Eine elektrische Eisenbahn in 24 Stunden zu bauen

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Titel: Eine elektrische Eisenbahn in 24 Stunden zu bauen
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 4, S. 100 d
Herausgeber: Adolf Kröner
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1898
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger G. m. b. H. in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[100 d] Eine elektrische Eisenbahn in 24 Stunden zu bauen, und zwar über eine Entfernung von 4 km, war ein Kunststück, das, wie so viele seinesgleichen, den amerikanischen Technikern vorbehalten blieb. In Bound-Brook (New York) stand nach früheren Konzessionsverhandlungen das Recht, eine 4 km lange Straßenbahn längs einer Chaussee zu verlegen, zwei miteinander konkurrierenden Gesellschaften zu. So gern nun jede von ihnen die Bahn gebaut hätte, so machte doch die feindliche Haltung der anderen, die alsbald auf Grund ihrer eigenen Konzession mit einem polizeilichen Einhaltsbefehl bei der Hand war, jeden Versuch zunichte. Da indessen für die eine Gesellschaft viel davon abhing, die Eisenbahnlinie auszuführen und sich dadurch auch für die Berechtigung ihres Betriebes ein entschiedenes Uebergewicht zu sichern, so beschloß man zuletzt, doch den Versuch zu wagen, die Linie mit möglichster Geschwindigkeit hinzuzaubern, bevor die Konkurrenzgesellschaft Einsprache erheben konnte. Allerdings standen dafür nicht mehr als 36 Stunden zur Verfügung. Man mußte spät am Sonnabend abend mit dem Bau beginnen und ihn im Lauf der Nacht und des Sonntags, an welchem es voraussichtlich unmöglich war, einen polizeilichen Einhaltsbefehl zu erlangen, zu Ende führen. Vor allen Dingen wurde zunächst in genügender Entfernung von der zukünftigen Linie, um keinen Verdacht zu erregen, eine elektrische Centralstation gebaut, von der man sagte, daß sie zur Beleuchtung eines großen Hotels dienen sollte. Dann wurden in aller Stille in den benachbarten Städten Arbeiter geworben, und zwar 300 Mann in Philadelphia und 250 in Baltimore. An einem Sonnabend nachmittag wurde in Baltimore um 5½ Uhr ein Zug mit Arbeitern, Pferden, Geräten und Baumaterial abgefertigt, der wenige Stunden später Bound-Brook erreichte. Die erste Arbeit war die hinreichende Beleuchtung der ganzen Strecke für die Nachtarbeit durch zwanzig bis dreißig riesige Gasfackeln und eine Menge kleinerer, tragbarer Lampen. Um 1 Uhr nachts begann die eigentliche Arbeit. Die Hälfte der Leute fing an verschiedenen Punkten mit dem Aufreißen der Chaussee und dem Schütten der neuen Bettung für die Geleise an, die andere Sektion stellte in bestimmten Entfernungen die Masten für die elektrische Luftleitung auf und befestigte die Konsolen zum Tragen der Drähte daran. Die letztere Arbeit war morgens um 8 Uhr, die erstere um 10 Uhr so weit vollendet, daß das Aufhängen der Drähte und das Verlegen der Schienen beginnen konnte. Von 50 Gespannen wurden die Geleisstücke herangefahren, eine Abteilung der Mannschaft war beschäftigt, sie kunstgerecht auf den Schwellen zu verlegen, die zweite, die verlegten Stücke miteinander zu verbinden. Eine dritte Abteilung geübter Monteure war schon seit dem Abend mit der Herstellung einer Fachwerksbrücke von 22 m Spannweite über einen die Chaussee kreuzenden Wasserlauf beschäftigt, eine vierte stellte gleichzeitig eine 600 m lange Anschlußleitung zur Centralstation her. Am Sonntag nachmittag mußte ein Teil der Leute noch dazu verwendet werden, einen Angriff von hundert Bassermannschen Gestalten abzuwehren, welche von der anderen Gesellschaft nach vergeblichen Versuchen, die Polizei zum Einschreiten zu bewegen, zur Zerstörung der fertigen Strecke angeworben waren. Trotzdem brachte man es fertig, am Sonntag abend 11 Uhr den ersten elektrischen Wagen über die vollendete Strecke laufen zu lassen.