Färberei Glauchau vorm. Otto Seyfert, Glauchau
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Glauchau.
Das Etablissement, welches sich im Besitze obiger Firma befindet, gehört zu den wenigen industriellen Anlagen, bei denen rapides Wachstum und gesunde Entwickelung auf solider Basis gleichen Schritt hielten. Die jetzige „Färberei Glauchau“ ist erst im Jahre 1873 gegründet worden, als der Sieg der deutschen Waffen im französischen Kriege durch Schaffensdrang und Unternehmungslust auch auf industriellem Gebiete seine Wirkung geltend machte, und zwar eröffnete ihr Begründer, der noch jetzt in Dresden lebende Herr Otto Seyfert, seine Werkstätten in ziemlich bescheidenem Maßstabe. Indes, bereits Anfang der achtziger Jahre nahm die damals Seyfertsche Färberei einen gewaltigen Aufschwung dadurch, daß sie verschiedene Spezialitäten in den Bereich ihres Geschäftsbetriebes zog, und bald häuften sich die Aufträge derart, daß die Zahl der Arbeiter stetig vermehrt werden mußte, bis sie im Jahre 1889 auf 300 stieg. In diesem selben Jahre wurde sie auch durch den Begründer in eine Aktiengesellschaft umgewandelt, welche als „Färberei Glauchau vorm. Otto Seyfert“ firmierte. Diese Wandlung hatte zur Folge, daß vorerst das Etablissement durch Neubauten erheblich vergrößert und mit den erhöhten Anforderungen entsprechenden Betriebsvorrichtungen ausgestattet wurde. Im nächsten Jahre – 1890 – erfolgte dann die Errichtung einer Färberei und Appreturanstalt großen Stiles, welche sich speziell zur Aufgabe machte, Greizer und Geraer Fabrikate zu veredeln.
Gegenwärtig befaßt sich die Firma in ihrer Eigenschaft als Lohnfärberei mit der Veredelung sämtlicher Erzeugnisse der sächsischen Wirkwarenindustrie, insbesondere baumwollener Strümpfe und Tricots, Strumpf-, Strick- und Webgarne zu Secretschwarz (echt Diamantschwarz) und Echtbunt (Flavinfarbig); sodann mit der Ausrüstung (Farbe und Appretur) reinwollener Damenkleiderstoffe Gera-Greizer Genres. Die Hauptabsatzgebiete sind infolgedessen Chemnitz und Umgegend, ferner Gera, Greiz und Ronneburg, sowie endlich verschiedene ausländische Staaten, vornehmlich Österreich und Italien. Die Jahres-Produktion bilden gegen drei Millionen Pfund gefärbter bezw. zugerichteter Textil-Fabrikate.
[Ξ] Der Apparat, mit dem die Werkstätten der Färberei Glauchau arbeiten, ist infolgedessen ein großer und umfangreicher. Gegen 500 Arbeiter und Beamte, für welche eine eigene Fabrik-Krankenkasse ins Leben gerufen wurde, stehen in ihren Diensten; vier Dampfmaschinen, die von neun Dampfkesseln gespeist werden, befinden sich ununterbrochen im Betrieb, und hierzu gesellen sich noch eine große Anzahl von Färberei- und Appreturmaschinen, sowie zwei Dynamomaschinen, welche zwei Anlagen für elektrische Beleuchtung in Thätigkeit setzen.
Die Färberei Glauchau ist verhältnismäßig wenig Krisen unterworfen gewesen. Ende der siebziger und Anfang der achtziger Jahre bedrohten Schadenfeuer ihre Werkstätten. Beide Störungen waren aber nur vorübergehender Natur, und der entstandene Schaden wurde durch schnellgeschaffene Neubauten sehr bald wieder beseitigt. Eine nicht unerhebliche Schädigung des Geschäftsbetriebes und Stockung des Absatzes brachte dagegen das Inslebentreten der Mac Kinley-Bill in den Vereinigten Staaten; dieses der deutschen Industrie und dem deutschen Export so überaus nachteilige Zollgesetz bildete indes nur indirekt die Ursache hiervon, indem vielmehr die eigene, inländische Konkurrenz es war, die 1891 durch geradezu unsinnige Preisreduktionen die Prosperität der Färbereibranche schwer beeinträchtigte.
Zum Schlusse sei noch die Thatsache verzeichnet, daß die Färberei Glauchau sich bisher nur an einer Ausstellung beteiligte, und zwar an der Sächsischen Gewerbe-Industrie-Ausstellung zu Dresden im Jahre 1875, bei welcher Gelegenheit sie mit einem Diplom ausgezeichnet wurde. Sodann wurden ihre Etablissements am 15. Juli 1892 von Sr. Majestät König Albert von Sachsen einer langandauernden eingehenden Besichtigung unterzogen, während ein Jahr vorher die Herren Staatsminister von Metzsch und Geheimrat Böttcher diese Anlagen in Augenschein genommen hatten.