Erinnerungen an Felix Mendelssohn Bartholdy
Erinnerungen an F. Mendelssohn
vom Jahre 1835 bis zu s. Tode.
Gedichte v. E. Geibel,
„ „ Schwab,
„ F. Stolle
A. Böttger
W. Schubert (Fr. Schneider)
Aufsatz v. G. Kühne in der Europa (v 13 Nov. 47), (das Beste, das über Mendelssohn geschrieben)
„ v. J. Kinkel in d. Allg. Augsb. Ztg.
Buch von Lampadius.
[leer]
Mendelssohn über s. eigenen Compositionen.
Von s. Charakterstücken wollte er später nicht viel mehr wissen. Bach und Händel habe ihm da noch in den Gliedern gelegen
Auch sein Capriccio in Fis moll (op. 5) gefiel ihm später nicht mehr; nur als ich ihn [auf] den großen Schwung auf den beiden letzten Seiten aufmerksam machte, schien er sich wieder mit Liebe des Stückes zu erinern.
Sein Liebstes aus s. Jugendzeit war ihm wohl das Octett; er sprach mit Freude von der schönen Zeit, wo es entstanden.
Das Concert in G-Moll für Clavier schrieb er, wie er sagte, in wenig Tagen (er sagte in drei, glaub [ich]) in München. Delphine v. Schauroth, der ausgezeichneten, sehr schönen Clavierspielerin, gedachte er dabei wie einer, die ihm gefährlich werden konnte. Er schilderte ihr Persönliches höchst anmuthig.
Das 1ste „Lied ohne Worte“ ist nicht das in E dur, sondern das in A Nro. 4 (im C Tact) in demselben Heft. Das in E dur ist das 2te, das er componirt.
Als ich auf die Sammlung seiner „Lieder ohne Worte“ deutend einmal sagte: „Das war ein guter Gedanke von Ihnen“, sagte er: „es war wenigstens gut gemeint“.
[100] Von einzelnen „Liedern ohne Worte“
- Die Quinten in Nro. 2 d. 3ten Heftes
- Das in E dur (Nro. 3) des 3ten Heftes nannte er, als er es einmal im Manuscript vorspielte und ich fragte, warum er es noch nicht drucken lasse „nicht musikalisch genug“. (Wir haben übrigens von diesem, wie von den meisten aus dem 5ten Heft die Autographen, die viele Varianten zeigen) (auch Nro. 2 im 4ten Heft) –
- Das in E-Moll im 5ten, das bei seinem Leichenbegängniß als Trauermarsch gespielt wurde. Die Varianten u. das Urtheil seiner Frau.
- Das Frühlingslied.
Ueber Emanuel Bach im Verhältniß zu seinem Vater sagte er: „es wäre als wenn ein Zwerg unter die Riesen käme“. –
Ueber das g-moll-Concert u. die Etüden von Moscheles „er hätte gedacht, Moscheles finge von da an erst zu componiren“. –
An die Männergesanglieder ging er schwer. Ueber den beliebten Sextquartaccord.
Ueber das Viereckige (bei Reißiger)
Ueber Field, und wie es ihn nie unangenehm berührt, daß er auch als alter Mann die peinlichsten mechanischen Uebungen gemacht. – (In London)
Daß er nie Gelegenheitsstücke, Fantasie-sur-motive-de etc., geschrieben – nur einmal wäre er in Gefahr gewesen, bei der Anwesenheit der Malibran in London, die auch ihn den Kopf verrückt, ein solches Stück zu schreiben.
Er besitzt das Original der A dur Symphonie v. Beethoven
Auf meine Frage, wer sie ihm geschenkt, sagte er lustig „ein Esel“! –
[Am rechten Rand, 90° gegen den Uhrzeigersinn gedreht:]
„Wenn er nicht gefragt würde, sage er auch nicht was er denke“ (üb. mus. Compositionen)
In d. letzten Jahren sprach er immer weiser u. tiefsinniger.
[Am rechten Rand, horizontal:]
Requiem f. die Malibran (Nov. 1836) von ihm beabsichtigt.
