Englische Niederlassung auf Fernando Po

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Titel: Englische Niederlassung auf Fernando Po
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aus: Das Ausland, Nr. 129-131 S. 513-514; 518-520; 523-524
Herausgeber: Eberhard L. Schuhkrafft
Auflage:
Entstehungsdatum: 1828
Erscheinungsdatum: 1828
Verlag: Cotta
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Erscheinungsort: München
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Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung: Gründung einer Kolonie durch England im Jahre 1827
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[513]

Englische Niederlassung auf Fernando Po.[1]


Maidstone Bay, Fernand Po, den 17 Nov. 1827.

Wir kamen am Sonnabend des 27 Octobers vor der Insel an und gingen in der Maidstone Bay (von Commodore Bullen so benannt) vor Anker. Als wir uns der Insel näherten, wurden wir durch die lieblichste Scenerie um uns her aufs angenehmste überrascht. Wir lagen kaum vor Anker, als Lieutenant Woodman, der Agent unseres Transportschiffes Diadem, in seinem Bote zu uns an Bord kam; ihm folgten vier Kanoes mit Eingebornen, welche schon früher Tauschhandel mit Europäern getrieben hatten. Sie näherten sich jedoch mit großer Aengstlichkeit und legten während ihres Verkehrs mit uns große Furchtsamkeit an den Tag. Trotz alles Zuredens ließen sie sich nicht bewegen zu uns an Bord zu kommen; sie wiesen auf ihren Fetisch und bedeuteten, daß[WS 1] es ihnen verboten sey. Gerne tauschten sie von uns Eisen ein, und gaben uns dafür Yams (Brodfrüchte) und ein paar Angelschnüre, aus Gras oder den Fasern des Palmbaums gedreht. Das Eisen wurde, wie wir nachher fanden, zu zweischneidigen Messern verarbeitet, diese mit einem kurzen hölzernen Hefte versehen und an dem linken Armband, dicht unter der Schulter getragen. Die Eingebornen sind hübsche Männer von mittlerer Größe und angenehmen Gesichtszügen; ihre Körper sind mit einer Schminke von rothem Ocker[WS 2] und Palmöl bemalt. Wenige bedienen sich der gelben Farbe. Die Kanoes waren 15–30 Fuß lang, von denen die größeren zwölf Personen faßten. Der Knall der Flinten schien die Eingebornen in große Bestürzung zu setzen; sie brachen sogleich auf, verabschiedeten sich für heute Nacht und fuhren ab. Ihre Segel bestehen aus einer Art englischer Matten, oder Rattinstücken, die der Länge nach herabhängen. Bei vielen steht auf dem Bug ein Spieß mit Federn auf der Spitze.

Den 28 Octob. Diesen Morgen regnete es heftig bis gegen 10 Uhr; demungeachtet erschienen eine Menge Kanoes und brachten, außer ihren Yams und Angelschnüren, Vögel, Palmwein in Kalabaschen,[2] einige Felle von Affen und Schlangen, so wie auch hübsch geflochtene runde Büchsen aus Rohrstreifen u. s. w. Sie näherten sich heute bereits vertrauungsvoller; einige kamen sogar zu uns an Bord, jedoch nicht ohne sichtbare Zeichen von Furcht. Kapitän Harrison führte einen Knaben von etwa 12 Jahren in dem Schiff umher und ließ ihn mehrere Artikel sehen. Ein Spiegel und das Schellen einer Glocke versetzte ihn in das größte Erstaunen.

Mondtag den 29ten. Die Kanoes besuchten uns heute in einer größeren Anzahl als gestern, und die Eingebornen schienen mehr Zutrauen zu gewinnen, so daß sie uns lästig wurden und nur mit Mühe von den Schiffen abgehalten werden konnten. Um sieben Uhr Morgens verließen wir unsern Ankerplatz in Bullen’s Cove und fuhren nach der andern Seite der Bay, näher bei den kleinen Adelaide-Inseln, die dicht bei Point William liegen, einem Punkt, den man für den geeignetsten zu der beabsichtigten Niederlassung hält. Unsere Bote waren nach Holz und Wasser ausgefahren, und fanden nicht nur nirgends Widerstand, sondern wurden noch von den Eingebornen unterstützt.

