Zum Inhalt springen

Fortschritte und Erfindungen der Neuzeit (Die Gartenlaube 1899/23)

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
<<< >>>
Autor: Bw.
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Fortschritte und Erfindungen der Neuzeit
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 23, S. 727–728
Herausgeber: Adolf Kröner
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1899
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger G. m. b. H. in Leipzig
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
korrigiert
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite

[727] Nachdruck verboten.     
Alle Rechte vorbehalten.

Fortschritte und Erfindungen der Neuzeit.

Ein Lichtprüfer für Arbeitsplätze.

Ungenügende Beleuchtung bei Arbeiten, die ein genaueres Sehen erfordern, wie Lesen und Schreiben, verdirbt die Augen. Der Arbeitende wird, um deutlich sehen zu können, gezwungen, die Schrift dem Auge näher zu bringen. Dieses Nahesehen führt aber bei vielen zur Entstehung oder Vermehrung der Kurzsichtigkeit. Es ist darum von hoher hygieinischer Bedeutung, in Schulen und in Familienhäusern auf eine genügende Beleuchtung der Arbeitsplätze zu achten. Sehr willkommen wird aus diesem Grunde Lehrern und Eltern ein von Prof. Dr. Hermann Cohn in Breslau hergestellter Apparat sein, der auch den Laien in stand setzt, die Beleuchtung eines Arbeitsplatzes zu prüfen.

Unsere Abbildungen veranschaulichen die Zusammenstellung des Apparates.

Er besteht zunächst aus dem hölzernen Teil (A), der vor Augen gebracht wird. Derselbe ist mit einem Kästchen aus Pappe (B), das alles Seitenlicht von den Augen abhält, und einem hölzernen Handgriff (H) versehen. Ferner sind an dem senkrechten Teil des Holzkörpers drei emporklappbare graue Gläser (G1, G2 und G3) angebracht. Daran schließt sich ein metallener, in Centimeter geteilter, 40 cm langer Maßstab an. Er ist in zwei Hälften (M1 und M2) zerlegt, welche durch eine Schraube (Q) miteinander verbunden werden können. Am Ende des Maßstabs sehen wir einen Schieber (E) mit zwei messingenen Klammern (K), die das Kartontäfelchen (P) festhalten. Auf dem letzteren befinden sich zwölf senkrechte Reihen von je dreißig sehr klein gedruckten vierstelligen Zahlen.

Diesen Apparat kann nun jeder zur Prüfung der Beleuchtung der Arbeitsplätze benutzen, der imstande ist, an hellen Mittagsstunden, mit dem Rücken gegen das Fenster gewandt, alle Ziffern in 40 cm Entfernung leicht und fließend zu lesen, gleichviel ob er dies mit bloßem Auge oder mit Hilfe der Brille fertig bringt. Wer dies jedoch nicht vermag, der kann die Lichtprüfung nicht selbst vornehmen, sondern muß sich jemand dazu auswählen, der dies kann, und zwar am besten jemand, der die Aufgabe ohne jede Brille löst, was jeder normale Schüler zu thun leicht imstande sein wird.

Die Prüfung geschieht in folgender Weise. Der Untersuchende liest, während die grauen Gläser am Apparat aufgeklappt sind, am Fenster eine der senkrechten Reihen laut und so schnell er kann von oben nach unten vor. Dabei werden aber die Zahlen nicht als vierstellige, sondern als zweistellige ausgesprochen. 2463 wird z. B. vierundzwanzig, dreiundsechzig vorgelesen. Die Zahlen sind so gewählt, daß jede zweistellig ausgesprochene je vier Silben enthält. Ein Gehilfe mit der Sekundenuhr steht dabei und giebt dem Untersuchenden das Zeichen, wann er mit dem Lesen einer senkrechten Reihe beginnen soll; er unterbricht aber das Weiterlesen der Zahlen, welche in einer Reihe untereinander stehen, sobald eine halbe Minute vorüber ist, und notiert, wie viel vierstellige Zahlen in der beschriebenen Weise in 30 Sekunden vorgelesen worden sind.

Dies hängt nicht nur vom deutlichen Sehen, sondern auch von dem Temperament des Vorlesenden ab. Der eine bringt es in einer halben Minute auf 20, der andere vielleicht auf 30 Zahlen.