Gründung des Conservatoriums, und sein Benehmen dabei, daß er nie als Director angesehen werden wollte.
Er mochte nicht leiden, wenn Jemand, vollends ein Musiker, in der Partitur nachlas. Der Musiker habe ja eben die Ohren.
[101] Als er mir[WS 1] ein elendes Stück v. Czerny gespielt hatte (1836) u. ich mich darüber lustig machte, sagte er gutmüthig „ja, das war dumm von mir!“ –
Spielte moderne Sachen nie öffentlich; nur einmal hatte er Lust, das F moll Concert v. Chopin zu spielen.
Reformationsfest in W.– Gutenbergfest in L.– Denkmal f. Bach. –
Ausgabe des Israel v. Händel u. sein Vorwort.
" " der Choralvorspiele v. Bach.
Mein Ausspruch beim Erscheinen d. G-moll-Ballade v. Chopin: „wenn ihm (M.) gar nichts mehr gefiele, möchte er sich aufhängen lassen“
Rahel’s Ausspruch üb. e. Stück v. Mendelssohn: „eingebildeter Sturm“
[Links am Rand:]
Seine Gedanken üb. das Conservatorium, daß er namentl. den Musikern auch einen Verdienst zuweisen wollte.
1836. David über Mendelssohn's Despotismus.
1836. 9.Oct. Mendelssohn bei d. Schubert’schen Divertissement mit Füßen stampfend.
„Immer der Erste zu sein“ auch dies zu bedenken. Ehrgeiz im edelsten Sinn.
Seine Feinheit in Aufmerksamkeiten gegen die, die er gern hatte: so gern Klara (Hermann u. Dorothea) – besonders beim Geschenk v. Tristan u. Isolde von Imermann.
Sein Bratschenspiel. Sein Zeichnen. Sein Briefstyl. Sein Orgelspiel
Ueber Jean Paul u. das Verführerische/?/, ihn nachzuahmen.
„Sage mir wo du wohnst – u. ich werde dir sagen, wie du componirst“ belustigte ihn sehr.
Ueber Meyerbeer: Daß eine Composition eben ein Stück Leben des Künstlers sei, eine Nothwendigkeit – davon wisse er nichts.
Tiefer Sinn in allem, was er that und sprach, vom Kleinsten bis zum Größesten;
Ueber die 9te Symphonie u. ihre Kritiker; der wundervolle Schluß des 1sten Satzes, überhaupt das wundervolle des ganzen 1sten Satzes. Das Adagio insbesondere ein am höchsten von ihm gehaltenes Stück. –
Ueber die 8te – und daß man sie wie eine kleinere oder gar schwächere betrachte – wie falsch dies sei.
Sein Urtheil in musikalischen Dingen, namentlich über Compositionen – das Treffendste und den innersten Kern erfassende, was man sich denken kann.
Den Fehler u. seine Ursache und Wirkung erkannte er im Nu und überall.
Bei dem Choralvorspiel v. Bach „Schmücke dich o liebe Seele“ (in Es dur) sagte er mit d. innigsten Ausdruck: „wenn mir das Leben alles genommen hätte, dies Stück würde mich wieder trösten“.
Das Gedicht, was er Klara zum Componiren gab.
Selbstkritik, die strengste, gewissenhafteste, die mir je an e. Künstler vorgekomen. Er änderte an einzelnen Stellen 5-6 mal. (Namentlich auch im Elias; sein schönes Wort darüber „er glaube, er könne eben manches noch besser machen“
Sein Todesantlitz. Wie ein Hierophant sah er, wie ein Gottesstreiter, der überwunden. – den 6ten November 1847. –
1843. Der Brief wegen der „Melusine“ u. Mendelssohn’s Antwort, ich solle schreiben: die Ouvertüre wäre (schildere) ein Mesalliance. –
Das Krüger’sche Bachianum und Mendelssohn’s Gesicht dazu.
