Ein Besuch im großen Schuldgefängniß zu London

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
<<< >>>
Autor: N. N.
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Ein Besuch im großen Schuldgefängniß zu London
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 1, S. 6–7
Herausgeber: Ferdinand Stolle
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1855
Verlag: Verlag von Ernst Keil
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite


[6]
Ein Besuch im großen Schuldgefängniß zu London.

Es ist merkwürdig, daß ich wegen der Expedition nach der Krim auf die „Bank der Königin“ (wie man Queen’s Bench wörtlich übersetzen müßte), in’s große londoner Schuldgefängniß kam, freilich, Gott sei Dank, weder als Schuldner, noch als Gläubiger, sondern nur als neugieriger Besucher und als Freund eines Lordssohnes, der vom Papa jährlich blos 6000 Pfund (über 40,000 Thaler) Taschengeld bekam und sich daher genöthigt gesehen hatte, jedes Jahr noch zwischen 10 und 20,000 Thaler Schulden zu machen. Also wir wanderten eines schönen londoner November-Nachmittags, d. h. durch eben so dicken Nebel um uns, als Schmutz unter uns, durch das übliche Gedränge und betäubende Rasseln und Knattern von Menschen und Wagen vermittelst der Waterloobrücke über die Themse hinüber und hinunter in das jenseitige oder Surrey-London, wo Alles noch viel rauchiger und schmieriger, noch viel arbeits- und fabrikgrauer, noch viel sorgenvoller und emsiger aussieht, als in dem London diesseits der Themse. Hinunter die lange breite Waterloostraße vor Eisenbahnhöfen, zwei Theatern vorbei mit einem „Magdalenenstift" in der Mitte bis zum Obelisken und der Blindenanstalt hinunter, von wo wir neulich schon einmal eine Expedition links ab nach Bedlam machten. Diesmal wenden wir uns rechts nach dem von fünf Straßen gebildeten großen Vieleck, in dessen Mitte sich das größte Hotel Londons, dieses Schuldgefängniß, wie ein Schloß erhebt mit einem großen luftigen Spielplatze, groß genug, um ein Regiment Soldaten darin exerciren zu lassen. Die einfache Antwort auf die einfache Frage, wen wir besuchen wollten, verschaffte uns ohne alle Schwierigkeiten Eintritt durch das große eiserne Thor in den großen luftigen Vorhof. Ueber 1000 anständige Fenster blickten ganz harmlos, als kennten sie keine Sorge hinter ihren Scheiben, auf eine Menge spielende und lärmende Gruppen herab. Sie spielten Cricket und Rocket (mit Bällen und Keulen) und thaten dabei so ausgelassen, als wären sie Gymnasiasten oder Studenten in Freistunden, freilich die dicken Bäuche und Backenbärte, die verschmitzten Gesichter, aus deren Physiognomieen die Ströme und Stürme und Zuckungen und Leidenschaften des modernen Geschäftslebens die ächte Schminke der Jugend und ihrer freudig pulsirenden Psyche weggeleckt und verwaschen und hier und da mit häßlichen Furchen durchwühlt hatten, das ehrliche und tragische Unglück, das fest auf den Stirnen einzelner, einsam hin- und herwandernder Spaziergänger saß, eifrige Zwiegespräche in diesem und jenem Winkel, stilles Brüten und in die Luft starren, um darin Mittel und Moneten ausfindig zu machen, weinende Weiber und Kinder, die immer wieder umkehrten, um noch einmal und noch einmal Abschied zu nehmen, eifrig herbeieilende Boten, deren Evangelien schmerzliche oder wüthende Convulsionen auf den Gesichtern hervorriefen – dies Alles erzählte ausführlich und deutlich genug, daß hier die Freude und die Hoffnung und das Glück nur Gäste waren und sich vor Thorschluß entfernen mußten, wie wir. Uebrigens behielt ich nicht viel Zeit, weitere Studien unter den etwa 1500 Bewohnern dieses Hotels (das nur noch etwa 300 Zimmer zu vermiethen hatte, während früher oft über die Hälfte leer standen) zu machen, da ich bald unserm neuen Freunde, dem Lordssohne vorgestellt ward und dieser uns durch seinen gefangenen Löwengrimm und seine gastronomischen Vorstellungen, Weine verschiedener Art, Geflügel, Pasteten, Eingemachtes, Gebratenes, Geräuchertes, Geschmortes und Gebackenes aller Art ausschließlich in Anspruch nahm.

