Ersch-Gruber:Copernicanisches Weltsystem
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Copernicus (Nicolaus) |
Section 1, Theil 19 (1829), ab S. 247. (Quelle) | |
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COPERNICANISCHES WELTSYSTEM oder Copernicanische Hypothese (letzteres Wort in der Bedeutung genommen, worin es die mathematische Physik gebraucht; vergl. den Art. Hypothese) nent man die von Nicolaus Copernicus in seinem Werke: De revolulionibus orbium coelestium libri VI., zuerst ausführlich dargelegte und begründete Annahme, daß die Erde und alle Planeten sich in Kreisen, in deren Mittelpunkte die Sonne stehe, um letztere bewegen. Es wird am zweckmäßigsten seyn, dies System hier nach jenem Werke des Copernicus kurz zu schildern, die Verbesserungen und Bestätigungen aber, welche dasselbe durch Kepler, Galileo, Newton u. A. erfahren hat, erst in den Biographien dieser Männer, so wie in dem Art. Planeten anzugeben. Eine Vergleichung dieses Systems mit dem ptolemäischen und tychonischen s. in dem Art. Weltsystem. Dort und in dem hienächst folgenden Artikel wird auch über die Geschichte dieses Systems weiter die Rede seyn. – In der an den Papst Paul III. gerichteten Vorrede seines Werks erklärt Copernicus, daß die Unzulänglichkeit der Hypothesen, welche man zur Erklärung der scheinbaren Bewegungen der Himmelskörper zu seiner Zeit anwandte, und der Mangel an Symmetrie in der Hinnahme der Sphären, und ihre theils rotirenden, theils oscillirenden Bewegungen, ferner in der Annahme der eccentrischen Kreise, der Epicykeln u. s. w., ihm nach langem Nachdenken darüber unerträglich geworden sey[1]. Er habe daher die Werke aller Philosophen, so viel er ihrer habe erlangen können, wiederholt gelesen, um zusehen, ob nicht irgend eine andere Erklärung der Bewegungen am Himmel darin sich fände. Ac reperi [248] quidem, fährt er fort, apud Ciceronem primum Nicetam sensisse terram moveri. Postea et apud Plutarchum inveni quosdam alios in ea fuisse opinione, cujus verba, ul sint oninibus obvia placuit hic adscribere:
(Griechisch)
Inde 4) igitur occasionem nactus, coepi et ego de terrae mobilitate cogitare etc. Mans sieht hieraus, daß Copernicus, weit entfernt, sich die eigentliche Erfindung beö f on i()m benanten ei)ftcraö an^u^ niagen, öiclnie^c SHlcö, tr.aö in feinen Gräften ftanb, nctban MC/ "W biefclbe bem 2(Uert()iinie ^u tinbicircn, tväbrcnb er ftd) felbft nur bte il)m unbc|hcitbar lutonv tnciibc fcfterc a5ccirünbun3 bicfeö gpftcniö tJorbc()ielt. 2{uci)roar bcr groge 5)rann, »te man nachher ou6 feiner 58icarav^iefcl>entvirb, uiel 511 bef*eiben unb torfiditig, alö ta^ er mit einer für feine Seit in ber X()at nocf) gefa^r^ liAcn äöchnuptung , auß Diul;mbegterbe f)atte \)cxwxtxc} ten feilen. — 3n bem erften SBud^e feineö SScrf^ gibt er eine Überfidbt fctucs? gan5cn epftcm^. gr tragt !)tcr fei^ ne sum Sbeil freüi* nod) na* fd)o[aflifd)er 53ietapt)i>fiC fcfim^tenben ©vimbe für bic jlugclgelTalt beö ganjen SBeltgcbäubeö, fo roie ber gebe unb jebeö ^immclefDr* »erö msbefonberc vox , wcbei er jebod) fchon ben erft laiu oe nad)l)er bon Sieroton weiter au^gcnif)vten ©ebanfeit einer aUciemeinen e*n3cre augert. (ir tl)ut (hierauf bie g[ijDgIid)fett bar, bog bie grbe firf) bea^cge unb jetgt, wte fc'iel Icidbter fid) aüe 33ewcgungen ber ^immelefcrpet er; fidren lafTcn, wenn man annimt, bie ^sonne befinbe jid) im5)iittclpunfte aUer^^lanctenba&nen, um biefc bewege ficf) -unäcftft 55^ercur, TOCit:ri)in 55enui?, bann bte |rbe mit ihrem «BJonbe , in gvögerer (E-ntteiniing 53?ar^, t)ier< fluf -^tupiter unb enblid) eaturn. Siefe Siegion ber ^Wy neteii umgebe ringst in unermcglid[)em 2fb|lanbe bie epf)a# re ber ?5irfternc 5), weld)e, eben fo wie bie gönne, unbe; vceglid) fep Sie Umlaufö^eitcn ber «Planeten um bic Sonne gibt er so an: Mercur 80 Tage, Venus 9 Mon