Über altitalienische Kirchenmusik „sie käme ihm vor wie Weihrauch“ –
Als ich ihm mein Nervenleiden klagte (1845) „aber Himmel, was haben Sie auch aus sich in den letzten Jahren herausgegraben?“ –
Seine Aufmerksamkeiten gegen Clara:
- Das Scherzo zu 4 Händen
- Das 5te Heft d. Lieder ohne Worte.
Das Denkmal für Bach.
Glück- u. Segen verbreitend überall.
Von „Lamery“ /?/ u. ähnlichen Menschen zog er sich zurück, wie er sagte, wie eine Schnecke in ihr Haus.
Göthe sein Vorbild.
Wenn uns auf der Künstlerbahn die alten Freunde zu verlassen anfangen, wenn sie von „falschen Richtungen“ sprechen – wie betrübt das wäre.
Seine peinlichen Correcturen in d. gedruckten Correcturen – und die malitiöse Bemerkung d. Stechers „das ginge wie im Schachspiel“ und sein strenges Benehmen dabei.
Hatte er Jemanden ungerechterweise beleidigt – gegen einen dritten sich mißbilligend ausgesprochen – so ließ es ihm keine Ruhe, sein Unrecht wieder gut zu machen (die Geschichte mit Hofmeister)
Seine Widersacher – die künstlerischen u. persönlichen. –
Sein Benehmen gegen Virtuosenanmaßung – so gegen O. Bull.
Als ich ihm v. d. großen „Fernrohr“ mittheilte, und eine der Bemerkung, die ich wo gelesen, daß wir auf unsrer Erde den höheren Sonnenbewohnern, beobachteten sie uns durch ein Fernrohr, etwa
wie Milben auf einem Käse erscheinen müßten –
„ja aber das wohltemperirte Clavier würde jenen doch wohl einigen Respect einflößen“ (oder ähnliches)
Er hat sich nie „Tagebücher“ oder ähnliches gehalten, wie er mir sagte.
Sein Lob galt mir immer das höchste – die höchste letzte Instanz war er.
Sein Benehmen gegen andere lebende Componisten, ein gänzlich ungerechtes Urtheil, das er darüber oft erfahren mußte. Wo er nichts zu loben hatte, verhielt er sich ruhig; wo er aber unfehlbar /?/ Talent fand, war er der Erste es auszusprechen (Bennett, Gade, Rietz)
Ueber Henselt’s Concert „er wäre sehr getäuscht – wäre überhaupt sauertöpfisch geworden“ – „Passagen mit oben angeklebter Melodie“ nannte er es.
Sein Brief an s. Mutter, an Buxton in London über mich.
[104] 1836. Wie wir über älter gewordene Componisten sprachen, „wie traurig der Gedanke, daß das Schaffen versiegt“ er könne sich in diesen Gedanken gar nicht finden.
Seine ungeheure literarische Belesenheit
- die Bibel, Shakespeare, Göthe, J. Paul, (auch Homer) kannte er in den Hauptstellen gewiß beinahe auswendig.
Und nun erst die musikalische!
Seine Sprachkenntniße.
auf meine Frage „ob er nicht in s. Jugend irgend einmal daran gedacht, nicht Musiker zu werden“ – Ein einziges mal, antwortete er, an einem trüben regnerischen Tage – er habe da „Jurist“ werden wollen.
Seine Voraussetzung des feinsten mus. Gehör’s, „daß man als Kind den Ton der Fensterscheibe errathen müsse“ – schien er bei allen vorauszusetzen.
Sein Benehmen gegen das Orchester. Seine Proben.
Dankbarkeit gegen Moscheles
- Seine Wünsche würden ihm beinahe alle erfüllt – Moscheles, Gade, Rietz nach Leipzig; Fr. Schneider.
Das letzte Stück was wir ihn spielen gehört, waren Stücke aus dem Sommernachtstraum, die er mit Klara vierhändig spielte – in einer Matinee bei Bendemanns – den 29sten März 1846.
Das letzte Stück, was ich ihn dirigiren gesehen, war meine Symphonie in C u. sein g-moll-Concert, von Klara gespielt, Donnerstag d. 5ten November 1846 in Leipzig. Denselben Donnerstag ein Jahr später, dieselbe Stunde (den 4ten 1847) starb er.
