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Eine Scene von der chinesischen Küste

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Textdaten
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Titel: Eine Scene von der chinesischen Küste
Untertitel:
aus: Das Ausland, Nr. 127 S. 508
Herausgeber: Eberhard L. Schuhkrafft
Auflage:
Entstehungsdatum: 1828
Erscheinungsdatum: 1828
Verlag: Cotta
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Erscheinungsort: München
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[508]

Eine Scene von der chinesischen Küste.

So weit das Auge reichen konnte, war die See mit zahllosen Schiffen bedeckt; ein frischer Lufthauch brachte uns bald zwischen die Inseln, deren wilde, kahle Felsklippen einen überraschenden Gegensatz gegen die reichen, aber einförmigen Landschaften darboten, die wir bisher auf den Inseln der Sundastraße gesehen hatten. Ich lehnte mich weit aus der Cajütenthür, um die Bewegungen einiger chinesischen Bote zu beobachten, die sich unserm Schiff näherten. Ich mußte die Kühnheit bewundern, mit der sie auf uns zufuhren, obgleich das Schiff bei gutem Winde unter allen Segeln ging. In wenigen Augenblicken sah man zwei oder drei Bursche, gleich Eichkätzchen an Bord klettern, und ehe ich noch Zeit gehabt habe, mich umzusehen, schlüpfte einer von ihnen, mit geschornem Kopfe und einem langen Zopf durch die Stückpforte neben mir, nickte mir vertraulich zu und sagte: „Tschin tschin“ und sprang durch die Cajütenthür. „Tschin tschin“ murmelte ich vor mich hin, was den T – will der Mensch sagen? und um meine Zweifel zu lösen, folgte ich ihm auf das Verdeck. Dort fand ich meinen thätigen Freund in der Gesellschaft eines der Schiffs-Offizieren, seine Hände gefaltet und zusammengepreßt und mit dem Kopfe nickend, gleich einem unserer Porcellain-Mandarinen. Ich meinte natürlich, daß er entweder etwas geschenkt zu erhalten wünschte oder um Verzeihung bäte, ich fand aber nachher, daß er nur gegrüßt hatte. Und nun fing eine Unterhaltung an, die ich zu ihrer Erbauung mittheilen will, da ich sie in meiner Unwissenheit als etwas, was man nicht alle Tage zu hören bekäme, zu Papier brachte.

„Aya! mein Flien (old friend, alter Freund), sagte der Mann mit dem kahlen Kopfe: Wie euch gehn? Ich wohl froh, zu sehen euch. Ihr hab genommen Weib?“

Ja.

„Aya! ich wohl froh! Wie euer Weib?“

Recht wohl, ich danke euch.

„Ihr hab bekommen Kind?“

Ja.

„Wie viel Stück?“

Drei.

„Aya! Er hab Ochskind, Kuhkind?“

Ein Stück Ochskind, zwei Stück Kuhkind.

„Ich wohl froh; ich tschin-tschin euch sehr!“

Ich war erstaunt; von guten und bösen Kindern hatte ich wohl schon gehört, daß aber auch Ochsen und Kühe in eine Familie gehören, davon hatte ich keinen Begriff.

Ein günstiger Wind brachte uns bald bis vor die Bocca Tigris, wo wir beilegen mußten, um dem Piloten Zeit zu lassen, uns einen Spaß zu verschaffen. Wir verloren zwei Stunden, bis es einem Schurken von Manderin gefällig war, den Paß zu unterzeichnen. Die Passage durch Bocca ist sehr eng und von 2 Forts vertheidigt, die, wenn sie in besserem Stande wären, jedes Schiff in den Grund schießen könnten, welches einzudringen wagte. Gegenwärtig sieht man nichts als eine Menge von Schießscharten und Kanonen, die aber meist so schlecht sind, daß sie gefährlicher für die Vertheidiger als den Feind werden würden.

Die Landschaft zu beiden Seiten des Flußes bis Whampoa Reach, wo die Schiffe vor Anker liegen, ist für einen Fremden äußerst überraschend. Der niedere morastige Grund, der sich meilenweit erstreckt, ist von unzähligen kleinen Armen des Flusses durchschnitten, und alle diese Canäle sind mit Schiffen jeder Art bedeckt, die sich durch die fruchtbarsten grünen Felder zu bewegen scheinen, da nichts als ihre Masten und Segel sichtbar sind. Malerische Dörfer und Landhäuser sehen zwischen den Bäumen hervor und in der Ferne bilden die dunkeln hohen Berge, die den Horizont begrenzen, einen kühn gezeichneten Hintergrund.