Einzug zur Fahnenweihe

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Autor: Arthur Achleitner
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Titel: Einzug zur Fahnenweihe
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 36, S. 600–601, 612
Herausgeber: Adolf Kröner
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1893
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[600/601]

Einzug zur [Fa]hnenweihe.
Nach einem Gemälde von O. Piltz.

[612] Einzug zur Fahnenweihe. (Zu dem Bilde S. 600 u. 601) Auf den kühuen Höhenzügen des Herzogenstand und seines Nachbarn, des Heimgarten, der keck vorgestreckt das Loisachthal beherrscht, leuchtet helles Sonnengold; ein prachtvoller Morgen flammt und blitzt über der herrlichen Gebirgslandschaft. Im Thale wogt noch der Nebel, gejagt von den siegreichen Sonnenstrahlen, bis die einzelnen Nebelstreifen aufsteigen und in Duft zerstieben. Die Felswände mit dem dunklen Fichtenstand spiegeln sich im glitzernden lieblichen Kochelsee, der traumumfangen daliegt. Eine paradiesische Landschaft, gesegnet zumal in alter Zeit, als am Heimgarten noch eine goldhaltige Quelle sprudelte und im Berg bei Schlehdorf eine Goldader war, die den drei Schwestern Ainbet, Vilbet und Vorbet gehörig, in Kriegszeiten zugedeckt und später nicht mehr gefunden wurde. Das Kloster Schlehdorf ist von dem Ertrug gebaut; die aus gediegenem Gold gefertigte Monstranz rührt von dem Goldbächlein her.

Sonntag ist heute und ein herrlicher Sommermorgen dazu. Gestern haben fleißige Hände bis in den späten Abend hinein daran gearbeitet, dem lieblichen Dorfe Festschmuck anzulegen; vorne am Dorfeingang ist eine Triumphpforte errichtet, mit Tannengrün umwunden und mit der blau-weißen bayerischen Fahne und dem Landeswappen stolz geziert. Und aus den Dachfensterchen des Hauses ragen die Fahnen, vom frischen Morgenwind leicht bewegt. Jung und Alt hat Feiertagskleidung angelegt – die Burschen sind in der schmucken „kurzen Wichs“ und die Dirndln haben das beste Tüchl vor dle Brust gesteckt und tragen den Galahut auf den langen Flechten. Die seidenen Schürzen schillern im Sonnenlichte und die Goldquasten glitzern. Das Vereinszeichen am Hut, den mit der Schärpe geschmückten Vorstand an der Spitze, hinter sich die Musik – so erwartet der Veteranenverein die eingeladenen Nachbarvereine der Kampfgenossen. Schulmädchen in weißen Kleidchen harren an der Festpforte. Der Schlehdorfer Veteranenverein hat sich eine neue Fahne gestiftet, die in kunstvoller reicher Goldstickerei um hohen Preis aus der Hauptstadt gekommen ist. Zur Einweihung derselben ist der heutige Sonntag ausersehen, und sie haben Glück, die wackeren Schlehdorfer, der blaue Himmel ist ihnen und ihrer Fahne günstig. Nun erklingen lustige Marschtöne, kräftige Weisen, die das Blut rascher durch die Adern treiben und an die Zeiten von Weißenburg, Wörth und Sedan erinnern, als die tapferen Bayern Schulter an Schulter mit den anderen deutschen Brüdern gegen den französischen Feind kämpften. Unter dem grüßenden Senken ihrer Fahnen ziehen die Nachbarvereine ein. Die Schlehdorfer schließen sich ihnen an und der Zug begiebt sich in die Kirche, wo in Gegenwart der Fahnenmutter und der Fahnenjungfer der Pfarrer die neue Fahne weiht. Dann folgt der weltliche Theil der Feier, von Gewehrsalven und Böllerschüssen eingeleitet. Kernige Worte werden gesprochen; bei Becherklang und Tanz setzt sich die Lust fort, bis die Abendschatten niedersinken und zum Abschied mahnen. Die Reihen ordnen sich zum Abmarsch, nochmals werden der neuen Fahne die Honneurs erwiesen, und unter den Klängen alter bayerischer Soldatenmärsche wird abgerückt. Wenn die Töne der Abendglocke sanft im lauen Wind verklingen, dann wird’s wieder still im Dorfe. Arthur Achleitner.