Das letztemal sah ich ihn in seiner Wohnung auf der Rückreise v. Berlin nach Dresden, Vormittag den 25sten März 1847. Sein Aussehen fiel mir sehr auf.
In s. letzten Briefen an Fanny Hensel schreibt er „er werde sie noch vor ihrem Geburtstag (den 14ten Nov.) sehen. (Prof. Hensel darüber zu befragen)
Seine Gedanken über „Compositionslehre“ u. über Marx insbesondere.
Wären alle seine näheren Freunde Schriftsteller, es würde jeder etwas anderes außerordentliches, würde jeder wohl von ihm ganze Bände zu berichten haben. Er war jeden Tag wie neugeboren.
Fühlte er, daß seine Sendung erfüllt war? Ich glaube es.
Der Zug von Melancholie, der sich in den nach d. „Lobgesang“ erschienenen Compositionen oft findet
Seine Unterhaltung mit Kindern so lieb und sinnig.
Strengste Erfüllung s. Pflichten gegen Gott u. Menschen.
Rheinwein trank er vorzüglich gern obwohl immer mäßig. Als er einmal unwohl zu uns [Randnotiz rechts: an Kl’s Geburtstag 1842] kam u. deshalb von angebotenem Wein (einem sehr guten Rheinwein) nichts kosten wollte, zuletzt doch kostete u. sagte „wenig solcher Wein kann nichts schaden“ und trank tapfer –
Mein Verhältniß als Componist zu ihm.
Der Widerstand in Berlin spannte seinen künstlerischen Ehrgeiz auf das höchste. Dies eine Ursache s. frühen Hinscheidens.
Anzeige seines Todes in d. Lpzer allg. Zeitung.
1835. Erstes Sehen im August.
1836 vom März Mittagessen im Hotel de Bavière. Dr. Schlemmer.
1836. d. 23sten September. Wiedersehen Mendelssohn’s „er wäre Bräutigam“. Siehe kl. Tagebuch v. 1836.
Ende November 1ten [z. 1. Mal gesehen] Bennett, v. Mendelssohn vorgestellt.
1837 Februar 1: Mendelssohn stellt mir seine Braut vor.
1846.
Reise nach Norderney, den 7ten u. 8ten Juli
Mendelssohn gesehen u. gesprochen. Tristan u. Isolde.
Ueber eine Gesambtausgabe von Bach sprachen wir auch manches; seine Grundsätze dabei.
1847.
Mittwoch d. 10ten Februar vorletztes Sehen Mendelssohns.
Seine Frau mit dem schönen Haubenaufsatz.
Donnerstag d. 25sten März, letztes Sehen (Krug aus Naumburg.) –
Ueber das 1ste Motiv zur Fingalshöhle; Bericht an F. Hensel von den Hebriden aus! –
Sein Umgang mit allem Hohen u. Ausgezeichneten der Erde.
Sein unglaubliches Gedächtniß.
Er empfing die Huldigungen aller Künstler; die bedeutensten Compositionen der jüngeren sind ihm zugeeignet: Gade (Symphonie), Bennett (Sonate), Verhulst ( ), Rietz ( ), Hiller (Zerstörung), Spohr (Sonate).
Seine Sendung war erfüllt. Dies wußte er am besten „Herr, nun laß deinen Diener in Frieden fahren“!
- Wie schmerzlich.
Sein Leben ein Kunstwerk – vollendet.
Seine Handschrift auch ein Bild seines harmonischen Inneren!
Sein Verhalten zur italienischen Musik. Sein Urtheil über Rossini.
[Am rechten Rand, 90° im Uhrzeigersinn gestürzt:] Von anderen mitgetheilte Nachrichten:
Das Geschenk von 50 Thalern an d. jungen Riccius.
Seine Arrestation in Belgien wegen falschen Verdachtes.
Wie ihm Truhn eine Ouvertüre angeblich zu Romeo u. Julie bringt, u. er sagt: sie ist wohl zu König Lear.
