Erschreckliche newe Zeittung aus dem Stedlen Muthenin

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Autor: unbekannt
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Titel: Grausame/ Erschreckliche newe Zeittung/ wie in einem Stedlen Muthenin genant/ [...]/ einen Meltzer mit Namen Michael/ [...]/ der Teuffel [...] von Fuß auff bis auff die Gürtel gebraten/ [...]
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Erscheinungsdatum: 1603
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Drucker: Esaias Mechler
Erscheinungsort: Erfurt
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Quelle: VD17 12:665803C
Kurzbeschreibung:
Flugschriften des 17. Jahrhunderts
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[1] Grausame / Erschreckliche newe Zeittung / wie in einem Stedlen Muthenin genant / eine halbe Meil von Ronsperg gelegen / einen Meltzer mit Namen Michael / welcher alldar bey dem Schloß viel Jahr gedienet / der Teuffel im Bier Keller uber den Kohlen von Fuß auff bis auff die Gürtel gebraten / das er endlich nach vier und zwentzig Stunden jemmerlich gestorben.

Welches ist geschehen / den xvj. Januarij / in diesem jtzigen M. D. C. III.
1. Timoth. 6.     Ephes. 5.

Der Geitz / als ein Wurtzel alles Ubel / brinhet von dem Glauben In Irthum / und in vielerley Beschwernis die Geitzhälse / auch wol gar in die Helle. Dann kein Geitziger und abergleubischer Mensch ererbet das Reich Gottes. Und welche nach dem Reichthum erachten / fallen dem Sathan in seine Stricke.

Ephes. 4.

Aus ewrem Munde sol keine böse Rede gehen / Sey ferne von euch allerley Bitterkeit / der Zorn / und Mutwille / Geschrey / Lesterung / und Boßheit. Derwegen gebet keine stat dem Teuffel / sondern widerstrebet jm / so leufft er hinweg von euch. Jacob. 4.

Wenn Gott einen hie straffen wil /
Das er gesündigt offt und viel.
Erstlich kömpt er von seim Verstand /
Und wird stockblind als bald zuhand;
Leufft stracks zu seinem verderben /
Welchs die Sünde thun erwerben.
Bis er endlich gstrafft wird eben /
Nach dem Verdienst durch sein Leben.

[2] WIe weit jtziger Zeit die Leut von Gottfürchtigkeit abgewichen / und zur Hoffart / geitz / pancketieren und wolleben / auch in allerley Schand und Laster sich begeben / dadurch viel mehr umb Leib / zeitliches Gut und Pracht / dann umb jrer Seelen Seligkeit sorgen / ist so hell und klar / als der Sonnenschein am liechten Tage. Und wiewol Gott der HERR gar offt mit schwerer Straffe / seinen grimmigen Zorn zu erzeigen / uns heimsuchet / und Wunderzeichen sehen lest / jedoch findet sich bey uns kleine Verbesserung. Wolte Gott / das diese grausame erschreckliche That uns zu Hertzen gienge / und die unbußfertigen / verzweiffelte / und jrer Seligkeit unachtsame / zur Bekehrung bringen möchte: doraus ein jeder erkennen kan / wie hoch das liebe Gebet uns stets von nöten / damit wir sprechen: Und führe uns HERR nicht in versuchung / Sondern erlöse uns von dem Ubel / Amen.