Dienstag den 30ten. Gleich nach Mittag landete ich bei Barracauta mit Herrn Morrison und dem Dolmetscher Anderson, um den vermeintlichen König, den sie Kukulaku nannten, den wir aber später Grund hatten, blos als den Häuptling eines Stammes zu betrachten, zu uns einzuladen. Er war nicht abgeneigt, zu uns an Bord zu kommen, die ihn umgebenden Großen aber widersetzten sich seinem Willen; er versprach jedoch, uns am folgenden Tage zu besuchen.

Mittwoch den 31ten. Kapitän Owen war gestern und heute außen, um die östliche Seite der Bay zu untersuchen. Das Dampfschiff, der Africaner, ging hier um eilf Uhr Nachmittags vor Anker, und brachte zwei Schiffe unter brasilianischer Flagge mit sich, welche Lieutenant Badgley angehalten und mit Beschlag belegt hatte, weil aller Verdacht vorhanden war, daß sie für den Sclavenhandel bestimmt seyen. Der König kam mit seinem Bruder und fünf oder sechs Vornehmen um neun Uhr Morgens in einem Kanoe zu uns an Bord. Sie betraten das Schiff, ohne besondere Aengstlichkeit zu verrathen; wir führten sie sogleich in die Cajüte des Kapitäns und bewirtheten sie mit Wein und Zwieback; sie ließen dagegen Kalabaschen mit Palmwein aus ihrem Kanoe holen. Sie tranken unsern Wein und aßen den Zwieback nicht ohne Behagen, als wir ihnen mit unsrem Beispiel voran gingen; und so tranken auch wir ihnen zu Gefallen von ihrem Palmwein. Einige von ihnen vermischten den Palmwein mit dem Madeira. Ein schwarzer Soldat von den [514] africanischen Truppen, Namens Anderson, war der Hauptdolmetscher der Unterhaltung. Vom König an bis auf den niedrigsten seiner Begleiter waren sie alle nach dem burleskesten Geschmack, den man nur je bei Wilden fand, aufgeputzt. Erstlich hatten sie ihren ganzen Körper mit einer rothen Farbe und Palmöl beschmiert; blos Se. Majestät war gelb bemalt, was auch in China die auszeichnende Farbe der kaiserlichen Familie ist. Ihr Haupthaar war vorne in kleine lange Locken getheilt, die, stark mit rothem Ocker und Oel beschmiert, hinter den Ohren herabhingen und den Vorderkopf ganz unbedeckt ließen. Ihre Stirn ist gewöhnlich rund, und das Haar darüber ein paar Zoll weit abgeschoren – die Köpfe der jüngern Leute sind, den Wirbel ausgenommen, ringsum glatt abgeschoren; sie hatten sechs bis acht Schnüre mit Kügelchen in den Haaren, die, sorgfältig vorn am Kopfe befestigt, hinter die Ohren bis auf die Schulter hinabliefen. Ihre Hüte hatten niedrige Böden und schmale Krämpen; sie bestanden aus Rattin und waren eben nicht sehr genau gearbeitet, mit Laub, Beinen von Affen und andern Thieren, und theils weißen, theils rothen, in Thierblut getauchten Federn geziert; sie waren an ein Büschel Haar vermittelst einer pfeilartigen Nadel befestigt, die durch sie hin und nach der obern Seite des Hutes auslief. Sie tragen Hals- und Armbänder; ihr Gürtel über den Hüften hält die einzige Bedeckung von vorn, die sie haben, und die in einem Bündel von Kräutern besteht. Se. Majestät allein hatte nicht nur vorn, sondern auch hinten eine Bedeckung, aus einem Thierfell bestehend. Der Gürtel besteht in einer Schnur, worein die Gelenke einer Schlange, oder Kügelchen, aus harten Beeren bestehend, eingereiht sind; die Arm- und Knöchelbänder waren größten Theils eben so gemacht.