Die „Walpurgisnacht“ ist (zum größten Teil wenigstens) in Rom geschrieben. Auch der Anfang seiner Symphonie in a moll.
[Am linken Rand, 90° im Uhrzeigersinn gestürzt:] Daß er in Frankfurt u. Berlin an sein Testament dachte.
Musikalische Zeitungen las er selten – am liebsten ließ er sie sich holen, wenn er unwohl war u. das Bett hüten mußte; dann las er sie gleich Jahrgangweise. –
Doch wußte er von allen bedeutenderen erscheinenden Compositionen. Las er eine neue Composition, so konnte man s. Gedanken auf seinem Gesicht deutlich genug verfolgen. –
„Nun so schlag’ ein Donnerwetter hinein“ hörte man wohl auch gelegentlich.
Ueber Beethoven:
- Das Adagio im G-Dur Concert,
- Das Adagio im D-Dur Trio,
- Ueber die letzten Quartette.
- Die letzten Sonaten.
[Am rechten Rand, 90° gegen den Uhrzeigersinn gestürzt:]
„daß er, wenn er die Feder weglegte, nicht mehr an die Musik dächte” (?)
Er componierte unter Kinderlärm sehr oft.
[107] Ueber die Recensenten des letzten Satzes d. 9ten Symphonie – „ich versteh’ es auch“ sagte er.
Ueber Rellstab: „einen gesunden Menschenverstand könne man ihm nicht absprechen“ –
Wahr in allem war Mendelssohn. (Göthe.)
Keiner Schmeichelei zugänglich, keiner fähig.
[Am linken Rand, 90° im Uhrzeigersinn gestürzt:]
Ueber s. Verhältnis zu Meyerbeer „sie hätten nie zu einander getaugt; hätte der eine „guten Tag“ zum anderen gesagt, der andere hätte gewiß etwas herausgewittert“ pp.
[Zentrum, horizontal:] Er blieb nichts schuldig. Sagte man ihm etwas Gutes, Bedeutendes, so konnte man versichert sein, daß man es doppelt, dreifach zurückerhielt. –
„Die letzte Composition seiner Schwester | Lieder v. Eichendorff. |
Seine letzte |
Orden trug er nie. Sein Zurückschicken des Belgischen (?)
Wie Berlioz mit dem „rothen Bändchen“ in L. erschien – und Mendelssohns Bemerkung.
Frei von allen Schwächen der Eitelkeit war er.
Seine Reisen (Harz – als Knabe)
Der „Elias“ wurde gerade Abends den 4ten Nov. 47 in seiner Vaterstadt Hamburg gegeben. – Die Aufführung in Wien d. 15ten Nov. –
[Am linken Rand:] Aufs. in d. allg. Augsb. Zeitung. 317. (Beilage)
Das Octett schrieb er im 15ten Jahre. Mehr Vollendung in so jungen Jahren kann sich kein Meister der älteren noch der neueren Zeit rühmen.
Als ich ihm sagte, wie viel ich ihm schuldig wäre, da er mir immer Geschenke mache: „aber, Sch., die Quartette“ –
Im August 1835 erstes Sehen im Gewandhaussaal. Die Musiker spielten ihm s. Ouvertüre „Meeresstille“ vor. Ich sagte ihm, daß ich alle s. Compositionen gut kenne; er antwortete etwas sehr Bescheidenes darauf. Der erste Eindruck der eines unvergeßlichen Menschen.
Die Voigt, irre ich nicht, machte uns zuerst bekannt.
Zu Ende September kam er ganz nach L.
1835. 1836. 1837.