Nehmen wir nun an, daß der betreffende Untersuchende 20 Zahlen

[728]

Lichtprüfer für Arbeitsplätze.

vorgelesen hat. Will er jetzt einen Arbeitsplatz beim künstlichen Lichte prüfen, so setzt er den Apparat an die Stelle des Buches oder Heftes und sucht die Zahlen in 40 cm Entfernung vorzulesen. Kann er wiederum wie am hellen Fenster 20 Zahlen in einer halben Minute fließend vorlesen, so ist der Arbeitsplatz vom künstlichen Lichte genügend beleuchtet. Werden weniger Zahlen gelesen, so ist der Platz unbrauchbar.

Wenn wir aber erfahren wollen, ob ein Arbeitsplatz genügendes Tageslicht erhält, so müssen wir in Betracht ziehen, daß das Tageslicht durch Bewölkung u.a. Schwankungen ausgesetzt ist. Diese Verdunkelung wird in dem Apparat durch die grauen Gläser künstlich erzeugt.

Um den Arbeitsplatz zu prüfen, setzt sich der Untersuchende in einer hellen Mittagsstunde an ihn und sucht die Zahlenreihen durch die grauen Gläser zu lesen. Gelingt ihm dies fließend durch alle drei Gläser, so ist der Arbeitsplatz vorzüglich beleuchtet; ist das Vorlesen bei zwei Gläsern ebenso leicht, so gilt der Platz als gut, und er ist noch brauchbar, wenn noch durch ein graues Glas fließend und fehlerfrei vorgelesen werden kann.

Weitere Einzelheiten sind in der Gebrauchsanweisung enthalten, die dem Apparate beigegeben wird. Zu beziehen ist der Lichtprüfer von Mechanikus Tiessen in Breslau, Adalbertstraße 16.

Der Elektromotor im Dienste der Hausfrau.

Mehr und mehr verschafft sich die Elektricität, diese in alltäglichen und schwierigen Fällen gleich hilfsbereite Dienerin des Menschen, Eingang auch in den Privathaushalt, nachdem sie sich die Fabriken, das öffentliche Leben, die Werkstätten des Kleingewerbes längst erobert hat.

Wäschemangeln mit elektrischem Antrieb.

Wohl fragt noch mancher verwundert, was der elektrische Strom denn, abgesehen von den Zwecken der Beleuchtung, im Haushalte zu thun hat, aber giebt es nicht eine Fülle von Arbeiten, die ebenso unumgänglich wie – beim Handbetriebe wenigstens – unbequem und zeitraubend sind? Da sind nicht allein Stiefel zu wichsen, Messer zu putzen, Flaschen zu spülen, Kaffeeröster und Eismaschinen zu drehen, zuweilen auch noch Pumpen zu treiben, Nähmaschinen zu bewegen und in ländlichen Haushalten oft genug auch noch Buttermaschinen u. dgl. anzutreiben! Vor allem sind es aber die so oft notwendigen Arbeiten der Wäschereinigung, die ein ziemlich großes Maß körperlicher Anstrengung erfordern und mehr und mehr der Maschine übertragen werden.

Der Elektromotor ist nun für alle diese Arbeiten besser geeignet als jede andere Kraftmaschine. Klein und leicht, bequem zu handhaben, bei geringem Kraftbedarf nicht mehr Strom erfordernd als eine sechzehnkerzige Glühlampe, im Gebrauch weder Hitze noch üble Dünste oder Gase, ja nicht einmal starkes Geräusch verursachend, bildet er eben für die Zwecke der Haushaltung eine ideale Kraftquelle.

Die „Gartenlaube“ hat bereits vor zwei Jahren (vgl. Jahrgang 1897, S. 31) in dem reich illustrierten Aufsatz „Die Elektricität im Hause“ an einer Reihe von Beispielen diese Thatsache erläutert.

Unsere heutige Abbildung zeigt einen stärkeren Motor der Aktiengesellschaft Siemens u. Halske in Berlin für den Antrieb mehrerer Wäschemangeln; häufig zieht man es jedoch vor, jede anzutreibende Maschine mit einem besonderen kleineren Motor fest zu verbinden, wodurch die Bedienung sich, beim Fortfallen jeder Transmission, wesentlich vereinfacht.

Der wachsende Bedarf an kleineren Elektromotoren, die in Städten mit elektrischen Centralstationen schon zu vielen Tausenden gebraucht werden, hat ihre Massenfabrikation bereits so begünstigt, daß jetzt ein 6/10 Pferdekraft leistender Motor der erwähnten Gesellschaft nur noch 300 Mark kostet, doch ist es wahrscheinlich, daß der wachsende Massenbedarf auch diesen Preis noch weiter herabdrücken wird. Bw.