Ein Bataillon Frauen
[112] Ein Bataillon Frauen. Ein Augenzeuge gibt im Pariser „Moniteur de l’Armee“ folgende Schilderung des Heeres des Königs von Siam, der vielleicht nächstens in dem indisch-persischen Kriege eine Rolle spielen wird. Unter den verschiedenen Korps, aus denen das Heer Siam’s zusammengesetzt ist, fesselt Eines besonders die ganze Aufmerksamkeit des Fremden, nämlich das Bataillon Frauen, welches die Leibgarde des Königs bildet. Es besteht dieses Bataillon aus vierhundert Frauen, mit der möglichsten Sorgfalt aus den schönsten und rüstigsten jungen Mädchen des Landes gewählt. Dieses Korps ist ungewöhnlich reich besoldet und eben so vollkommen disziplinirt. Mit dem dreizehnten Jahre treten die weiblichen Gardisten in das Korps und gehören mit dem fünfundzwanzigsten zur Reserve. Dann verlassen sie den persönlichen Dienst des Souveräns und werden bis zu ihrem Hinscheiden als Hüter der königlichen Schlosser und Domänen verwandt. Beim Eintritt in’s Heer legen sie das Gelübde der Keuschheit ab, das sie nur dann brechen können, wenn sie vorn Könige ausersehen werden, unter die Zahl seiner gesetzmäßigen Weiber zu treten, was zuweilen stattfindet. Bei dieser Wahl läßt sich der König mehr von seinem Vortheile, als von seinen Gefühlen leiten: denn es fällt dieselbe nicht auf die schönsten, sondern auf diejenigen Frauen, die sich durch ihre Gewandtheit in der Handhabung der Waffen und in den kriegerischen Uebungen hervorthun. Natürlich hält die Hoffnung einer solchen auszeichnenden Belohnung in dem ganzen Bataillon einen ungewöhnlichen Wetteifer rege, – gerade eine Hauptursache, daß die Frauenschaar die Europäer durch ihr kriegerisches Auftreten, ihre Gewandtheit in allen Uebungen und ihre musterhafte Disziplin zur Bewunderung zwingt. Das Costüme dieser Frauen ist äußerst reich. Ihre Paradeuniform besteht aus einer weißen wollenen Robe von dem feinsten Stoffe und reich in Gold gestickt, die bis auf die Knie reicht. Darüber tragen sie ein leichtes, geschmeidiges Panzerhemd und zum Schutze des Oberkörpers einen vergoldeten Panzer; die Arme sind frei, um sie nicht in der Handhabung der Waffen zu hindern. Den Kopfschmuck dieser Kriegerinnen bildet ein schön geformter, vergoldeter Helm. In diesem Anzuge, der nur bei feierlichen Gelegenheiten, Hoffesten etc. getragen wird, sind sie einfach mit einer Lanze bewaffnet, die sie mit bewunderungswürdiger Geschicklichkeit führen, Ihr gewöhnliches Kostüme in einfacher, und dann besteht ihre Waffe in einer Flinte, die sie nicht minder geschult handhaben. Das Bataillon besteht aus vier Kompagnieen, jede zu hundert Frauen, unter dem Befehl Einer, welche Hauptmannsrang hat. sobald diese Letztere stirbt, versammelt sich ihre Kompagnie sofort zu dreitägigen Waffenübungen in Gegenwart des Königs, welcher die Fähigste und Geschickteste zu der Anführerstelle aus der ganzen Compagnie wählt. Seit fünf Jahren steht das Bataillon unter dem Oberbefehle einer Frau, welche im Jahre 1851 bei einer Tigerjagd dem Könige durch ihren persönlichen Muth und ihre Gewandtheit das Leben rettete. Sie genießt ein hohes Ansehen bei Hofe und hat die größte Autorität über ihre Gefährtinnen. Ihr Hausstand ist völlig dem eines Mitgliedes der königlichen Familie gleich, und zehn Elephanten sind ihrer Verfügung angewiesen. Keinen Feldzug unternimmt der König ohne Begleitung seiner weiblichen Leibgarde; er macht keine Jagdparthie, keinen Spaziergang, ohne von einer Abtheilung derselben begleitet zu sein, da die Ergebenheit der Leibgarde für seine Person eine grenzenlose ist. Jede Frau des Bataillons hat fünf Negerinnen zur Bedienung, braucht sich also gar nicht um ihren Haushalt, ihre Toilette zu kümmern, kann sich vielmehr ganz dem ruhmreichen Waffenwerke widmen.