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Flugblätter der Weissen Rose/V

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IV Flugblätter der Weissen Rose (1943) von Mitglieder der Weißen Rose
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Die ersten vier Flugblätter der Weißen Rose schrieben und verbreiteten Hans Scholl und Alexander Schmorell zwischen dem 27. Juni und dem 12. Juli 1942. Das fünfte Flugblatt erschien zwischen dem 27. und 29. Januar 1943. Zentrale Passagen entsprechen Formulierungen Kurt Hubers. Das sechste Flugblatt entwarf Kurt Huber am 3. Februar 1943, einen Tag nach der offiziellen Bekanntgabe der Niederlage der 6. Armee in Stalingrad. Hans Scholl hatte bei seiner Verhaftung Christoph Probsts Entwurf für ein siebentes Flugblatt bei sich. Zum „Kern der Weißen Rose“ gehörten außerdem Sophie Scholl und Willi Graf. Alle wurden 1943 hingerichtet.

[1] Flugblätter der Widerstandsbewegung in Deutschland.

Aufruf an alle Deutsche!

 Der Krieg geht seinem sicheren Ende entgegen. Wie im Jahre 1918 versucht die deutsche Regierung alle Aufmerksamkeit auf die wachsende U-Bootgefahr zu lenken, während im Osten die Armeen unaufhörlich zurückströmen, im Westen die Invasion erwartet wird. Die Rüstung Amerikas hat ihren Höhepunkt noch nicht erreicht, aber heute schon übertrifft sie alles in der Geschichte seither Dagewesene. Mit mathematischer Sicherheit führt Hitler das deutsche Volk in den Abgrund. Hitler kann den Krieg nicht gewinnen, nur noch verlängern! Seine und seiner Helfer Schuld hat jedes Mass unendlich überschritten. Die gerechte Strafe rückt näher und näher!

 Was aber tut das deutsche Volk? Es sieht nicht und es hört nicht. Blindlings folgt es seinen Verführern ins Verderben. Sieg um jeden Preis, haben sie auf ihre Fahne geschrieben. Ich kämpfe bis zum letzten Mann, sagt Hitler – indes ist der Krieg bereits verloren.

 Deutsche! Wollt Ihr und Eure Kinder dasselbe Schicksal erleiden, das den Juden widerfahren ist? Wollt Ihr mit dem gleichen Masse gemessen werden, wie Eure Verführer? Sollen wir auf ewig das von aller Welt gehasste und ausgestossene Volk sein? Nein! Darum trennt Euch von dem nationalsozialistischen Untermenschentum! Beweist durch die Tat, dass Ihr anders denkt! Ein neuer Befreiungskrieg bricht an. Der bessere Teil des Volkes kämpft auf unserer Seite. ­Zerreisst den Mantel, der Gleichgültigkeit, den Ihr um Euer Herz gelegt! Entscheidet Euch, eh’ es zu spät ist! [2]  Glaubt nicht der nationalsozialistischen Propaganda, die Euch den Bolschewistenschreck in die Glieder ge­jagt hat! Glaubt nicht, dass Deutschlands Heil mit dem Sieg des Nationalsozialismus auf Gedeih und Verderben verbunden sei! Ein Verbrechertum kann keinen deutschen Sieg erringen. Trennt Euch recht­zeitig von allem, was mit dem Nationalsozialismus zusammenhängt! Nachher wird ein schreckliches, aber gerechtes Gericht kommen über die, so sich feig und unentschlossen verborgen hielten.

 Was lehrt uns der Ausgang dieses Krieges, der nie ein nationaler war?

 Der imperialistische Machtgedanke muss, von welcher Seite er auch kommen möge, für alle Zeit un­schäd­lich gemacht werden. Ein einseitiger preussischer Militarismus darf nie mehr zur Macht gelangen. Nur in grosszügiger Zusammenarbeit der europäischen Völker kann der Boden geschaffen werden, auf welchem ein neuer Aufbau möglich sein wird. Jede zentralistische Gewalt, wie sie der preussische Staat in Deutschland und Europa auszuüben versucht hat, muss im Keime erstickt werden. Das kommende Deutschland kann nur föderalistisch sein. Nur eine gesunde föderalistische Staatenordnung vermag heute noch das ge­schwächte Europa mit neuem Leben zu erfüllen. Die Arbeiterschaft muss durch einen vernünftigen Sozialismus aus ihrem Zustand niedrigster Sklaverei befreit werden. Das Truggebilde der autarken Wirtschaft muss in Europa verschwinden. Jedes Volk, jeder einzelne hat ein Recht auf die Güter der Welt!

 Freiheit der Rede, Freiheit des Bekenntnisses, Schutz des einzelnen Bürgers vor der Willkür verbrecherischer Gewaltstaaten, das sind die Grundlagen des neuen Europa.

Unterstützt die Widerstandsbewegung, verbreitet die Flugblätter!


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