Am 14ten März 37. Früh 91/2 zu ihm. Tags vorher die 9te Symphonie v. Beethoven. Den ersten Satz nahm M. unbegreiflich rasch, für mich so beleidigend, daß ich geradezu fortging. Ich sagte es ihm auch, sogar etwas grob u. geradezu. Er war frappirt „er hätte sich ihn nie anders gedacht“. Dann „die drei ersten Sätze wären übertrieben schön“ Schon früher meinte er: „an Schwung käme am 1sten Satz nichts in der Musik gleich, von ferne etwa der Schluß des ersten Satzes des D-Moll Concerts von Bach“ „Einige kleine Instrumentirungen wünsche er vielleicht anders, im Scherzo (ich weiß die Stelle), dann im Adagio eine (wo die Violinen den starken Mittelgedanken beantworten): an der ersten höre man das Thema nicht, an der zweiten wären die Violinen zu schwach“. „Den letzten Satz verstünde er nicht“ Damit sagte er: „er gefiele ihm am wenigsten“.
In vierzehn Tagen heirathet er. „Ob es nicht schauerlich wäre von ihm: er stünde so nah am Ziel seines Glücks u. dennoch beleidige ihn eine falsche Note wie vorher, wäre er bei seiner Braut, wäre freilich alles vergessen“. Sie wäre ein Kind. Vor wenigen Tagen sagte er recht wehmüthig „Schumann, wie traurig, wenn ich an diesem Hause vorübergegangen wäre“.
Als wir über die Symphonie fertig waren, faßte er meine Hand: Sch, nehmen Sie mir jetzt etwas nicht übel; ich befinde mich bei Ihnen so behaglich; hab’ aber so traurige Erfahrungen gemacht namentlich bei denen, die etwas mit einem öffentlichen Organ zu thun haben, daß eine Scheu übrig geblieben ist, selbst gegen die, wo er doch wüßte, daß es nicht nöthig wäre, sie zu fürchten. Er wünsche mir gern zu schreiben, u. recht offen, was er auf dem Herzen habe. Ob ich ihm verspräche auch discret damit umzugehen“ Dies war der Sinn; ich etwas verlegen; es glich sich aber rasch aus.
Ich fragte ihn über seine „Walpurgisnacht“ v. Göthe, die er schon längst componirt. „Der 1ste Theil wäre ihm jetzt zuwider, dagegen ihm der 2te sehr gefiel“ „Er wolle die Zeit abwarten, wo er einen andern 1sten dazu machen könne“ Leise/?/ sagte er mir von einem Brief, den er von Goethe üb. das Gedicht erhalten.
[109] Ich nahm mir Händels Claviersuiten, die H-Moll Messe v. Bach u. das Requiem von Cherubini mit.
Von der H-Moll Messe: Manches wäre trocken, das meiste unvergleichlich schön: „Sehen Sie nur schon die Noten an“.
Vom Requiem v. Ch. hielt er viel. Er sprach mir schon vorm Jahr da von; doch entsinne ich mich nicht genau der Worte mehr.
Dann vieles über Paulus. Ich zeigte ihm die Stellen, die mir in der Probe nicht recht gewesen waren. Er: „möchte ihm aufrichtig sagen, ob das Oratorium nicht trocken, nicht monoton mir in der Zeit würde, er hätte schon eine Arie herausgenommen“. Ich: „ein solcher Gedanke käme nicht auf“.
Das Quellenwesen in d. Schweiz. – Die Geschichte mit d. Kurier v. Genua nach Mailand.
Die Geschichte am Weimar’schen Hof, wie er Knabe war. –
Ueber Meyerbeer (1842)
[Auf dem Kopf stehend:]
d. englische Chorgesang, namentlich Händels, das Plärrende ist eigenthümlich – weniger gut der steinerne [?] Vortrag –
S. Aufnahme bei d. Victoria u. Prz. Albert – Ueber e. Ausgabe der Werke v. Bach – Todfeind allem journalistischen Getriebe. –
S. geheimnisvolles Wesen bei Compositionen, die er noch in Arbeit. –
Wie gern er die Schröder-D.33 habe; „ein leidenschaftliches Weib“.
