Eine neue preußische Bevormundung der deutschen Kleinstaaten
Wie bekannt, haben mehrere von den zum sogenannten deutsch-österreichischen Postverein gehörigen kleineren Staaten, wie z. B. Anhalt, Waldeck etc., durch Vertrag dem Staate Preußen die Verwaltung ihrer Postanstalten übergeben, offenbar doch nur in der Absicht, die Wohlthaten und Vortheile derselben ihren Staatsangehörigen in möglichster Weise zu sichern, in keinem Fall aber ihre Unterthanen dadurch den Maßregeln der preußischen Polizei und innern Politik zu unterwerfen. Die Regierungen dieser Kleinstaaten mußten dabei unter allen Umständen erwarten, daß die Gesetze ihrer Länder von den preußischen Postbeamten, die hier nichts anderes sind, als die Vermittler des Verkehrs, pflichtgemäß beachtet und befolgt und in keiner Weise umgangen oder gar verletzt würden.
Die preußischen Postbehörden scheinen anderer Meinung zu sein. Im Herzogthum Anhalt sowohl, wie im Fürstenthum Waldeck, ist bekanntlich unsere „Gartenlaube“ nach wie vor erlaubt, die dortigen Buchhandlungen nehmen ungehindert Bestellungen an, und die Postanstalten beider Länder, welche verpflichtet sind auf alle in beiden Staaten erlaubten Zeitungen und Wochenschriften ebenfalls Abonnements anzunehmen, haben also unbedingt kein Recht Bestellungen auf die nur in Preußen verbotene „Gartenlaube“ zurückzuweisen. Trotzdem weigern sich die unter den Gesetzen beider Staaten fungirenden Postbeamten, Abonnements dortiger Landeskinder auszuführen, und üben somit den Bürgern nichtpreußischer Staaten gegenüber eine Polizei aus, zu der sie in keiner Weise verpflichtet oder berechtigt sind.
Da wir ein Mißverständniß oder eine Willkür seitens der Postbeamten nicht voraussetzen wollen, so müssen wir eine bestimmte Anweisung der preußischen Postbehörden annehmen. Das ist aber ein Eingriff in die Rechte fremder Staaten, und wir halten es für unsere Pflicht, diese neue preußische Bevormundung zu veröffentlichen, damit die betreffenden Staaten das gesetzwidrige Gebahren der preußischen Beamten ihrer Postanstalten kennen lernen und ihre Souverainetätsrechte wie die Rechte ihrer Staatsbürger in ihren Staaten ihrer Würde gemäß wahren.