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Ein sehr kurtzweilige vnd hochnutzliche Fabel / von der Tyranney

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Textdaten
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Autor: unbekannt
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Titel: Ein sehr kurtzweilige vnd hochnutzliche Fabel / von der Tyranney
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Herausgeber: Schnell, Bartholomäus (der Ältere)
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Erscheinungsdatum: 1618
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Erscheinungsort: Hohenems
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Quelle: im VD17 unter der Nummer 1:089071A
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Ein sehr kurtzweilige vnd hochnutzliche Fabel /
von der
Tyranney.



          Innhalt.

Die Fabel redt von Tyranney:
     Zeigt / wie es so gefährlich sey /
     Bey Hoff zureden außher frey.


DEr Löw / als aller Thier ein König /
     Hielt etlich seiner Räht argwönig /
Vnd meint er hett vrsach genug /
     Daß er sie straffen möcht mit fug:
Gedacht allein / wie ers angriff /
     Daß ihm derselben keinr entlüff:
Besorgte / mach er ein Proceß /
     Sie möchten sich außreden / deß /
Was er bring wider sie auff oban:
     Drumb griff er sein sach also an:
Weyl an der zahl waren nur drey /
     Da Wolff der erst war an der Reyh /
Dann der Esel / zu letst der Fux /
     Ließ er sie all drey bscheiden flux /
Bey Hoff sich gsambt zustellen eyn:
     Vnd gab der sach ein solchen schein:
Wie ihm fürkom ein handel schwer /
     Da er ihrs Rahts nottürfftig wer.
Als sie nun kamen zu der stett /
     Vnd er sie wol empfangen het:
Wußt / daß sein Höle vbel stunck:
     Fragt er den Wolff / was ihn bedunck /
Von seinem Köngklichen Pallast?
     Den Wolff sein zung bald überrast:
Besorgte sich keiner gefaar /
     Vnd sprach: Herr König es ist waar /
Schön vnd zierlich ist der Pallast:
     Allein dunckt mich / er stinck zu fast!
Vnd eh er recht besah das ort /
     Faßt ihn der Löw bey disem wort.
Sprach: Schmähest mich in meinem Hauß /
     Was thust / wann ich dich ließ darauß?
Zerriß in stracks in seinem Grimm.
     Vnd wendt zum Esel seine Stimm.
Sag: wie gefallt dann dir mein Hoff?
     Der Esel / den die forcht betroff /
Antwortet. Herr / wie mich bedeucht /
     In ewerm Sal es lieblich reucht.
Meint ihm solt nit gehn wie dem Wolff.
     Doch aber ihn solchs wenig holff.
Dann zornig fuhr ihn an der Lew.
     Esel / du bist mir nit getrew:
Was mir der Wolff zu vil gesagt;
     Sagstu zu wenig / als verzagt:
Dein schmeichlerey / vnd deß Wolffs trutz /
     Schaffet euch beiden gleichen nutz!
Der Löw den Esel auch zerriss.
     Fuchs gdacht zuhalten sein gebiss /
Als ihn der König auch gefragt:
     Sprach er: Mein Herr / der schnupp mich plagt /
Daß ich rieche keinen geruch:
     Vnd manglet mir jetz mein schnupthuch /

