Eine Hochzeit in Aragonien
[688] Eine Hochzeit in Aragonien. (Zu dem Bilde S. 672 u. 673.) Das große Bild des spanischen Malers Pablo Salinas, das wir in Holzschnitt wiedergeben, stellt in farbenprächtiger Ausführung den feierlichen Augenblick dar, in dem ein aragonisches Brautpaar das Heirathsgelöbniß unterzeichnet. In Wagen mit bunt aufgeputzten Pferden ist die ganze Hochzeitsgesellschaft vom Hause der Braut, wo sich der Bräutigam, die Verwandten und Eingeladenen versammelten, nach der Kirche gefahren und in der Sakristei, die wie überall in Spanien mit Heiligenbildern und Geräthen, Teppichen und Gewändern überreich geschmückt ist, von Geistlichen, Meßner und Chorknaben empfangen worden. Die Braut mit den Eltern und ihrem weiblichen Gefolge nimmt auf Sesseln vor dem Tische Platz, um den sich die Geistlichen setzen; alle Damen tragen die weißen Mantillen, weiße Spitzenschleier um das sorgfältig frisierte Haupt und haben ihren Blumenstrauß in Händen. Hinter ihnen stehen die männlichen Zeugen der Handlung in der Festtracht des Landes, die jüngeren womöglich in der theatralisch stolzen Haltung, die der Spanier bei allem öffentlichen Auftreten für geboten und der Würde des Vorganges entsprechend erachtet. Es sind kräftige und schlank gewachsene Menschen da im Lande, mit harten Bauernzügen; aus den scharfgeschnittenen Gesichtern der Mädchen blitzen die großen dunklen Augen. Beide Geschlechter lieben es, sich schön gekleidet zu zeigen. Jeder Mann dünkt sich in der Erinnerung an die ruhmwürdige Geschichte Aragons, zumal an die schreckensvolle Vertheidigung Zaragossas gegen die Napoleonischen Generale, ein Held ohnegleichen, jedes Weib als Aragonesin eine Spanierin erster Klasse. Nie verleugnet sich in ihrem Auftreten dieses hohe Selbstgefühl.
Es ist ein stummer Akt, der hier in der Sakristei vor sich geht; Bräutigam und Braut unterschreiben unter den Augen der Geistlichen die bereit gehaltene Urkunde, welche das gegenseitige Einverständniß zur Verehelichung bezeugt; sie unterschreiben, vielleicht nur mit ihrem Namenszeichen, oder gar nur einem Kreuz! Denn schreiben können ist in Spanien noch lange nicht jedermanns Sache, auch bei den stolzen Aragonesen nicht, die unverbrüchlich an den alten Sitten ihrer Väter hängen und darum den Schulunterricht weder zur ewigen Seligkeit noch zur Freude des Lebens für unbedingt nothwendig erachten.
Wenn diese Ceremonie in der Sakristei abgeschlossen ist, ordnet sich der Zug, um in die Kirchenhalle zu treten, vor den Altar, wo der Priester das Brautpaar zur Trauung empfängt. Im Hause der Braut findet dann das Hochzeitsmahl statt.