Fortschritte und Erfindungen der Neuzeit/Die Nernstlampe

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Autor: Franz Bendt
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Titel: Die Nernstlampe
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 16, S. 499–500
Herausgeber: Adolf Kröner
Auflage:
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Erscheinungsdatum: 1899
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger G. m. b. H. in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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Fortschritte und Erfindungen der Neuzeit.

Die Nernstlampe.

Die elektrische Glühlampe, welche vor etwa siebzehn Jahren auf der Elektrotechnischen Ausstellung zu Paris zum erstenmal dem großen Publikum vorgeführt wurde, rief damals eine Revolution in der künstlichen Beleuchtung hervor. Ihr mildes, vornehmes Licht fand nicht einen einzigen ebenbürtigen Rivalen. Sie wäre fraglos sofort in alle Kreise der Bevölkerung eingedrungen, wenn es nicht ihr hoher Preis verhindert hätte!

Die Gastechniker hatten bis dahin mit einer gewissen Gelassenheit ihre Obliegenheiten erfüllt und standen nun plötzlich einem schier unüberwindlichen Gegner gegenüber. Im heißen Kampfe haben sie seitdem versucht, das verlorene Gebiet wieder zu erobern, und es ist ihnen dies thatsächlich mit der Auerlampe gelungen. Allerdings waren es vorwiegend wirtschaftliche Gründe, die der Lampe des Wiener Chemikers zum Siege über das elektrische Licht verhalfen.

Die elektrische Glühlampe, hygieinisch wie ästhetisch die Krone aller Beleuchtungsarten, ist für die Verwendung außerhalb des Heims der Reichen und der großen öffentlichen Etablissements zu teuer. Trotz des fieberhaften Eifers, mit dem die Zauberer unserer Zeit, die Elektrotechniker, sich bemühten, den Uebelstand zu heben, wollte es dennoch nicht in genügender Weise gelingen. Durch die Nernstlampe, von der jetzt alle Welt spricht, dürfte endlich eine elektrische Lampe für das bürgerliche Haus geschaffen worden sein.

Die ältere Edisonglühlampe besteht bekanntlich aus einer luftentleerten Glasbirne, in der sich ein Kohlebügel befindet. Wird der elektrische Strom durch den Bügel geschickt, dann erhitzt sich dieser auf eine sehr hohe Temperatur und verbreitet Wärme und Licht. In einer Lampe kommt es natürlich nur auf die Menge des Lichtes an, und die zugleich entstehende Wärme muß als Verlust betrachtet werden. In der elektrischen Glühlainpe ist der Verlust sehr groß, denn nur drei Prozent der zugeführten elektrischen Kraft setzt sich in Licht um. Wollte man wiederum versuchen, die Temperatur des Kohlebügels zu erhöhen, so würde er ohne weiteres zerfallen, und die Lampe wäre vernichtet.

Es war den Lichttechnikern seit lange klar, daß in dieser Weise nichts Wesentliches mehr zu erreichen sei!

Alle Metalle, auch die Kohle der Glühlampe, sind mehr oder minder gute Elektricitätsleiter. Als Gegenstück hierzu finden sich in der Natur gar viele Körper, die für den elektrischen Strom durchaus nichtleitend sind. Man hat sie deshalb bisher bei Lampenkonstruktionen [500] ganz außer acht gelassen. Es ist das Verdienst des Professors Walther Nernst in Göttingen, darauf aufmerksam gemacht zu haben, daß solche Nichtleiter durch Erwärmung zu Leitern gemacht werden können. Diese Thatsache liegt der neuen Glühlampe zu Grunde!

Sie baut sich der Hauptsache nach aus einem stäbchenförmigen Nichtleiter (Magnesia und Porzellan) auf, zu dessen beiden Enden die Drähte eines Stromkreises führen. Wird der Nichtleiter erhitzt – Nernst führt das im einfachsten Falle mit einem Streichholz aus – dann durchfließt ihn zunächst ein wenig Elektricität, die die Wärme vermehrt; die Stromzufuhr wird größer und größer und erzeugt endlich ein der Tagesbeleuchtung sehr ähnliches Licht!

Da die Nichtleiter unverbrennliche Körper sind, so bedürfen sie nicht des Schutzes der luftentleerten Glasbirne und machen den Bau der Lampe verhältnismäßig wohlfeil.

Neben der soeben geschilderten einfachsten Form hat Nernst auch Lampen mit automatischem Vorwärmer konstruiert. In ihnen wird unmittelbar neben dem Nichtleiter ein Platindraht, der um ein Thonröhrchen geschlungen ist. in den Stromkreis eingeschlossen. Tritt der Strom in die Lampe, dann verlegt ihm der Nichtleiter den Weg und er geht zunächst durch das Platindrähtchen. Es glüht, und seine Wärme genügt, um den Nichtleiter vorzuwärmen und leitend zu machen.

Professor Nernst hat sich bei der praktischen Ausgestaltung seiner Lampe der Unterstützung bewährter Techniker, der Ingenieure der Allgemeinen Elektricitätsgesellschaft in Berlin, bedienen können. Die Nernstlampe dürfte deshalb allem Anscheine nach fertig und durchaus gebrauchsreif in nicht zu ferner Zeit auf dem Markte erscheinen. Sie ist durch ihren einfacheren Aufbau und die wirtschaftlichere Ausnutzung der elektrischen Kraft wohlfeiler als die ältere Glühlampe. Sie wird voraussichtlich das elektrische Licht populär machen.
Franz Bendt.