Es hat sich zugetragen im Gebiet des Edlen und Ehren vesten Herrn Johan des Jüngern Widersperger von Widersberg / auff Muthenin / etc. Welches eine halbe Meil von Ronsperg / und eine viertel Meil von Hostaun / dem Wolgebornen Herrn Herrn Heinrich Lorentz Graff von Guttenstein / etc. gelegen. Da war ein Meltzer Michael genant / gedachtes Herrn Johan Widersperger unterthaner / welcher bey dem Schloß viel Jahr lang gedient / darnach in dem Städlein Muthenin sich nider gelassen / jm ein Weib mit Namen Anna genommen / mit der er im Ehestand etliche Kinder gezeuget: Sein Haus war in der Gassen Ziegenrücke genant. Er war auch gar ein genawer karger / geitziger Man / dadurch ziemlich reich: Dann er hatte im Mestall acht und zwentzig Ochsen / neun Kühe / und des kleinen Viehes eine grosse summa / davon er guten Nutz und sein [3] auskommen gehabt / jedoch sich damit nicht genügen lassen / sondern mit dem Geitz besessen / grossen Wucher getrieben / den Armen auff den Zinß Geld geliehen / also durch hinderlist / wem er vier Taler vorgestreckt / hat er jme in vier Wochen fünff Taler geben müssen / sonsten hat jn weder einheimischer noch frembder mit nichten geniessen können. Er gedachte nicht / was Gott im dritten Buch Moysi am 25.Capit. saget: Wann dein Bruder zu arm und seine Hände müde würden / stercke jn: Wirst nicht Wucher nemen von jm / sondern Gott deinen HERRN fürchten / das sich dein Bruder bey dir ernehren möge: Dein Geld solt du jm nicht auff Zinß geben / auch nicht darleyhen umb deines Nutzes willen / etc. Und Christus der HErre spricht / Lucæ am 6. Jr solt wol thun und leyhen / und nichts dafur begeren.

Gedachter nun Michael Meltzer in diesem 1603. Jahr / den 15. Januarij am Abend / hat widerpart gehalten mit einem Müller / welcher ist bey dem Städlein Muthenin in der Herrn Mühle / wegen eines Weitzen Maltz / das er jm nicht gar zugestelt hat / welchs der Frawen auch zu Ohren kommen / Allda er vor dem Müller hoch und thewr geschworen / es sey nicht war / sol jn gleich als bald der Teuffel sieden und backen: und die wort hat er gar offt widerholet / endlich damit heim gangen. Aber nach seinem Todt / das er unrecht / und dem Müller zu kurtz gethan / auch der Weitze in seinem Haus befunden.

Den andern Tag den 16. dato / umb 7. Uhr nach mittag / ist der Michael Meltzer aus seinem Zimmer in das Brawhaus gegangen / alldar einem Helffer und dem Lehrknechte befohlen / das sie sollen Brandkohlen nemen / und jme in ein Keller / darin etliche viel Fässer altes Bier gestanden / nachtragen / dann es besorgte sich / das durch grosse Kelte möchte verderbet werden / darumb wolt er es erwärmen. Welches als sie gethan / und zu jm kamen / hat er in eine Stütze das Bier eingelassen / jnen geschenckt und zugetruncken / das sie eine kleine Zeit alldar mit jme waren. Hernach da sie von jm gehen wolten / und jn in Trawrigkeit / [4] als wann er etwas in schwerem Gemüt / gesehen / fragten jn / warumb er so trawrig were? Er antwortet jnen / und sprach: Ich gedencke jtzt / wem ich was geliehen / und wie ich das meine wider bekommen möchte. Damit giengen sie von jm in das Maltzhaus / und er blieb allein im Keller / vermeinet das Bier wol zu versorgen. In dem als er in gedancken bey den Kohlen saß / uber eine kleine weil / dauchte jn / das jemand gar hart mit einem Wagen furüber fehrt und sich fur der Thür auffgehalten / da stund er / macht die Thür auff / und wolt sehen / wer da keme gefahren. Bald grieff jn an ein grosser schwartzer Man / und satzte jn uber die Kohlen / gieng gar seltzam mit jm umb / wandte jn hin und her / das er sich seiner nicht erwehren kunte / und wiewol er in der marter bey sich selbst war / und wolte am Faß einen Zapffen ergreiffen / damit er das Bier auff sich lassen und die Kohlen erleschen möchte / aber es dunckte jn / als wann die Fässer je weiter von jm abwiechen / das er eine lange weile gepeiniget ward / bis er endlich an Gott gedachte / und laut geruffen: Gott sey mir gnedig und barmhertzig. Der Zeit die Fraw das Geschrey gehöret / und heraus gesehen / in dem Keller gros Fewer erblickt / bald dem Schaffer und dem Lehrknechte sampt andern Gesinde geruffen / und jnen befohlen / das sie in Keller gehen / und was der Meltzer für ein Geschrey habe / ob sie darinnen ein Fewer vergessen / zuschawen sollen. Welche als bald sie dahin kommen / haben sie den Michael Meltzer auff der Schwellen ligende / und halb bis an die Gürtel gebraten / gefunden / welcher auff beider Seitten Hüffte also zurspalten / das man jme in die Wunden theils zweyer Finger breit legen kunt / doraus das Fette und Eytter geschwier geflossen / dann er ein ziemlich dicker Man gewesen. Das halbe Hembde / Hosen und Schuhe sind gar an jm verbrant: Vom Kopff bis auff die Gürtel ist kein Schade an seinem Leibe / noch an den Kleidern / als am Hembde / Hartzkappen und Wambs / geschehen / sondern alles gantz geblieben / ausgenommen am Lincken Arm ein schwartz Zeichen als eine [5] halbe Faust gros / wie jn der Teuffel angegriffen / und die alle drey stück an jm durchgebrant gewesen / auch der Nagel auff einem Finger war jm abgerissen. Der Nadband von Galloten ist unversert geblieben. Die Strümpffe hat er theils an Füssen gehabt / und wie man sie abgezogen / sind die Funcken doraus geflogen. Unter diesem hat er stets geruffen / Lescht ab / lescht ab / ich wil euch mein halb Gut vorehren: Do haben sie auff jn Schnee geworffen / es hat aber nichts geholffen. Die Kohlen haben sehr gebrant / wie ein glüendes Fewreisen / welches sie nicht viel geacht / im willens dem Meltzer zu helffen / Darumb legten sie jn auff ein Schlitten / und führeten jn eilends heim in sein Haus. Darnach kamen sie wider in den Keller / und wolten die Kohlen leschen / aber funden nur kalte Aschen an derselben stelle / und dorauff zween Schlüssel / auch etwas von kleinem Gelde / ungefehr bey einem halben Taler / das er in seinem Beuttel in dem Schiebsack gehabt / aber der Beuttel ist verbrant / die Schlüssel und das Geld schwartz berauchert gewesen / welches man gar leichtlich abgerieben / das es wider wie zuvor gut gewesen / in dem Keller hat man lange Zeit den Schweffel gerochen.

