Erinnerungen aus meinem Leben/Auf dem Wege nach Metz

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von: Willibrord Benzler
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Auf dem Wege nach Metz

Inzwischen war die Nachricht, daß bald ein neuer Oberhirte auf dem verwaisten Stuhle des heiligen Klemens Platz nehmen werde, in der ganzen Diözese mit Freude aufgenommen worden. Man brachte dem Erwählten des heiligen Stuhles schon damals Vertrauen und Liebe entgegen. Dazu trug vor allem ein Hirtenschreiben bei, mit dem die beiden Kapitelsvikare Karst und Weislinger am 6. Oktober den Bischof bewillkommten. Sie wandten auf ihn den Ausspruch des heiligen Mönchsbischofes Gregor von Nazianz an: »Ich komme aus der Einöde« und teilten Worte aus einem Briefe des Oberhirten mit. Darin bekannte der Bischof, er fühle jetzt schon eine große, unverlierbare Liebe zu Metz. Was er geben könne, sei nicht viel, es sei seine Liebe und der aufrichtige Wille, in allem das wahre Beste der Diözesanen zu fördern und nichts zu suchen als das Reich Gottes und seine Gerechtigkeit.

Während in Metz viele Herzen in freudiger Erwartung schlugen, brachte der Abschied von Maria-Laach dem Vater und seinen Söhnen bitteren Schmerz. Überhaupt fiel es Abt Willibrord schwer, aus dem Frieden des Klosters zu scheiden. Ein Trost war ihm die dankbare Anhänglichkeit seiner Söhne und das Bewußtsein, daß er auch auf dem Bischofsstuhle von Metz ein Ordensmann und Sohn des heiligen Benedikt bleiben durfte.

In seinem ersten Hirtenbrief gibt er seiner begeisterten Liebe zum klösterlichen Leben und zu seiner Abtei am Laacher See mit rührenden Worten Ausdruck. Er sagt da: »Wir lebten so glücklich im stillen, trauten Heiligtum des Klosters, das siebenundzwanzig Jahre hindurch uns wider die Stürme und Täuschungen des Lebens geschützt, Unsere Seele vor so vielen Gefahren und Übeln der Welt bewahrt hat. Ferne dem Gewirr und den Sorgen des weltlichen Treibens konnten wir in vollen Zügen aus den unversieglichen Quellen der heiligen Liturgie und der kirchlichen Wissenschaft trinken; die Lehren und Vorschriften der heiligen Ordensregel, verbunden [142] mit den Beispielen der Tugend und Frömmigkeit, die wir vor Augen hatten, erneuerten uns Tag für Tag im Geiste; im Gebete, im trauten Verkehr mit Gott durften Wir ein wenig jenen Frieden und jene Freude kosten, die schon das Erdenleben wie zu einem Freudenmahle macht, zu einer Vorbereitung auf die Wonnen des himmlischen Vaterlandes.

Allerdings erlitt dieses Glück eine gewisse Beeinträchtigung, als Wir aus der Reihe der Mitbrüder hervortreten und die Regierung einer Abtei übernehmen mußten. Das äbtliche Amt bringt naturgemäß viele Sorgen und Mühen mit sich; allein die treue Unterstützung der Mitbrüder, das Glück des klösterlichen Familienlebens, eine hoffnungsvolle Jugend, die unter Unsern Augen heranwuchs, und die ganze glückliche Entwicklung der Abtei unter Gottes sichtlichem Schutze erleichterten Uns die Bürde und erfüllten Uns die Seele mit Freude und mit innigem Danke gegen Gott.

