Die Wiedergabe folgt in der Schreibweise der Vorlage.
Abkürzungen sind aufgelöst.
Überschriebene e über den Vokalen a, o und u werden als moderne Umlaute transkribiert.
Ein sehr kurtzweilige vnd hochnutzliche Fabel /
von der
Tyranney.
Innhalt.
Die Fabel redt von Tyranney:
Zeigt / wie es so gefährlich sey /
Bey Hoff zureden außher frey.
DEr Löw / als aller Thier ein König /
Hielt etlich seiner Räht argwönig /
Vnd meint er hett vrsach genug /
Daß er sie straffen möcht mit fug:
Gedacht allein / wie ers angriff /
Daß ihm derselben keinr entlüff:
Besorgte / mach er ein Proceß /
Sie möchten sich außreden / deß /
Was er bring wider sie auff oban:
Drumb griff er sein sach also an:
Weyl an der zahl waren nur drey /
Da Wolff der erst war an der Reyh /
Dann der Esel / zu letst der Fux /
Ließ er sie all drey bscheiden flux /
Bey Hoff sich gsambt zustellen eyn:
Vnd gab der sach ein solchen schein:
Wie ihm fürkom ein handel schwer /
Da er ihrs Rahts nottürfftig wer.
Als sie nun kamen zu der stett /
Vnd er sie wol empfangen het:
Wußt / daß sein Höle vbel stunck:
Fragt er den Wolff / was ihn bedunck /
Von seinem Köngklichen Pallast?
Den Wolff sein zung bald überrast:
Besorgte sich keiner gefaar /
Vnd sprach: Herr König es ist waar /
Schön vnd zierlich ist der Pallast:
Allein dunckt mich / er stinck zu fast!
Vnd eh er recht besah das ort /
Faßt ihn der Löw bey disem wort.
Sprach: Schmähest mich in meinem Hauß /
Was thust / wann ich dich ließ darauß?
Zerriß in stracks in seinem Grimm.
Vnd wendt zum Esel seine Stimm.
Sag: wie gefallt dann dir mein Hoff?
Der Esel / den die forcht betroff /
Antwortet. Herr / wie mich bedeucht /
In ewerm Sal es lieblich reucht.
Meint ihm solt nit gehn wie dem Wolff.
Doch aber ihn solchs wenig holff.
Dann zornig fuhr ihn an der Lew.
Esel / du bist mir nit getrew:
Was mir der Wolff zu vil gesagt;
Sagstu zu wenig / als verzagt:
Dein schmeichlerey / vnd deß Wolffs trutz /
Schaffet euch beiden gleichen nutz!
Der Löw den Esel auch zerriss.
Fuchs gdacht zuhalten sein gebiss /
Als ihn der König auch gefragt:
Sprach er: Mein Herr / der schnupp mich plagt /
Daß ich rieche keinen geruch:
Vnd manglet mir jetz mein schnupthuch /
Welchs in der eyl ich ließ dahinden.
Der Löw meint auch vrsach zufinden /
Daß er erhaschen köndt den Fuchs.
Sagt: Du bist vrsach deß Geruchs /
Durch deinen schnupp / welcher duchloff /
Mit seinem gstanck den gantzen Hoff.
Herr König / sprach der Fuchs in eyl /
Daß euch der zorn nit übereyl:
Laßt mich vorlangen mein schnuppthuch;
Alsdann erkennet den Geruch.
Der König gab ihm dessen fug.
Der Fuchs braucht schnell disen betrug:
Vnd bracht der Füchßin vnderthuch.
Der Löw sprach: pfuy dich der Geruch
Ist ärger / dann meins Hoffs gestanck:
Nit fählen kans / du bist Todt Kranck /
Oder dein Hauß ist angesteckt.
Daß nun mein Hoff bleib vnbesteckt /
Fahr hin: Komm wider zu der stund /
Alsbaldt du wider bist gesund:
Daß ich mit dir / an statt dern beeden /
Mich mög nach notturfft vnderreden.
Der Fuchs / dem sein list wol erschossen /
Merckte gar leichtlich disen possen:
Daß ihn der Löw auch fressen wölte /
Wenn er sich bey ihm gsund eynstölte:
Bedanckte sich / vnd macht angends
Ein demütige Reverentz:
Nam seinen abschid von dem Hoff.
Doch ihn der Löw nie mehr antroff;
Dann er in sicherheit verschloff.
Erinnerung auß der Fabel.
WO Tyranney nimt überhand /
Findt Gricht vnd Recht
nit mehr bestand:
Sonder Gewalt / List vnd Betrug /
Mit falschen schein / hat den vorzug!
Wer d'Warheit redt komt in gefahr:
Ja offt wol vmb das Leben gar.
Wirdt dann gebraucht die schmeichelkunst:
So findt sie doch auch kleine gunst:
Sonder man nimt daher erst schein /
Dich zbringen auch in gfahr vnd pein.
Vnd hilfft da nichts / es muß hindurch:
Gleich wie der pflug macht eine furch.
Vnd geht alsdann an solchem ort /
Wie man waar sagt in eim sprichwort:
Daß der / der schlagen wolt einen Hund /
Gar bald auch einen Bengel fund:
Vnd da man schon nit ursach gab /
Nam man sie von eim zaun herab.
Derhalben klug der billich heißt /
Der sich herauß zuwicklen weißt.
Jedoch wie klug er immer ist /
So braucht es noch all ränck vnd list.
Vnd wirdt noch gfragt: ob man hab fug /
Gfahr abzuwenden mit betrug?
Zwar mancher ist der solches glaubt /
Der darfur halt es sey erlaubt.
Ich setz an sein ort wie dem sey.
Doch aber findt sich das darbey /
Daß der gstalt der Warheit sich muß leyden:
Welchs doch ein jeder Christ solt meyden.
Das best ist: Wer Hoff nit muß seyn /
Daß keiner sich selbs tringe eyn:
So bleibt er sicher vnd wol frey /
Für solcher gfahr vnd Tyranney.
Wer aber je / nach dem Beruff /
Darzu ihn sein Gott selbst erschuff /
Muß seyn bey Hoff / im Raht im Gricht /
(Ohn welches sonst die welt bstünd nicht)
Der setz auff Gott sein zuversicht:
Vnd bleib getrew / in seiner pflicht /
An Gott / vnd seiner Obrigkeit:
Liebe das Recht / vnd die Warheit:
Vnd sey in allem thun beflissen /
Das er behalt ein gut Gewissen.
Komt dann schon widerwertigkeit /
Gleich selbsten von der Obrigkeit:
Die etwan dein Trew nit erkennt.
Oder wirst von der Welt angrennt:
Die dich verlestert vnd verkleint /
Die anderst redt / vnds anderst meint:
Vnd man drauff (ob man schon nit sicht
Ins Hertz) gleichwol ein Vrtel spricht.
Oder was sonsten Gott verhengt /
Daß du mit Creütz wirst angesprengt.
So wirdt jedoch dir Gott beystahn /
Dein Ehr retten vor jederman /
Vnd dir helffen auß aller gfahr /
Gott geb / wie dir bestellet war:
Dich segnen / vnd nach disem Leben /
Das Ewig dir zur bkrönung geben.
M. G.
Getruckt im Gräflichen Marckt Embs / bey Bartholome Schnell /