Eine Kriegserinnerung
[276] Eine Kriegserinnerung freundlichster Art wird uns bei Gelegenheit des Geburtstages von Bismarck von einem Generalstabsarzte mitgetheilt:
„Am 17. August 1870 war der König mit seinem Gefolge auf den Höhen von Gorze, aufmerksam die Bewegungen des Feindes beobachtend. Erst am späten Nachmittage wurde das Hauptquartier in Pont à Mousson aufgesucht. Mich hatten Pflichten länger auf den Schlachtfeldern zurückgehalten, und so kam ich später als die Anderen nach Gorze.
Das Fortkommen war nicht leicht, aber zu Pferde kam ich leichter vorwärts und holte bald den im Gedränge nur langsam sich fortbewegenden Wagen des Grafen Bismarck ein. Ich ritt langsam hinter ihm her. Neben Truppen, Munitions- und Proviantcolonnen fuhren und gingen auf und neben der breiten Heerstraße zahlreiche Verwundete. Aufmerksam sah sich Bismarck nach allen Seiten um und winkte bald einem Sergeanten, der mit einem kleinen Truppe Verwundeter langsam vorwärts ging. Von Bismarck aufgefordert, in seinen Wagen zu steigen, lehnte dieser es jedoch dankend ab, da er für seine Leute sorgen müsse, bat aber den ‚Herrn Oberst‘ um Auskunft über die Officiere seines Regiments. Freundlich wurde ihm diese gegeben und schließlich eine große Handvoll Cigarren gereicht. Mt einem ‚Danke, Herr Oberst!‘ natürlich die Gabe nicht zurückweisend, trat der Verwundete zu seinen Leuten zurück.
Da ich sah, daß er jedenfalls Bismarck nicht kannte, fragte ich ihn, wer der Herr sei, mit dem er gesprochen, und erhielt sofort die Antwort: ‚Oberst so und so von die Kürassiere.‘
Nie werde ich das erstaunte Gesicht vergessen, als ich ihm sagte, daß der freundliche Geber Graf Bismarck sei.
‚Na,‘ rief er, die Cigarren betheuernd in die Höhe hebend, ‚na, die werden nicht geroocht?‘
Ob er sie wirklich nicht geraucht hat, weiß ich nicht, aber wohl sah ich, wie sich Bismarck inzwischen einen andern Verwundeten heranwinkte und mit kräftigem Arme zu sich in den Wagen hob.