Nach der Bewirthung in der Cajüte des Capitäns führten wir unsere Gäste über das untere Verdeck und zeigten ihnen die Pferde, Esel, Stiere, Schweine etc. Der Anblick der Pferde und der Schweine interessirte sie sehr; die Kuh aber, und vorzüglich ihr Schwanz, machte ihnen das größte Vergnügen; sie nahmen ihn nach einander in die Hand, rupften die Haare aus und schüttelten ihn voll Verwunderung. Von da führten wir sie auf das Hauptverdeck, wo die Musik zu ihrer Unterhaltung aufspielte, und sie in höchstem Grade belustigte. Der Bruder des Königs war so entzückt, daß er nach der Melodie: so spielte Orpheus, so tanzten die Thiere,[3] seine kannibalischen Sprünge und Gebärden machte. Nachdem wir sie auf diese Weise genug unterhalten zu haben glaubten, schritten wir zu dem schwierigsten Theil unserer Befreundungsversuche, zu der Vertheilung der Geschenke. Wir begannen mit Sr. gelben Majestät und verehrten ihm die ganze Länge eines eisernen Reifes, der zu dem Ende gerade gehämmert war; seinem Bruder gaben wir die Hälfte, und eine Länge von einem Fuß jedem der Chefs oder Begleiter des Königs; außer dem Reif wurde Se. Majestät noch mit einem Halbdutzend Fischhamen beschenkt. Es gab während der Vertheilung einigen Streit, der sich jedoch glücklicher Weise, zu großer Befriedigung der Gäste, endigte; sie verließen das Schiff im besten Vernehmen mit uns, hocherfreut über das Resultat ihres Besuches. Der König und die übrigen Chefs rieben ihre langen Bärte an denen der andern, wo sie einen ansichtig wurden. Großes Gefallen fanden sie an den Stühlen, die man ihnen zum Sitzen anbot. In ihren Hütten sitzen sie, wie wir später bemerkten, auf Holzblöcken und unterscheiden sich hiedurch von der Sitte der meisten Africaner, die entweder mit dem Steiß auf dem Boden Platz nehmen, oder auf ihre Fersen niederkauern. [518] Freitag den 2 Nov. war der Himmel wieder umwölkt, auch regnete es von Zeit zu Zeit. Dennoch gingen wir, Galler, Morrison und ich, mit dem Dolmetscher Anderson und meinem Diener ans Land, um mit dem König und seinen Großen wegen eines in der Nähe unserer Niederlassung zu errichtenden Marktes Vorkehrungen zu treffen. Bei unsrer Landung umgaben uns sogleich eine Menge Eingeborne und empfingen uns viel freundlicher als bei unsrem frühern Besuch; sie verfehlten jedoch nicht, Alt und Jung, Männer und Weiber, Knaben und Mädchen, uns um eiserne Reife anzugehen, und bei der geringsten Aufmerksamkeit, die wir dem Einen oder dem Andern schenkten, meinten sie gleich, daß Geschenke folgen würden. Da wir den König und seine Chefs nicht am Gestade fanden, hießen wir Anderson nach ihnen schicken. Erst nach zwei Stunden geruhten Se. Majestät zu erscheinen. Galler beschäftigte sich in der Zwischenzeit damit, nach Affen zu schießen, was die Eingebornen sehr belustigte; sie wiesen ihm immer die Gegenstände seiner Jagd, und erhoben ein schallendes Gelächter, wenn er schoß und sie fehlte. Nach der Ankunft des Königs und seiner Großen eröffneten wir ihnen die Absicht unseres Besuchs. Sie hörten mit Aufmerksamkeit zu, und machten einen Vorschlag zu gegenseitigem gutem Vernehmen. Er ging dahin, daß, falls einer von ihnen gegen uns sich etwas zu Schulden kommen ließe, wir es ihren Häuptern mittheilen sollten, worauf die Schuldigen zur Strafe gezogen würden – verfehle sich Jemand von unsern Leuten gegen sie, so sollten sie darüber bei unsern Obern Klage führen. Nachdem sie die Sache ernstlich unter sich durchsprochen, kamen wir über die verschiedenen Punkte überein, tranken Palmwein zusammen, und machten uns gegenseitig Geschenke – wir verehrten Sr. Majestät eine Axt, wogegen er uns einen Vogel schenkte.