O, niemals werden Wir die geliebte, altehrwürdige Abtei an den Ufern des schönen See's vergessen. Die herrliche Kirche, welche die Zeiten eines heiligen Bernhard und einer heiligen Hildegard geschaut, steht im Begriff, den Staub einer fast hundertjährigen Verödung abzuschütteln und wie mit jugendlicher Schönheit sich zu schmücken. Das düstere Schweigen, welches so lange über der heiligen Stätte brütete, ist gewichen, und wie in alten Tagen steigen wieder der Mönche Loblieder zum Himmel empor. Und wie könnten Wir euch vergessen, ihr stillen Wälder voll geheimnisvoller Majestät, ihr hundertjährigen Hüter des blauen See's, den ihr wie mit lieblichem Kranze umrahmt! Leb wohl teures Kloster, der Herr schütze und segne dich für und für; sei und bleibe immerdar eine Pflanzschule echter Frömmigkeit und Tugend, eine Quelle des Segens für nah und fern! Wir müssen dich verlassen, geliebte klösterliche Einsamkeit, und im Gehorsam zurückkehren in die Welt, der Wir für immer glaubten Lebewohl gesagt zu haben. Doch nein, Wir verlassen dich nicht gänzlich, traute klösterliche Heimat; Wir bleiben Mönch auch auf dem bischöflichen Throne; St. Benedikt wird auch [143] fernerhin Uns Vater, und Wir werden ihm stets ein treuergebener Sohn sein.«

Die Berufung des Abtes von Maria-Laach auf den bischöflichen Stuhl von Metz war eine große Ehre für die Beuroner Kongregation. Sie wußte diese Ehre zu schätzen. Das brachte ein gemeinsames Glückwunschschreiben der Kommunität von St. Martin zu Beuron vom 24. Oktober zum Ausdruck. Da hierin auch in schönen, wahren Worten auf die providentielle Führung im Leben des neuen Bischofs hingewiesen wird, möge diese Adresse hier folgen:

»Wenn Euere Bischöflichen Gnaden am Tage, da Sie den Stuhl des heiligen Klemens besteigen, zurückschauen auf den Weg, welchen die allzeit bewunderungswürdige Weisheit und Güte Gottes Sie geführt hat, so wird Ihr Auge nicht vorübergleiten an der Friedensstätte im Donautal, in der Sie so glückliche Jahre Ihres monastischen Lebens und Wirkens verbracht haben.

Wie die junge Donau, sich rastlos durch ihr felsiges Bett windend, mälig zum mächtigen Strome heranwächst, so haben Sie, hochwürdigster teuerster Herr Bischof, in ernster und frommer Arbeit die heiligen Wege der Regel unseres glorreichen Patriarchen wandelnd, sich für ein höheres Amt im Haushalte der Kirche Gottes befähigt. Was Sie im bescheidenen Wirkungskreis des Klosters geübt, jetzt soll es dem katholischen Volke von Lothringen zu Nutzen werden.

Als Sie die junge Schar unserer Kleriker in den heiligen Wissenschaften unterwiesen, da bereitete Gott Sie für das apostolische Lehramt vor; als Sie unseren beiden Erzäbten und Stiftern in der Leitung der klösterlichen Genossenschaft eine treue und feste Stütze waren, da ersah die Vorsehung Sie für das Hirtenamt einer Diözese, und als Sie, in priesterlich lauterem Wandel voranleuchtend, die jungen Mönche zu Priestern heranbildeten, da haben Sie sich den hohenpriesterlichen Beruf erworben.

So werden denn alle unsere Herzen und Gedanken, unsere Wünsche und Gebete wie an Ihrem Ehrentage, so auch in alle Zukunft [144] Ihnen nahe sein und Sie begleiten, hochwürdigster Herr Bischof! Wir werden Sie immerfort als einen der Unsrigen betrachten und in unser mitbrüderliches Gebet einschließen.

Möge es Euer Bischöflichen Gnaden unter den Sorgen und Mühen des Bischöflichen Amtes ein tröstlicher Gedanke sein, daß Sie sich auf das Gebet der Mönche in den Chören von Beuron und Maria-Laach stützen können und dadurch ermutigt, gleich so vielen unserer Vorfahren auf bischöflichen Stühlen, allezeit ein wahrer guter Hirt sein, beseelt von demselben Geiste, in dem unser heiligster Vater Benediktus Gott diente und die Seinen lehrte.

In dankbarer Verehrung
Die Kommunität von St. Martin.

In der ersten Hälfte des Oktobers zog sich Bischof Willibrord noch einmal für einige Tage auf den Mont César in Löwen zurück, um sich in aller Stille für den großen Tag der Bischofsweihe zu bereiten. Am 21. Oktober hielt er sein letztes Pontifikalamt in seiner geliebten Abteikirche. Am 26. Oktober trat er dann nach wehmutsvollem Abschied die Reise an nach seiner Bischofsstadt.