Epilog der Lieder eines deutschen Mädchens
Hab’ manches Lied in dunkler Nacht gesungen,
Wenn heiße Glut durchlodert mein Gehirn,
Bis meiner Harfe Saiten schrill zersprungen
Und kalte Tropfen näßten meine Stirn,
Und alle Pulse zuckend sich bewegt,
Wenn alle Lichter, alle Sterne schwanden,
Die sonst der Himmel für die Menschheit trägt.
Wenn alles sich in tiefes Dunkel hüllte,
Dann schrie ich auf im Weh, das mich erfüllte,
Und von dem Schreie blieb ein Lied zurück,
Ein Lied, das trotzig bald mit lautem Toben
Wie Nachtgevögel Unheil kündend lärmte.
Um einen Funken todtesmutig schwärmte.
Um einen Funken jener Hoffnungssterne,
Die oft verbleichen in der nächt’gen Ferne.
Hab’ mich zum Himmel jubelnd aufgeschwungen,
Der blau und lächelnd frohen Gruß mir bot.
Hab’ unverzagt, wenn Wolken auch gewettert
In gläubig frommer, heilger Zuversicht,
Ein stolzes Lied, ein fröhliches Gedicht;
Und sah ich Blitze auch herniedergleiten
Zerstörend was die Freiheit aufgebaut,
Sah ich die Not, das Irrsal dieser Zeiten,
Ich fühlte Kraft mit einer Welt zu streiten
Und meinen Glauben – ich bekannt ihn laut:
Die Freiheit kennt kein Enden, kein Vergeh’n,
Es muß ein Tag mit ros’gem Lichte kommen,
Da wird sie schön und glorreich auferstehn.
Da steh’ ich nun mit diesen Liedern allen
Und laß sie klingen in die Welt hinaus,
Sie sind ja dieser Zeiten Widerhallen!
Drinn sind sie alle ja geboren worden,
Es steht die Freiheit an des Hauses Pforten –
Die diesen Liedern Seele einst gegeben,
Es ist kein Genius, der sie uns weiht,
Es hat das Heute schon genug Gesänge,
Du ringst vergeblich nach Unsterblichkeit.“
Und fragt nur nicht: „Warum dies Freiheitssingen,
Warum dies trotzge, kühne Schwerterschwingen,
Dies Siegsgeschrei von künftger Herrlichkeit?“ –
Warum? müßt Ihr denn auch im Lenze fragen:
Warum das Grün Euch grüßt mit Hoffnungsgruß,
Das thut das Grün, das Vöglein – weil es muß.
So ist mein Los, so ist mein Lied erkoren,
Wie Osterglocken klingt es durch mein Leben,
Beim Frühlingsanfang ward ich ja geboren,
Drum laß ich nimmer mir die Hoffnung rauben
Und halte fest im Lieben und im Glauben,
Die Freiheit kennt kein Sterben, kein Vergehn:
Es muß ein Tag in lichter Klarheit kommen,
Da wird sie schön und glorreich auferstehn.
Und diesen Glauben allem Volk zu künden
Will ich als Boten diese Lieder senden.
Sie sind ja nichts als jene Frühlingssprossen
Die mitten unter Sturm und Schneeesflocken,
Von Thränen wie vom Regen übergossen
Doch Frühling künden, mit den Osterglocken
Und allem Volk das hohe Wort zu deuten:
Der Gott der Liebe ist vom Grab erstanden,
Das Reich des Wahn’s des Hasses wird zu Schanden!
So wirds geschehn. – Es wird ein Tag erscheinen
Zu gleichem Ruf, zu gleichem Thun sich einen:
Sei jedem Volk sein heilig Recht gegeben,
Das Recht der Sprache und der heimschen Sitten
Wie sie die Weltgeschichte jedem lehrt,
Doch auch kein Thun, das nicht die Menschheit ehrt.
Ein heilig Erbtheil von Natur empfangen
Sei jeglichem die eigne Nation:
Wohl mögen herrlich ihre Säulen prangen!
Vor diesen Thron solln sich die Völker neigen
Das ist der Menschheit neu errungnes Eden,
Das Reich des Herrn, um das wir täglich beten.
Wo zu der Liebe kehrt sich jeder Sinn,
Wo sich ihr Reich alleinig wird erheben,
Doch fühl ich mich als dessen Bürgerin.
Dem Reich der Liebe will ich Bürger werben,