Erstlich wie er ist daheim gelegen und ein Trunck gethan / hat jn noch viel mehr gedurst / darnach kunte er keinen Trunck behalten / Etliche haben vermeint / das die Gall in jm zurissen were. Am Freitag den 17. Januarij / als er sahe / das er von dieser Welt scheiden must / befahl er sich dem lieben Gott / und hat jn sehr gerewet / das er so lange Zeit hero sich mit Gott nicht versönet / und bey dem heiligen Abendmal nicht gewesen. Letzlich / bat er das umbstehende Volck / sie sollen den HErrn von seiner wegen bitten / das er nach seinem Tode / sein Söhnlein / welches stum ist / nicht verlassen wolt. Gantze vier und zwentzig Stunde hat er seine jemmerliche Plage gehabt / und denselbigen Freitag umb 7. Uhr sein Leben geendet. Am Sontag hernach den 19. dato ist er alldar bey der Kirchen begraben worden. Gott wolle seiner Seelen gnedig sein / Amen.

[6]
Appendix.[1]

Es stehet in Vitis Patrum / das auff eine Zeit der Teuffel mit einem Einsiedel der ein heiliger Vater war / ein Disputation gehalten. Da fraget jn der heilige Man / Welche Sünder am meisten sind in der Helle? Der Teuffel sprach / du begerest eine schwere Sach / dann mir nicht sicher ist dis zu offenbaren / damit vielleicht die andere solche Sünder / welche noch in der Welt sind / sich nicht abschewen und Busse thun / darnach bliebe mir meine Helle gar leer und bloß / jedoch ich wil dirs sagen / das der Geitzigen / Wucherer / und der armen Leute Schinder habe er fast die Helle voll. Dann den Geitz / Wucher / schinden und schaben / die Leute fur keine Sünde nicht achten / mit dem Recht nicht straffen / sondern wer am Geitzigsten ist / der gedencket der beste Hauswirt zu sein / bey mir aber kömpt er in den tieffesten Hellen grund / als der sich fur keinen Sünder erkent / und ohne Buß / das verderben auff sich laden thut.

Nach dem Sprichwort.

     Kein ding ist erger im leben /
          Als ein Geitziger Mensch eben.
     Dann er auch seine Seel /
          Umbs Geld verkeufft / bringt in die Hell.


Gedruckt zu Erffurt / durch Jesaiam Mechlern.

Im Jahr / M. D. C. III.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Anhang, Anhängsel