Um hier gleich von vorn herein einem Vorwurfe zu begegnen, als wollt’ ich mit der Freundschaft eines Lords leuchten, versichere ich, daß darin gar nichts Schmeichelhaftes für mich liegt. Ich weiß es, daß ich, wie drei Viertel der übrigen Menschheit in den Augen meines hochgebornen Freundes wohl kaum als ein überhaupt nur Geborner, geschweige als ein Ebenbürtiger angesehen werde. Der junge Lord wollte überhaupt nur Leute um sich sehen, um nicht gegen die leeren Wände zu toben und nicht allein zu essen und zu trinken. Die „Ebenbürtigen“ waren alle weit fort und liegen theils elendiglich verwundet oder begraben bei Varna, Balaklava und Scutari. So war es mehr ein Zufall, daß ein Engländer, den ich übrigens im Verdacht habe, daß er dem jungen Lord nicht einmal umsonst Freunde zuschleppt, mich einlud, dem gefangenen Löwen die Zeit vertreiben zu helfen. Ich wußte, daß dies keine ehrenvolle Rolle ist, ging aber doch mit, theils um das berühmte Hotel einmal anzusehen, theils einen gefangenen deutschen Bekannten aufzusuchen.

Und dann hat ja der schuldgefangene Sebastopolstürmer auch so etwas Charakteristisches und Romantisches in seiner Lage. Man bedenke nur, daß ihn sein eigener, leiblicher, im Oberhause sitzender Vater in’s Schuldgefängniß sperren ließ, freilich nicht um schnöder Geldforderungen willen (da er zuletzt immer die Extraläpperschulden des Sohnes von 10–20,000 Thalern jährlich bezahlt), sondern als zärtlichster der Väter, der den jungen Löwen nicht dem Kampfe der „westlichen Civilisation“ geopfert wissen wollte. Der junge Lord (ein zweiter Sohn, denen man in der Regel gute Offizierstellen kauft, um sie für den Mangel der erbenden Erstgeburt zu entschädigen) hatte die ingrimmigste Begeisterung für den Krieg gegen Rußland verrathen, und da er, wie ich selbst sah, auch gefangen sich als den rücksichtslosesten, edeln Hitzkopf zeigte, konnte ich mir seinen tragikomischen Fall und die väterliche Barbarei aus Liebe sehr gut erklären. „Der Junge läuft mir in die erste russische Kanone, die er zu sehen bekommt,“ hatte der alte Lord gesagt und sich vergebens bemüht, ihn zum Verkaufe seiner Offizierstelle zu überreden. Im Gegentheil hatte diese Zumuthung das edele, kriegerische Feuer in dem jungen, nobeln Hitzkopfe noch mehr aufgeblasen, sodaß Vater, Mutter und Geschwister ihn schon im Voraus als Todten beweinten. Da half nun nichts, es mußten Mittel gefunden werden, das Leben des zärtlich geliebten, schönen Wildfangs zu retten. Und so fand sich der Orient, der ihm den Tod drohte, umgekehrt, dem Sohne westlicher Civilisation das Leben zu sichern. Der alte Lord war nämlich zu einem reichen Juden gegangen, der geschäftlich als Freund in der Noth reichen Jungen bekannt war.