[Am rechten Rand, 90° im Uhrzeigersinn:] „Ob wir uns je zanken könnten“ –
[Am rechten Rand, 90° gegen den Uhrzeigersinn:]
Auf meine Frage „wer wohl die beste Fuge schriebe unter den Lebenden“ antwortete M. unbedenklich „Spohr“. An Cherubini, der noch lebte (1836) hatte er nicht gedacht. – Das Concert-Concert, das er im Sinn gehabt. – Von Hauptmann’s Musik „fein wie Schießpulver“
Ueber mich (1846) „mein Pendel würde wohl in Leipzig ausschlagen“ L. wäre der günstigste Boden für mich – Immermann’s Text f. Mendelssohn (der Sturm): Der Zaubermantel in Calibans Händen.
[Zentrum, horizontal:]
Ueber Chopin (vor 1840). „Er ist ein entschiedenes Talent. – Seine zweiten Erfindungen, (seine 2ten Thema’s) sind immer schwächer als die ersten. – Er hätte ihm ein Stück vorgespielt (das Notturno in G Dur vor dem Andante spianato), das M. sehr poetisch beschrieb: man sähe wie in einen Garten mit stumm wandelnden Menschen, Springbrunnen dazwischen und seltsamen Vögeln, ein eigenes Zauberleben der Musik wollte M. damit schildern. –
1844 im Dec. in einer Soirée bei Härtels. Ich sagte M. von dem Projekt der Grafen Wielhorski in Petersburg, die ein Musikfest arrangiren wollten, zu dem sie Rossini, Meyerbeer u. Mendelssohn als Dirigenten einzuladen im Sinne hätten – u. ich setzte hinzu: das Schiff kömmt [weiter S.111]
[110] [Zentrum, 90° im Uhrzeigersinn:]
„Die Anerkennung käme meistens, wenn man ihrer nicht mehr bedürfe“ (Kalkbrenner)
(gamin). Als er Bräutigam war „Sch., wenn ich an ihrem Haus vorbeigegangen wäre“. –
S. Charakteristik der Berliner u. Leipziger. – Der Lorbeerkranz bei Schlemers Souper. –
Sein Einstudiren, seine Proben. – Unser Schach- u. Billardspiel. – Verhältniß zu Marx, u. Bach u. Berger in Berlin. – Er erinnere sich nie, mechanische Uebungen gemacht zu haben. –
[Am linken Rand, 90° im Uhrzeigersinn:]
+ Hummel, Weber, Cherubini.
+ Die Geschichte b. Fantasiren
[Am linken Rand, 90° gegen den Uhrzeigersinn:]
1845 od. 1846
„Solange man lebendig in etwas [?] Der Tod ist stationär genug“
[Am linken Rand, 90° im Uhrzeigersinn:]
(Das H. d. m. auf alten M’scripten)
[Am rechten Rand, 90° im Uhrzeigersinn:]
(Sein Zusammentreffen mit Liszt (1839) u. das Du u. die Quinten)
?Gade’n wünsche er stetiges Einsamsein mit sich u. seiner Kunst; seine Richtung mache ihn auch bange, daß sie nicht einseitig werde
[111] nicht an; Mendelssohn lachend dazu: das Schiff geht unter. –
Ueber David 1843. Er hätte die Anlage, ein vollkommener Mensch zu werden. –
- S. Freude, als er Doctor geworden war, daß er nie Orden trug.
Ueber /?/ in F., daß er Respect habe.
[Auf dem Kopf stehend:] (Daß er seine Arbeiten in Gesellschaft bald vergesse.)
[Zentral, horizontal:] Ueber Gade (1843). M. hielt sehr viel von seiner 1sten Symphonie, von seiner 2ten weniger; aber es wäre doch immer etwas anderes damit, als mit so einer Arbeit wie von Lindpaintner, es kämen doch manchmal 4-8 Tacte, wie sie einem wie L. niemals in s. Leben einfallen könnten. – Gade wäre einer, den er gern hätte, wenn er spräche ebenso wie wenn er schwiege. –
Bennett nannte er eine schöne Natur, seine 3 Wasserstücke (The Millstream, the Fountain, Lake) spiele er unnachahmlich. –
Ueber Klara. Das Schlüpfende ihres Spieles. Er hielt sie immer sehr hoch. „Die versteht Clavier zu spielen“. Es machte ihm immer Vergnügen, recht lebhafte Tempis mit ihr zu nehmen, bei vierhändigen Sachen, namentlich beim Vistaspiel. –
Von Bach, Gluck, Händel, Mozart, Haydn u. Beethoven sprach er stets mit der tiefsten Verehrung. An Mozart tadelte er einmal den Chor (in Davide penitente) seine Art für die Singstimme zu schreiben; der einzige Vorwurf, den ich je von ihm gehört.