Wir schlugen ihm vor, ihn in sein Dorf zu begleiten. Er lehnte es ab, indem er erklärte, daß sein Haus nicht im gehörigen Stand und er nicht auf unsern Empfang vorbereitet sey. Dennoch beschlossen wir, dahin zu gehen, da unser Dolmetscher den Weg kannte. Der Boden war äußerst schlüpfrig, durch viele Lachen Wassers, durch Baumwurzeln und dichtes Junglengestrüpp unterbrochen, auch wurden wir von einer Unzahl Ameisen und anderer Insecten gequält. Sr. Majestät Residenz bestand aus einer Hütte mit einem bloßen Strohdach, das Hausgeräthe aber in einer schiefliegenden hölzernen blos fünf Fuß langen Britsche zum Schlafen – das Kopfkissen bildete ein runder Block, von drei bis vier Zoll im Durchmesser – Holzblöcke vertraten auch die Stelle der Stühle. An den roh gearbeiteten Balken hing eine Anzahl Kalabaschen; des Königs Bruder war uns vorausgeeilt und empfing uns sehr freundlich mit einer Kalabasche alten Palmweins, die er (nach der Sitte der Afrikaner) zuerst kostete, um darzuthun, daß sie nicht vergiftet war, und uns sodann darreichte.

Den andern Tag sah man kein einziges Kanoe im Wasser und nur sehr wenige Eingeborne am Gestade; und auch Nachmittags zeigten sich nur wenige. Unser Dolmetscher sagte, sie feiern das Leichenbegängniß eines Häuptlings; wir vermutheten dagegen, die Stämme hätten sich [519] versammelt, um sich über den Grund unsrer Ankunft und unsre beabsichtigte Ansiedlung zu besprechen.

Am 6ten. Eine Anzahl Kanoes legten bei uns an, und viele Eingebornen waren den ganzen Vormittag an Bord. Gegen Mittag bemerkte Jemand von der Schiffsmannschaft, daß einer von den Eingebornen ein Beil in ein Stück Segeltuch versteckte, das er aufgehoben, und sich als Schürze umgebunden hatte. Als man es ihm abnahm, rannte er durch das Schiff hin nach seinem Kahn, und schritt über mehrere andere weg, um in den seinigen zu kommen; er ward jedoch aufgegriffen. Es entspann sich nun ein heftiger Streit über seine Bestrafung, da die Sache sogleich seinen Landsleuten mitgetheilt wurde. Kapitän Owen wollte sein Mißfallen über diesen Diebstahl ausdrücken, und befahl allen, das Schiff zu verlassen, und sich auf ihren Kanoes zu entfernen. Aus Aerger darüber schlug man aus mehreren Kanoes mit den Rudern nach dem Dieb, und ein junger Mensch, in demselben Kanoe mit ihm, brachte ihm mehrere bedeutende Wunden bei, die eine auf der rechten Seite des Kopfs, die andere an dem linken Schlaf, eine dritte an der rechten Schulter und eine vierte auf der Brust. Trotz dieser starken Verwundung wurde er gezwungen ins Wasser zu springen, um das an ihm herabfließende Blut abzuwaschen, ehe sie ihn wieder in sein eigenes Kanoe steigen ließen. Als er es erreicht hatte, half er seinen Kameraden nach dem Strande rudern, um sich so dem allgemeinen Unwillen zu entziehen; allein es folgten eine Menge Kanoes dicht hinter ihm, die ihm Verderben drohten. Sie landeten nahe an unserm Markt, und führten den Schuldigen eine kleine Strecke von dem Ufer ab, wo sich alsbald eine unzählige Schaar von Eingebornen um ihn versammelte – Jeffery drängte sich nach der Mitte hin, um den Grund ihrer Versammlung zu erfahren; da ergriffen sie ihn, und banden ihm eine Hand mit der des blutenden Gefangenen zusammen, was diesen Herrn in nicht geringe Verlegenheit setzte, da er glaubte, jene Wunden kämen von unsern Leuten, wofür sie nun an ihm Rache nehmen wollten. Glücklicher Weise sah er einen unsrer Schiffsoldaten vorüber gehen; dieser machte Lärm in dem Lager, und Kapitän Harison kam mit einer kleinen Abtheilung Soldaten zu seinem Beistand heran. Mittlerweile hatte er seine Hand von der des Gefangenen losgemacht, und die Eingebornen sahen es gern, daß mehrere von uns der Bestrafung ihres Landsmanns für sein Vergehen gegen uns anwohnten. Sie banden ihn an Kopf und Händen rücklings an einen Baum, wo er sein Urtheil erwarten sollte. Nach einer kurzen Besprechung zwischen den Chefs und einem Manne, den wir für einen Priester hielten, schritt einer der ersteern sehr kaltblütig mit einem Messer in der Hand auf den Gefangenen zu, (während die andern Chefs und Eingebornen auf den Knieen lagen) und war im Begriff, ihm die Gurgel abzuschneiden, da verhinderten Kapitän Harrison und Herr Jeffery die Execution, indem sie ihm den Arm hielten und bedeuteten, daß unser Chef in der Nähe sey. Kapitän Owen landete glücklicher Weise in demselben Augenblick und trat geradezu mitten in die Versammlung. Nach einer kurzen Auseinandersetzung gab er den Häuptlingen durch Zeichen zu verstehen, daß er den Gefangenen nicht so strenge bestraft wünschte, führte in bei der Hand vor den ihn umgebenden Kreis hinaus, und befreite ihn so von der blutigen Rache[4] seines eigenen Volkes. Auffallend war, daß der Gefangene während des ganzen Verhörs und seines Verhafts nicht das geringste Zeichen von Furcht verrieht, noch bei den Schlägen, die man ihm gab, die Miene verzuckte.

