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Ein Winteridyll im Hochgebirg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
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Autor: R. H. Greinz
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Titel: Ein Winteridyll im Hochgebirg
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 52, S. 885, 892
Herausgeber: Adolf Kröner
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1896
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originaltitel:
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[885]

Ein Winteridyll im Hochgebirg.
Nach Bildern von C. Staud und E. Rau.

[891] Ein Winteridyll im Hochgebirg. (Zu dem Bilde S. 885.) Frau Holle hat ihr Federbett ausgeschüttelt. Der Winter liegt über Berg und Thal. Hoch in den blauen klaren Himmel ragen die beschneiten Gipfel der Bergriesen. Die Aeste der Waldbäume krachen unter der weißen Last. Da und dort lugt ein Stück Wild scheu aus dem Walde oder naht sich gar neugierig den menschlichen Wohnungen. Friedsames Schweigen überall. Das Hochgcbirg schaut in seinem blühweißen Festgewand noch viel feierlicher und majestätischer aus als in dem abwechslungsreichen Grün der Wälder und den verschiedenen Farbenschatiierungen der Felspartien, die nun auch ihre Uniform erhalten haben. Weiter hinaus über Wald und Felsen ragt in der Ferne manch glänzender Zacken. Das sind die in ewigem Eis und Schnee starrenden Firne.

Das Leben im Gebirg spielt sich während des Winters in ziemlich engen Kreisen ab. Wenn die „Manderleut’“ nicht gerade auf Holzarbeit draußen sind oder mit dem Stutzen über der Achsel einem fetten Braten im Hochwald nachspüren, dann liegen sie in der „bacherlwarm“ geheizten Stube auf der Ofenbank und qualmen aus ihren kurzen Pfeifen, daß die Luft „zum Schneiden“ dick ist. Die Weiber haben in Küche und Stall oder am Spinnrocken zu thun. Abends setzt es dann meistens einen gemütlichen „Hoamgart“ ab. Ein lustiger Bua stimmt die Zither und läßt einen „Hopserischen“ (Polka) oder „Schiaberischen“ (Walzer) los. Ja, von solch einem weltabgeschiedenen Winteridyll im Hochgebirg lassen sich unsere nervösen Städter in ihren prunkvollen Musentempeln, Konzert- und Ballsälen nichts träumen. Und doch wäre es für manchen ein wahres Nervenbad, einmal längere Zeit von der ganzen Welt nichts zu wissen, als was das Wochenblättlein oder der gar nur alle vierzehn Tage erscheinende „Pilger“ in die Einsamkeit bringt.

Ein solches echtes Winteridyll zeigt unser Bild mit dem verschneiten Einödhof. Weihnachten ist vorüber. Das neue Jahr steht vor der Thür. Es ist ein weiter Weg bis zu dem abgelegenen Gehöft hinauf. Der kecke lebfrische Bua, der bei der Tochter vom Haus im Stubenerker sitzt, hat heute tüchtige Steigeisen anlegen müssen, damit er auf dem steilen und schlüpfrigen Waldpfad nicht bei jedem Schritt vorwärts zwei Schritte zurück rutschte. Ließ es sich aber doch nicht verdrießen, der Seppl, dem Moidai am Sylvestertag noch einen Besuch abzustatten, damit das alte Jahr fröhlich ende und das neue noch besser anhebe! Die beiden Brüder des Moidai und der Knecht sind heute ins Holz. Die Jungdirn muß im Stall den Kühen frische Streu unterbreiten und der alte Bauer ist gar mit seinem Vorderlader ausgerückt, um den Fuchs abzupassen, der der Bäurin neulich die beiden besten „Legerinnen durch hat“. Die Bäurin hantiert in der „Kuchel“ herum und wärmt für den Seppl „a Schalerl Kaffee“; denn er ist „soviel a feiner Bua, der Seppl“. Mit dem Spinnen wird’s bei dem Moidai heute wohl gute Weile haben. Sie muß ja immer wieder horchen, was der Seppl „Neu’s verzählt“. Was sich zwischen den zwei jungen Herzen spinnt, das wollen wir nicht verraten. Vielleicht bekommt der Pfarrer schon auf Dreikönig ein neues Brautpaar zu verkünden. …

Draußen kräuselt sich der Rauch aus dem Kamin des einsamen Bauernhofes und verfliegt über den hohen Fichten und Tannen am Waldrand. Friede ringsum, über Berg und Schnee und Wald der ewige Himmel. Ein leichter Wind zieht durch die Bäume, von fernher auf der Wanderschaft und fernhin eilend. Und es ist, als ob er die Botschaft brächte mit leisem Rauschen … Ewigkeit im Himmel ist – Jahreswend’ auf Erden. … R. H. Greinz.