„Wie viel ist Ihnen mein Sohn schuldig?“ –

„O, ’ne Kleinigkeit, blos 5000 Pfund, der Herr Sohn haben Credit bei mir auf 10,000 Pfund.“

„Das ist Thorheit. Ich bezahle keinen Forthing mehr für ihn. Suchen Sie zunächst nur Ihre 5000 Pfund zu bekommen, denn da er mit nach der Krim geht und in seiner Hitze sich jedenfalls todtschießen läßt, werden Sie Vorsicht nöthig haben.“

„Was soll ich thun gegen so ’n einflußreichen jungen Offizier?“ –

„Sie lassen ihn ohne Weiteres arretiren, wozu Sie ohne Umstände berechtigt sind, da mein Sohn erwiesener Maßen im Begriff ist, das Land zu verlassen. Die Kosten des Verhaftsbefehles und der sonstigen Proceduren werd’ ich tragen.“ –

Und kurz und gut, so ließ der Vater seinen Sohn einsperren und so saß er mit uns an einer wohlgefüllten Tafel und aß und trank und schimpfte und tobte über die Liebe seines Vaters zu ihm und die Liebe Aberdeen’s zu Rußland und über den von Varna her verpfuschten Feldzug und über die entehrenden Beschränkungen, denen er hier, wie jeder andere gemeine Sterbliche unterworfen sei, und dabei goß er ein Glas starken Portwein nach dem andern hinunter, und hieb mit einer wahren Wuth ein Stück Fleisch nach dem andern von einer mächtigen Rindskeule ab, als bestände jede Faser aus einem Russen, und dabei war er im Grunde doch ganz glücklich über die List, mit welcher es ihm vermittelst seines Dieners gelungen war, die halbe Flasche Wein, die jedem Bewohner des Schuldgefängnisses täglich gestattet war, oft auf 10 Flaschen zu erhöhen, und glücklich über uns, daß wir ihm nur zuhörten und ihn der Qual überhoben, allein zu fluchen und dazu zu essen und zu trinken.

Das Gesetz, welches die spirituösen Erquickungen für jeden Bewohner auf das Maximum einer halben Flasche Wein täglich herabsetzt, ist noch neu. Früher war das Schuldgefängniß oft nichts Besseres, als eine Liederlichkeits-, Trink- und Spielherberge. Kartenspiel ist streng verboten, eben so der Besuch von Damen über Nacht. Daß alle diese Gesetze in der Regel, wenigstens in allen Fällen, wo Geld genug dahinter steckt, übertreten werden, versteht sich von selbst. Die Strafe besteht nach jeder erwiesenen Uebertretung in Einsperrung in den „strong room“ (wörtlich: [7] starkes Zimmer), eine kleine, dunkle Gefängnißzelle, auf Stunden, Tage und Wochen, je nach der Größe und Wiederholung des Vergehens. Unser Lord, der drei ganz fürstlich eingerichtete Zimmer bewohnte, verschaffte sich den ungesetzlichen Wein auf folgende Weise. Sein Diener holte sich jeden Morgen von 12–20 ärmeren Mitgefangenen Ordres auf je eine halbe Flasche Wein und kam damit jeden andern Morgen am Thore der Controle an, wo er für jede Flasche einen Kunden angab. Die Controleurs lächeln, da dem Gesetze Genüge geschehen, und lassen ihn jeden Morgen direct mit dem schweren Flaschenkorbe zu seinem Herrn marschiren. Da der Lord auch jede Nacht Karte spielt und nie mit einem Spiele zweimal, bringt der Diener auch jeden Morgen ein funkelnagelneues Kartenspiel mit. Jeden Morgen wurde gefragt, zu welchem Zwecke er es mitbringe. Jeden Morgen antwortete er, daß der junge Lord Bilder und Gemälde liebe, und er sich diese Kunstproducte mit Muße besehen wolle. Auch das genügt, da das Gesetz zwar Kartenspiel verbietet, aber nicht das Studium schöner Künste. Und da das schöne Geschlecht den Tag über bis 10 Uhr Abends ungehindert Zutritt findet, fehlt es nie an theilnehmenden, zarten Seelen, am Wenigsten dem gefangenen, jungen Löwen. Wer hier Geld hat, genießt alle Freuden des Lebens ohne dessen Sorgen, nur mit Ausnahme des Privilegiums, das ziemlich weite Bereich der äußern Mauern nach Belieben verlassen zu können. Das gilt wenigstens ganz wörtlich von Denen, und zwar ziemlich Vielen, die beschlossen haben, nie ihre Schulden zu bezahlen, sondern hier ihr Leben zu beschließen. So zeigte man mir unter den Cricketspielern einen alten, blühenden, kahlköpfigen, lustigen Gentleman, der wegen 120,000 Pfund Sterling schon seit 12 Jahren „saß“ und nur manchmal besorgt war, daß seine Frau die Gläubiger beschwichtigen und ihn so aus seinem Paradiese herausholen könne. Es gäbe keinen größern Unsinn, soll er gewöhnlich sagen, als seine Schulden zu bezahlen, da man damit nur Geld durchbringe, sein Vermögen aber gerade recht hübsch für ihn und seine Familie hinreiche, um es bis zu einem anständigen Grabe zu bringen.