2-) Ouaest. acad. Üb. IV. cap. 39. 3) De placit. Phil lib 3. cap. 13. 17. 4) (icpernicH» tantc ncd) m^t nuiiic anbcrc Stellen, ivcldjcii iufoloc 'p b i 1 l auÄ ton Ämon, ärVita« unb SiniAufi t-on Sctri , unb fpcitcrbin tcr bc.u^iute eiriftar* ron SanieS nicl)t bloä bic Umbrchunc ber grbc um ihre "Uc fcnbcrn aud? bic forlfdjrcitcnbc »crocgnui) bcbauptct ba: bcn felk-n ®cnar >p 1 a 1 fott nad) fluw<l,i 'iiu-Jfaac , rocldjct (11. bicbci auf bk 'jcvleicn gcijangcnc ©cfdjidjtc ber giitrcnciuic bcä Vhcorbraü bc;icbt , in feinem Filter icnc 9nemunii anaencuinien Taben V\og. Laert. lib. VIU. {. 85. - Plut. in N""'!, - A.cbimed. tn Arenar. _ Plat. Q.aest. _Plat. 7. 5^ S^a« für eine 'Ijcrftcttunä gopetnicuS t>on CcnSiUtcrncn gehabt ^abe, labt fid/au« feinem 51'cttc nid;t bcutlitft crtcnnen, ba banclbc bic» ocn unferm ©onncngcbietc banbclt. OJur fagt g. g.«; ridjtig, ^aB felbft ber 35urd)mefict ber gtbbatn gegen bic gntfcrnung ber ^ir: ftctnt Berfdnrinbe. 3brer 95ertbeilung im iKaumc gibt er bie .Rugcl: geftalt bcftimt aber nid)t naber, eb fie aflc in gleidicn gntfernun- neu »om OTittclpunttc \n beuten fencn ober in retfd;iebenen ; bcc^ fditiut cp faü, er meine grftercä. Übrigcnä bcbicnt er H) ber ,\\r- flaue nur aU fcftct 'puntte, um bic Scroegung ber «Planeten ju bcftiunucn.
nate, Erde mit dem Monde 1 Jahr, Mars 2 Jahr, Iupiter 12 Jahr, Saturn 30 Jahr. Der Erde schreibt Copernicus eine dreifache Bewegung zu, nämlich.- 1) eine Bewegung um ihre eigene Axe, woraus er die scheinbare tägliche Bewegung der Himmelskugel erklärt und dabei zugleich die meistens von grober Unkunde der Mechanik zeugenden Gegengründe seiner Widersacher siegreich widerverlegt. 2) Eine Bewegung in ihrer jährlich zu durch, laufenden Bahn um die Sonne, woraus er das scheinbare Fortrücken der Sonne in der Ekliptik, und die wechselnde Erscheinung der Rechtläufigkeit, des Stillstandes und der Rückläufigkeit der Planeten erklärt. 3) Eine Bewegung der Erdaxe, wodurch dieselbe stets sich selbst parallel erhalten werde. Die Nachfolger des Copernicus haben bald eingesehen, daß es nicht nöthig sey, diese letzte Bewegung voraussetzen, da das Phänomen, zu dessen Erklärung Copernicus dieselbe annahm, keiner solchen Erklärung bedarf. — Den Rest des erste» Buches mmt ei, ne Anleitung zur ebenen und sphärischen Trigonometrie ein, welche schon früher von Rheticus einzeln heraus, gegeben war. — Im zweiten Buche handelt Copernicus von den Kreisen an der Himmelskugel, von deren Lage gegen einander, von den Theilen des Tags und der Nacht, vom Aufgange und Untergange der Gestirne u.s.w. Am Schlüsse gibt er ein Fixsternverzeichniß, welches in, dessen blos das ptolemäische ist, nur daß Copernicus, des Vorrückens der Nachtgleichen halber, die Länge jedes Sterns um 6° 40' vermindert hat. — Im dritten Buche wird der jährliche Umlauf der Erde um die Sonne und der Unterschied des tropischen und siderischen Son, Neujahrs naher betrachtet. Um das Vorrücken der Nachtgleichen zu erklären, gibt Copernicus der Erdaxe noch eine Bewegung von sehr langer Periode, vermöge welcher der Weltpol einen Kreis um den Pol der Ekliptik beschreibt. Da er jedoch, aus Vergleichung der in den verschiedenen früheren Jahrhunderte» angestellten Beobachtungen, denen er freilich größere Genauigkeit zu, schrieb, als sie besitzen, eine Ungleichförmigkeit in jenem Vorrucken zu bemerken glaubte, und zugleich wahrnahm, daß die Schiefe der Ekliptik sich geändert habe, so legte er der Erdaxe noch eine Libration bei, und nahm darum außer dem wahren Weltpole noch einen mittlern an, um welchen der wahre sich in einer gewundenen Linie (etwa von der Form «,) bewegt. Im vierten Buche trägt Copernicus seine Theorie des Mondes, im fünften und sechsten die der übrigen ihm bekanten Planeten vor.
- ↑ Dasselbe hatte schon Alfons X. von Castilien über dieses Systeme geurtheilt; s. d. Art. Alfons.