Wir waren sehr erstaunt, heute in den Wäldern hinter unsrem kleinen Lager einen Maulesel (demi John) zu finden; woraus hervorgeht, daß Europäer vor uns diesen Ort besuchten; wenn es nicht Grund zu der Behauptung gibt, daß die Spanier an derselben Stelle sich niedergelassen hatten. Der Zahlmeister Galler schoß gestern auf Point William zwei Affen, die unsre Arbeiter abzogen und kochten. Galler aß einen mit ihnen, indem er Yams statt der Kartoffel nahm, und behauptete, daß es ein köstliches Essen sey.

Mittwoch den 7ten Morgens neun Uhr kam Anderson mit zwei Chefs an Bord mit der Nachricht, daß der König am Strand sich befinde und unser Boot erwarte, um überzufahren. Um eilf Uhr bestieg der Kapitän mit ihnen ein Boot, und in drei andern fuhren der Schiffsarzt, der Zahlmeister, der Schreiber des Kapitäns, ich, die Schiffsmusik, ein Sergeant und sechs Matrosen mit Geschenken für den König, seine Großen und Andere. Wir landeten in einer Bucht (Cove) östlich dem Schiffe (nachmals Kings Cove genannt) und wurden von den Chefs nach einem kleinen offenen Platze in dem Gehölze, ungefähr hundert Yards von dem felsigen Landungsplatz, geleitet, wo die Eingebornen viele große Steine in das Wasser warfen, und nur einen Kanal für ein Kanoe ließen. Als sich der Capitän gesetzt hatte, wurden mehrere Kalabaschen Palmwein nebst einem kleinen Widder vor ihn hingestellt. Nach einer Stunde kam der König und Capitän Owen ließ ihm ein rothes Kleid anlegen, und eine Sammtmütze aufsetzen. Der König trug ein paar Widderhörner als Kopfschmuck vorn auf seinem Hute.

Aus Gier nach den Geschenken drängten die Wilden von allen Seiten mit einem solchen betäubenden Geschnatter auf uns ein, daß das Abfeuern einer Kanone für uns in Vergleich mit dem kanibalischen Geschrei dieser Wilden ein Ohrenschmaus gewesen wäre. Doch müssen wir ihnen Gerechtigkeit widerfahren lassen – trotz aller Verwirrung vergriffen sie sich, so weit wir bemerkten, weder an Sachen noch an Personen. Der König verschenkte an mehrere kleine Eisenstücke, um so jeden hoffen zu lassen, daß er der nächste seyn werde, der ein solches Zeichen der königlichen Gnade erhielte, vielleicht aber auch, ums sich seine eigenen Geschenke um so mehr zu sichern. Wir [520] zogen uns nach dem Ufer zurück, und schifften uns während dieser Unordnung ein, wurden aber von der ganzen Volksmenge bis an den Strand, von vielen sogar bis in das Wasser begleitet. Nach einem ungefähren Ueberschlag waren wenigstens zweitausend Eingeborne beisammen. Die Weiber hielten sich abgesondert von den Männern im Hintergrund. Galler wandte sich zu ihnen und sprach mit einigen; sie zeigten aber große Furchtsamkeit, obgleich die Männer äußerst freundlich und zuvorkommend ihm die Hände einiger jungen Weiber in die seinige legten.