Jeder, der als Bewohner nach Queen’s Bench gebracht wird, kann sich unter den leer stehenden Zimmern eins aussuchen und gegen wöchentliche Bezahlung (5 bis 15 Schillinge für eins) miethen und ganz nach seinem Belieben und seinen Mitteln sich Essen und Trinken, Kleider, Bücher u. s. w. entweder bringen oder holen lassen oder in dem Hotel des Gefängnisses speisen oder sein eigener Koch sein. Es wohnt denn eben Jeder Chambre garni, natürlich kann er sich auch leere Zimmer nehmen und sie nach seinem Geschmacke selbst ausmöbliren.

Aber die Schiffbrüchigen des Geschäfts und der Zahlungsverpflichtungen ohne Mittel? Das ist freilich schlimm. Wer ohne Mittel in’s Schuldgefängniß kommt, wird noch mehr über die Achsel angesehen, als der Mittellose im freien Leben Englands. Er gilt für einen Pinsel, muß mit 3–4 andern Pinseln zusammenwohnen und essen und trinken, was ihm die Schuldgefängnißregierung vorsetzt. Doch hungern braucht er dabei auch nicht, er bekommt sogar täglich sein Bier und jede Woche dreimal Fleisch, welches Sonntags gebraten ist. Das klingt den Umständen nach ganz human. Aber bei alle der Lustigkeit, die um mich her rauschte und lärmte, bemerkte ich doch Viele, denen die pure Verzweiflung auf der Stirn stand, sah ich doch mit Entsetzen leibhaftig die furchtbare Barbarei, welche hier noch Jeden, der seinen Gläubiger nicht befriedigen konnte, zeitlebens zum Gefangenen desselben macht. Oft handelt es sich nur um eine Kleinigkeit, die aber der Unglückliche um so weniger auftreiben kann, als ihm die geraubte persönliche Freiheit jede Möglichkeit dazu abschneidet. Die Barbarei ist um so größer, weil in den modernen, complicirten Geschäfts-, Productions- und Handelsverhältnissen die Schuld von Insolvenzen oft ganz außerhalb der Berechnung des Einzelnen, oft sogar in ferne, faule politische und diplomatische Verhältnisse fällt. Zwar giebt es eine Vorhölle zu Queen’s Bench, den großen Saal in der City, „White Cross“ (weißes Kreuz) genannt, wo oft Hunderte von Candidaten des Schuldgefängnisses vorläufig zusammensitzen, bis über die Art ihrer Insolvenz und ihrer Bankerotte entschieden ist. Der Gefangene, der hier genau nachweisen kann, daß seine Zahlungsunfähigkeit ganz außer seiner Schuld liegt, wird freigelassen, muthwillige, fahrlässige und betrügliche Bankerotts müssen zum Theil durch lange „harte Arbeit“ in besondern Gefängnissen gebüßt werden. Aber wie oft kann die Schuldlosigkeit nicht gerichtlich nachgewiesen werden? Wie oft kommt die Unschuld erst an den Tag, wenn die ganze bürgerliche Existenz des Gefangenen ruinirt ist! Der Deutsche, den ich besuchte, erzählte mir einen wahrhaft entsetzlichen Fall.