Ueber die Sontag, Garcia – über verschiedene seiner eigenen Compositionen – das 1ste Lied ohne Worte – d. Octett –
Ueber F. Schubert, Berlioz, –
Die Fingalshöhle – Paulus – Symphonie in A (Anfang in Italien) – über mich – üb. Jean Paul, Göthe –
W. v. Göthe – Zelter – seine Schwester – L. Berger – Seb. Bach u. E. Bach – C.M.v. Weber – Rossini in Frankfurt – V. Hugo – Andersen – Rietz – Händel – (Israel) – (s. Geiger) – (s. Ouv. zu Hero) –
[Am rechten Rand:] Die glücklichen Strömungen an manchen Tagen
[112]
Mit Mendelssohn.
Witziges.
Seine Anecdoten mit den Diplomaten in München
– – – Mädchen –, das ihm die Webersche Sonate nachspielte.
Seine Antwort über Hauser.
[Am rechten Rand:] Vom Trips Traps der Imaginationen
[Zentrum, horizontal:] [?] – Mitzi.
Seine Vorstellung am Weimar’schen Hof, Mit Zelter in Leipzig
Der romantische [?] Jean Paul
Urtheile über Delphine Schauroth, Dehn in Berlin, Raumer, Clara, Chopin, Hiller, Meyerbeer, über mich, Bennett, über Berlioz, über Liszt, über Fr. Schneider, über Banck, über Verkenius in Cöln, Jean Paul, Rückert, über alte Kirchenmusik, üb. Rellstab, üb. Henselt, üb. Thalberg, über Moscheles, über Rahel, über seine Schwester, seinen Vater, seine Erziehung. Vieles über Bach. Über Einzelne Compositionen v. Beethoven (A Moll Quartett). Ueber Lipinsky. Ueber Fink, Molique. Die Carl. Ueber Homer. Die Nibelungen.
Nicht ein Fünftel s. Compositionen wäre gedruckt.
Merkwürdige Aufschlüße über die Bachschen Manuscripte, die sich jetzt noch in der Singakademie befinden
Er wußte alles, was in der Welt vorging;
man konnte ihm nichts neues berichten.
Was ein Traum sei? „Wenn man schläft und es fällt einem etwas ein.” –
Ueber G. W. Fink u. die Bachschen Passionen
Ueber Jean Paul, die Flegeljahre bes. –
Materialien:
- Zelter’s Briefwechsel
- Marx’sche Zeitung.
Ed. Devrient, Bendemann, Hübner
Kern- u. Schlagworte von ihm.
Ueber Johann Schneider u. sein Orgelspiel.
[113] Friedrich Schneider in der Nacht vom 7ten z. 8ten Nov. 1847 (Höchst rührend.)
[Am rechten Rand:] (Oratorium- u. Musikschule-Rival)
Sein Grundsatz: „man müsse alle Tage etwas componiren“.
Die letzten Wochen seines Lebens. Seine letzten Compositionen.
Dank an Hübner f. die Zeichnung d. Elias.
Daß er England noch einmal sah.
Daß er die Bergluft in d. Schweiz noch einmal athmen müßte.
„Herr, nun laß deinen Diener in Frieden fahren”
„Vergangen ist der lichte Tag“.
Das Erhebende seines Umganges.
Höchste sittliche und künstlerische Maxime; daher unerbittlich, scheinbar manchmal schroff u. inhuman
Seine Religiosität.
Schleinitz.
Seine Dedicationen – Beweise seiner Achtung insbesondere, seltene Auszeichnung.
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ in der Vorlage: mit [?]