E. Marlitt’s „Zweite Frau“ katholisirt!
[354] E. Marlitt’s „Zweite Frau“ katholisirt! Aus Pernambuco erhalten wir von Herrn Th. Just die überraschende Nachricht, daß in dem Feuilleton des dort erscheinenden „Jornal do Recife“ nach einem in Portugal gedruckten Buche eine portugiesische Uebersetzung des Marlitt’schen Romans „Die zweite Frau“ mitgetheilt worden ist, welche an Unverschämtheit absichtlicher Verballhornisirung ihres Gleichen sucht. Die ganze Dichtung ist in ultramontanster Tendenz umgemodelt. Die Gräfin Juliane, spätere Baronin Mainau, wird als eifrige römische Katholikin dargestellt, während der Herzogin die Rolle einer streng pietistischen Protestantin zugetheilt und statt des jesuitischen Hofpredigers ein altlutherischer Hofrath ihr zur Seite gestellt wird. Daß den genialen Zögling Loyola’s bei dieser Umstülpung der Wahrheit die consequente Durchführung seiner verkehrten Charaktere arg mißglückt und der Dialog deshalb dem nachdenklichen Leser manche wunderliche Ueberraschung bereitet, diese Kleinigkeit kann dem frommen Ballhorn das Verdienst nicht verkürzen, ein neues Mittel für den heiligenden Zweck erfunden zu haben.