[523] Samstag den 10 Nov. Nur wenige Kanoes und Eingeborne ließen sich heute sehen, und keiner kam an das Schiff heran, was uns auf die Vermuthung brachte, daß unsre Arbeiten ihnen nicht gefielen. Nachmittags wurde sie bestätigt; es erschien eine Deputation von sieben Chefs in New Market bei Jeffery und beklagte sich darüber, daß unsre Leute die Palmbäume umhieben, mit den Blättern derselben ihre Hütten zu bedachen; auch beschwerten sie sich über das häufige Abschießen von Gewehren. Auf den letzten Punkt erwiederten wir, daß nur die Offizieren nach den Affen schößen. Zur Bestätigung dessen kam gerade der Zahlmeister mit einem Manne herbei, der einen großen Affen, den jener geschossen hatte, so wie einen sehr kleinen Rehbock trug. Diese Erklärung schien sie jedoch noch nicht zu befriedigen – sie schüttelten die Köpfe und gaben uns durch Zeichen zu verstehen, wir würden so ihre Palmbäume, von denen sie ihren Wein bezögen, und ihre Wälder umhauen, und mit unsern Feuergewehren weiter landeinwärts kommen. Capitän Harrison wünschte diese Klagpunkte zu berichtigen, und um sie zu überzeugen, daß dieß nicht unsre Absicht sey, führte er sie nach dem Platze, den die Arbeiter abräumten. Er ließ nun eine Quantität Eisen herbeischaffen, und gab ihnen durch Zeichen zu verstehen, daß er dieses ihnen für das Land innerhalb der abgemarkten Linie geben wollte. Um zu zeigen, daß sie es verstanden, steckten sie längs der ganzen Linie hin in gleicher Entfernung Stäbe in den Boden. Da man nun die Sache zu beiderseitiger Zufriedenheit abgemacht hatte, kehrten wir nach dem neuen Markte zurück, setzten uns der Reihe nach nieder und tranken zur Bekräftigung des Kaufes Palmwein zusammen.

[524] Sonntag den 11ten. – Um halb 1 Uhr ließ der Capitän Gottesdienst halten, dem vier Eingeborne beiwohnten, und sich dabei mit vielem Anstand betrugen; auch bedeuteten sie ihren Landsleuten auf den Kanoes in der Nähe des Schiffes durch Zeichen, sich still und ruhig zu verhalten.

Mondtag den 12ten. – Eine Deputation von Häuptlingen erschien in lustigem Aufzug in unserem Lager zu Clarence, um den am Sonnabend besprochenen Verkauf der Ländereien definitiv abzuschließen. Capitän Owen begab sich mit ihnen an die abgemarkte Linie und setzte ihnen das Ganze noch genauer zu ihrer völligen Zufriedenheit auseinander, indem er eine Anzahl Bäume an der Grenzlinie bezeichnete und ihnen noch weitere Geschenke versprach. Hierauf brachte er vier derselben mit an Bord, und schloß den ganzen Ankauf damit ab, daß er ihnen die versprochenen Geschenke verabfolgte, und sie mit Palmwein regalirte. Dieß scheint nun das Vertrauen der Eingebornen, welche die zwei oder drei letzten Tage her sich scheu vor uns zurückgezogen hatten, wieder aufs Neue hergestellt zu haben. – Sie kehrten heute, Männer und Weiber, in großer Anzahl zurück.

Dienstag den 13ten. – Einen weitern Beweis des Zutrauens von Seiten der Eingebornen gaben uns diesen Abend ein Mann und ein Knabe, welche durchaus heute Nacht bei uns an Bord schlafen wollten. Es mochte Hoffnung auf Geschenke der Hauptbeweggrund hiezu seyn. So viel ist gewiß, nie traf ich umgänglichere, gutmüthigere Wilde, als diese zu seyn scheinen. – Ich bedaure, für jetzt keine weitere Schilderung ihres Charakters und des Landes geben zu können. Wir sind noch nicht lange genug hier, um den einen oder das andere genauer schildern zu können.[5]

