am andern End’
Ein Roß gebunden dran.

Sie fanden den Baum und banden den Strick
An einen der grünen Aest’,
Zufällig war das andere End’
An seinem Halse fest.“

Es dürfte immerhin noch einige Jahre dauern, bevor in den westlichen Distrikten des Staates ganz regelrechte geordnete Verhältnisse geschaffen sind, fanden wir doch während unserer Reise auf allen Bahnstationen einen Preis von 15000 Dollar auf die Ergreifung einer Bande ausgeschrieben, die Tags zuvor den die Strecke passierenden Eisenbahnzug angefallen und vollständig ausgeplündert hatten. Der nach uns folgende Zug wurde von einer Bande „Cow-boys“ beschossen.

Ziemlich rauh ist das Leben in den kleinen westlichen Grenzstädtchen immer noch. Taghell sind des Nachts die Wirthschaften, Schnapshöhlen, Tingeltangel und Spielhäuser erleuchtet, in denen fragwürdige Gestalten ihre Zusammenkünfte halten. Da wird gespielt, getrunken und getanzt und gesungen. Mitunter auch verstummt der Lärm für einen Augenblick, heftige Stimmen werden laut – ein Schuß kracht – noch einer – und nach einer Weile wird ein blutüberströmter Leichnam über die Straße getragen. Solche Scenen kommen in diesen westlichen Städtchen nicht selten vor, sind doch noch genug von jenen wilden Burschen mit den seltsamen Spitznamen zu finden, denen nichts daran liegt, wenn sie auch „in ihren Stiefeln“ sterben.

Je weiter wir übrigens nach Osten vordringen, desto mehr bemerken wir, daß das Land Fühlung mit der Gesittung gewinnt. Freundlicher, einladender werden die Ansiedlungen, die Dörfer, die Städte. An Stelle der Holzbauten treten große Backsteinhäuser, das sicherste Zeichen, daß die Bevölkerung bereits seßhafter und weniger wanderlustig geworden. Auch Baumpflanzungen sehen wir und Gartenanlagen; wohlbestellte Felder erscheinen, kurz, die Umwandlung ist eine so eingreifende, daß der ursprüngliche Prairiecharakter oft nicht mehr zu erkennen ist. Die Linie, wo Himmel und Erde zusammenfließen, zeigt sich hier und da von kleinen Gehölzen, von Kirchthürmen und Häuserumrissen unterbrochen, und namentlich stoßen wir bei den Orten Great Bend, Newton und Florence auf Ansiedlungen, die in musterhafter Weise bewirthschaftet werden, und wir sehen Farmhäuser hinter den grünen Büschen hervorleuchten, die den sehnsüchtigen Wunsch in uns erregen, sie zu besitzen.

Die Eigenthümer dieser lachenden Kolonien sind Mennoniten, die, um mit ihren Satzungen und Anschauungen nicht in Widerspruch zu gerathen, bei Einführung der allgemeinen Wehrpflicht ihre heimathlichen Fluren in Rußland, Polen und Preußen aufgaben, den Wanderstab ergriffen und namentlich gegen das Jahr 1873 in großen Scharen nach Kansas kamen. Hier gründeten sie stattliche Niederlassungen, wie Gnadenau, Hoffnungsthal, Blumenfeld etc. Ihre Farmen umfaßten um das Jahr 1885 [156] bereits ein Gebiet von weit über 300 000 Acre. Die Mennoniten bilden zweifelsohne einen der gesündesten Bestandtheile der Bevölkerung des Staates Kansas.

Mennonitenfarm in Kansas.
Originalzeichnung von Rudolf Cronau.

Je weiter wir gen Osten kommen, desto häufiger werden die Stationen, die Städte. Da sind Emporia, Burlingame, Topeka, Valley Falls, Atchison und Lawrence, welch letztere Stadt wegen der dort beschlossenen Einführung der Temperenzgesetze für den Staat Kansas unter der deutschen Bevölkerung sich nicht gerade ein angenehmes Andenken erworben hat. Immer weiter geht’s durch blühende Gefilde, durch eine hochkultivierte Gegend, die man ihrer Fruchtbarkeit halber den „Golden Belt“, den „Goldenen Gürtel“ nennt, bis wir endlich in der überaus betriebsamen Stadt Kansas-City an den Ausgangspunkt der Atchison-Topeka-Santa Fé-Bahn und, zugleich an die Ostgrenze des Staates Kansas gelangt sind.