Einem Sommergeborenen

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Autor: Ernst Scherenberg
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Titel: Einem Sommergeborenen
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 13, S. 408
Herausgeber: Adolf Kröner
Auflage:
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Erscheinungsdatum: 1899
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger G. m. b. H. in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[408]

Einem Sommergeborenen.

Von Ernst Scherenberg.[1]

Junisonne,
Mit glühendem Kusse
Küßtest wach du die knospende Rose,
Daß sie blühe, flamme und dufte,
Krone der Blumen,
Sich selbst zum Ruhme,
Zur Freude der Welt!

Junisonne,
Doch nicht nur Rosen
Weckte dein Strahl!
Urquell des Lichts,
In leuchtender Stunde
Ließest du stillverschwiegen erblühn
Herrlichste aller irdischen Blüten:
Eine unschuldvoll noch träumende,
Holde, keusche Menschenknospe!

Du junges Leben,
Vom Glück geweiht,
Der Sommersonne lachender Sproß,
Bleibe
– Nicht weiß ich köstlichern Wunsch –
Immer wie heute
Ein Kind des Lichts!

Doch nicht die Junisonne allein –
An deiner Wiege strahlen
Zwei andre Sonnen noch,
Wie einmal nur im Leben
Sie aufgehn über dem Pfad des Menschen
In den Augen
Glückselig sorgenden Elternpaares.
O, leuchte lang’ noch dies Zwiegestirn,
Dir schützend des Daseins Schatten zu scheuchen!

Denn wisse,
Selbst dem Sonnenkinde,
Als Erdgebornem,
Nahen zu Zeiten
Die Schatten der Nacht!
Doch wenn dich umlagern
Einst auf der langen Meerfahrt des Lebens
Die Nebel des Unmuts
Ueber die Tücke und Falschheit der Welt,
Die Wetter des Zorns,
Die dunkeln Schleier
Trostloser Trauer
Um unwiederbringlich zerbrochenes Glück,
Oder die schwärzesten
Aller Wolken.
Nagende Reue und brennende Schuld – –

Gäbe dein Gott dir dann,
Daß sieghaft
Ueber alle gespenstischen Schatten
Aus dem eigenen Innern heraus
Triumphiere das ewige Licht,
Das dir jüngst
In der Stunde des Werdens
Als unvergängliches Angebinde
Ins Herz gestrahlt
Die Sonne des Juni!

Aber
Dir nicht allein
Sollst du durchleuchten
Das Leid der Erde!
Sei den Deinen
Ein Quell der Freude
Und spende dereinst auch Licht
Selbstlos
In die dunkeln Tiefen des Elends
Krankender Menschheit!

Sommergeborene Menschenblume,
So sei uns gegrüßt,
So sei uns gesegnet
Heut und immer
Als Kind des Lichts!



  1. Dieses Gedicht ist eine der vielen neuen Gaben, um welche die in Vorbereitung befindliche sechste Auflage der „Gedichte“ von Ernst Scherenberg den reichen Blütenstrauß seiner Lyrik bereichern wird. Da am 21. Juli Ernst Scherenberg sein sechzigstes Lebensjahr vollendet und vor vierzig Jahren sein erstes Auftreten als Dichter erfolgte, so bezeichnet das Erscheinen dieser neuen Auflage ein Jubiläum, zu welchem auch die „Gartenlaube“ ihrem treubewährten und hochgeehrten Mitarbeiter die herzlichsten Glückwünsche darbringt. „Aus tiefstem Herzen“ war die erste Sammlung von Scherenbergs Gedichten betitelt; „aus tiefstem Herzen“ sind auch seine späteren Lieder emporgeklungen, in denen sein persönliches Erleben, seine Liebe zu Heimat und Vaterland so innigen Ausdruck fand, die patriotischen Gesänge, mit welchen er begeistert die großen Geschicke des deutschen Vaterlands in den gewaltigen Epochen von 1859 bis 1870, von 1871 bis 1898 begleitet und gefeiert hat. Möge dem Dichter, der selber ein „Sommergeborener“ ist, es noch lange vergönnt sein, sich im Sinne des oben abgedruckten Gedichts weiter als „Kind des Lichts“ und als Herold des Lichts zu bewähren! D. Red.