Donnerstag den 15ten. – Heute brachten die Häuptlinge den jungen Menschen zurück, den der Capitän ihnen auf eine Woche zu Erlernung ihrer Sprache mitgegeben hatte. Es wurden nun Ziegelsteine ans Land gebracht, um unsre Schmiede herzurichten. Als die Eingebornen entdeckten, wie sie ihre Messeer schleifen könnten, bezeugten sie eine ungemeine Freude darüber. Das Eisen ist ihr Idol: sie scheinen es seiner Nützlichkeit wegen göttlich zu verehren. – Stücke von eisernen Reifen, Messer, Beile sind Gegenstände ihrer höchsten Wünsche. Der Kleider bedienen sie sich nicht; die Weiber gehen eben so unbedeckt wie die Männer.

Freitag den 16ten. – Die Eingebornen waren heute in solcher Anzahl innerhalb unserer Einschließung, daß wir das Pfählwerk, wodurch wir sie außerhalb des eingefriedigten Marktplatzes zu halten gedachten, abnahmen. – Die Schuld davon liegt theils an unsern Leuten, von denen einige ihre Handwerkszeuge zu verkaufen Lust haben, – theils an den Eingebornen, die auf den Ankauf derselben sehr erpicht sind. – Man kauft ein Schaf um eine Axt.

Nach einem andern Brief aus Fernando Po erfahren wir, daß Capitän Owen mit unermüdlichem Eifer die kleine Kolonie in Aufnahme zu bringen strebt, und dabei an Capitän Harrison eine sehr tüchtige Unterstützung findet. Der Ansiedlungsplatz war bei ihrer Ankunft mit einer Menge großer Bäume und sehr dichtem Junglengestrüpp bedeckt. Letzteres ist nun größten Theils abgeräumt, und von ersteren sind schon sehr viele gefällt. In gewisser Hinsicht ist dieß Schade, da diese Bäume das schönste Gehölz von der Welt sind. Auf dem abgeräumten Boden sind bereits viele Hütten erstanden, Gezelte errichtet, Schmieden erbaut, Sägegruben gegraben u. s. w.

Da diese Pflanzung bei all ihrer Fruchtbarkeit und Ergiebigkeit nur sechzig Meilen im Umfang hat, so kann sie für die Engländer von keiner sehr großen politischen Wichtigkeit werden. Von menschlichem und sittlichem Standpunkt aus betrachtet, kennen wir aber keinen andern Punkt, der von so großer Bedeutung werden dürfte, als dieses Fernando Po. Durch seine Lage beherrscht es beinah den ganzen Sclavenhandel; und kein Punkt auf der Erde ist so geeignet zur Bewachung und Ausrottung dieses schändlichsten aller Gewerbe. Die gegenüberliegenden Theile des Festlandes von Benin bis Biafra u. s. w. sind die Stapelplätze und Stützpunkte dieses Handels, und nicht leicht kann ein Schiff dort aus- oder einlaufen, ohne von dieser neuen Kolonie aus beobachtet zu werden.


Postscriptum:

[572]

Fernando Po.

Die neuesten Nachrichten aus der neuen brittischen Niederlassung auf Fernando Po lauten sehr günstig. Von 170 Europäern sind in den ersten fünf Monaten blos fünf gestorben, obgleich die Colonisten während dieser Zeit doch nothwendig manchem ausgesetzt waren. Die Krankheit, von der sie am meisten zu leiden hatten, wird als eine Art ansteckendes Geschwür beschrieben. Die Eingebornen bleiben bei ihrer freundschaftlichen Stimmung gegen die Colonisten.
the Sphynx, May 7.

  1. Im Auszuge, nach einem von englischen Blättern mitgetheilten Tagebuch.
  2. Eine Art Kürbis mit harter Schale.
  3. So played Orpheus, and so danced the brutes.
  4. Wir sahen manche Eingeborne, die eine Hand, sogar welche beide verloren hatten; einer, der zu uns aufs Schiff kam, und ohne Hände war, half noch seinen Kameraden, das Ruder führen.
  5. Ein bedeutendes Hinderniß ist auch, daß wir ihre Sprache nicht kennen, und nur einen sehr schlechten Dolmetscher haben.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: das
  2. Vorlage: Ocher