Ein Franzose war nach dem zweiten December Napoleon’s mit seiner jungen Frau nach London geflüchtet. Hier hatte er einen Jugendfreund aus Paris in dem größten Elend gefunden und ihn zu sich in’s Haus genommen, ihn gekleidet, gepflegt und behandelt, wie es nur ein großmüthiger Freund kann. Er war großmüthig, denn er behielt ihn auch noch bei sich, nachdem er ihn erst zart, dann entschieden wegen der Freiheiten, die er sich gegen seine junge Frau erlaubte, hatte zur Rede stellen müssen. Eines Morgens nun läuft der Großmüthige plötzlich in die Arme zweier Policemen, die einen Verhaftsbefehl gegen ihn vorzeigen und ihn in’s Schuldgefängniß bringen. Hier wird ihm mitgetheilt, daß er dem bei ihm wohnenden Franzosen so und so viel Geld schuldig sei, und dieser eidlich und durch Zeugen erklärt habe, daß er sich seiner Verpflichtung durch Verlassen des Landes entziehen wolle. Der Mann, anfangs fast sprachlos vor Erstaunen, bittet und beschwört, daß man die Sache sofort untersuchen möge, hier müsse ein absoluter Irrthum zu Grunde liegen. Man weist ihn kaltblütig auf die übliche Praxis hin, nach welcher er warten müsse, bis die Reihe an ihn komme und schließt ihn mit den Andern in den großen Saal von White Cross ein. Wie er an die Reihe kam, war sein Ankläger nicht da, sodaß er bis zu einem zweiten Termine warten mußte. Da endlich stellt sich heraus, daß der gepflegte Freund, nachdem er alle dessen Sachen bis auf das letzte Stück verkauft, mit dessen Frau London verlassen habe. – Ich bemerke hier, daß auch die englische Habeas-Corpus-Akte ihre Löcher hat. Erstens schützt sie den Ausländer viel weniger, als den englischen Bürger und auch letztern nicht, wenn es gelingt, einen absoluten Verhaftsbefehl gegen ihn zu bekommen. Dieser wird aber in solchen Fällen, wo der angebliche Gläubiger nachweisen kann (durch Eid oder Zeugen), daß der Schuldner das Land verlassen wolle, gegeben. Stellen sich hinterher auch Eid und Zeugen als falsch heraus, hilft dies natürlich dem Opfer nichts mehr.

Nur noch ein Wort über meinen Besuch bei dem deutschen Bewohner des Queen’s Bench. Er war Public-house-Wirth (Besitzer eines Bierlokals u. s. w.), gewesen und saß nun hier mit ein Paar Dutzend englischen Collegen, die mehr Bier losgeworden waren, als ihren Kassen und Verpflichtungen lieb war. Er zumal, als ein lustiger, sanguinischer Herr, hatte einer Masse Gästen, die sich alle militärisch titulirten (mit „Capitain“ als dem niedrigsten Grade) die Rechnungen ellenlang wachsen lassen, da die erwarteten Summen von den großen Gütern in allen Gegenden Europa’s nicht immer zu rechter Zeit, in der Regel sogar zu gar keiner Zeit ankamen, wie ihre Güter auch auf gar keinem irdischen Fleck Erde lagen. Obgleich er nun die Rechnung niemals ohne den Wirth gemacht hatte, da er immer dieser selbst war, wohnte er nun doch plötzlich hier in Queen’s Bench sehr viel Treppen hoch für 5 Schillinge wöchentlich mit einer sehr schönen Aussicht auf unbegrenzten Rauch, aus dem nach allen Seiten Schornsteine schwarzgrau und entsetzlich von Gestalt hervorragten, und befand sich den Umständen nach ganz wohl, zumal da er mit dem jungen gefangenen Löwen von Lordssohn fortwährend auf die heiterste Weise alle Hausgesetze übertrat. Jetzt kann er das freilich nicht mehr, denn erst vor einigen Tagen begegnete ich ihm in dem Paradiese aller höhern Pflastertreter Londons, der Regent-street, als dem freiesten Manne.