Welchs in der eyl ich ließ dahinden.
     Der Löw meint auch vrsach zufinden /
Daß er erhaschen köndt den Fuchs.
     Sagt: Du bist vrsach deß Geruchs /
Durch deinen schnupp / welcher duchloff /
     Mit seinem gstanck den gantzen Hoff.
Herr König / sprach der Fuchs in eyl /
     Daß euch der zorn nit übereyl:
Laßt mich vorlangen mein schnuppthuch;
     Alsdann erkennet den Geruch.
Der König gab ihm dessen fug.
     Der Fuchs braucht schnell disen betrug:
Vnd bracht der Füchßin vnderthuch.
     Der Löw sprach: pfuy dich der Geruch
Ist ärger / dann meins Hoffs gestanck:
     Nit fählen kans / du bist Todt Kranck /
Oder dein Hauß ist angesteckt.
     Daß nun mein Hoff bleib vnbesteckt /
Fahr hin: Komm wider zu der stund /
     Alsbaldt du wider bist gesund:
Daß ich mit dir / an statt dern beeden /
     Mich mög nach notturfft vnderreden.
Der Fuchs / dem sein list wol erschossen /
     Merckte gar leichtlich disen possen:
Daß ihn der Löw auch fressen wölte /
     Wenn er sich bey ihm gsund eynstölte:
Bedanckte sich / vnd macht angends
     Ein demütige Reverentz:
Nam seinen abschid von dem Hoff.
     Doch ihn der Löw nie mehr antroff;
     Dann er in sicherheit verschloff.





Erinnerung auß der Fabel.


     WO Tyranney nimt überhand /
     Findt Gricht vnd Recht
          nit mehr bestand:
     Sonder Gewalt / List vnd Betrug /

     Mit falschen schein / hat den vorzug!
Wer d'Warheit redt komt in gefahr:
     Ja offt wol vmb das Leben gar.
Wirdt dann gebraucht die schmeichelkunst:
     So findt sie doch auch kleine gunst:
Sonder man nimt daher erst schein /
     Dich zbringen auch in gfahr vnd pein.
Vnd hilfft da nichts / es muß hindurch:
     Gleich wie der pflug macht eine furch.
Vnd geht alsdann an solchem ort /
     Wie man waar sagt in eim sprichwort:
Daß der / der schlagen wolt einen Hund /
     Gar bald auch einen Bengel fund:
Vnd da man schon nit ursach gab /
     Nam man sie von eim zaun herab.
Derhalben klug der billich heißt /
     Der sich herauß zuwicklen weißt.
Jedoch wie klug er immer ist /
     So braucht es noch all ränck vnd list.
Vnd wirdt noch gfragt: ob man hab fug /
     Gfahr abzuwenden mit betrug?
Zwar mancher ist der solches glaubt /
     Der darfur halt es sey erlaubt.
Ich setz an sein ort wie dem sey.
     Doch aber findt sich das darbey /
Daß der gstalt der Warheit sich muß leyden:
     Welchs doch ein jeder Christ solt meyden.
Das best ist: Wer Hoff nit muß seyn /
     Daß keiner sich selbs tringe eyn:
So bleibt er sicher vnd wol frey /
     Für solcher gfahr vnd Tyranney.
Wer aber je / nach dem Beruff /
     Darzu ihn sein Gott selbst erschuff /
Muß seyn bey Hoff / im Raht im Gricht /
(Ohn welches sonst die welt bstünd nicht)
Der setz auff Gott sein zuversicht:
     Vnd bleib getrew / in seiner pflicht /
An Gott / vnd seiner Obrigkeit:
     Liebe das Recht / vnd die Warheit:
Vnd sey in allem thun beflissen /
     Das er behalt ein gut Gewissen.
Komt dann schon widerwertigkeit /
     Gleich selbsten von der Obrigkeit:
Die etwan dein Trew nit erkennt.
     Oder wirst von der Welt angrennt:
Die dich verlestert vnd verkleint /
     Die anderst redt / vnds anderst meint:
Vnd man drauff (ob man schon nit sicht
     Ins Hertz) gleichwol ein Vrtel spricht.
Oder was sonsten Gott verhengt /
     Daß du mit Creütz wirst angesprengt.
So wirdt jedoch dir Gott beystahn /
     Dein Ehr retten vor jederman /
Vnd dir helffen auß aller gfahr /
     Gott geb / wie dir bestellet war:
Dich segnen / vnd nach disem Leben /
     Das Ewig dir zur bkrönung geben.

M.  G.
Getruckt im Gräflichen Marckt Embs / bey Bartholome Schnell /
A N N O,   M. LC. XVIII.