Zum Inhalt springen

Friedrich der Große im Schloß zu Lissa

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
<<< >>>
Autor:
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Friedrich der Große im Schloß zu Lissa
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 19, S. 600–601, 611–612
Herausgeber: Adolf Kröner
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1898
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger G. m. b. H. in Leipzig
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
korrigiert
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite
[600–601]

Photographie im Verlag der Kunsthandlung von R. Wagner in Berlin.
Friedrich der Große im Schloß zu Lissa.
Nach dem Gemälde von Adolf Menzel.

[611] Friedrich der Große im Schloß zu Lissa. (Zu dem Bilde S. 600 und 601.) Das ausgezeichnete Gemälde von Adolf Menzel, welches wir im Holzschnitt wiedergeben, ist bereits im Jahre 1858 entstanden, hat aber erst neuerdings das Atelier des Meisters verlassen. Es nimmt in der Friedrichsgalerie des berühmten Malers einen hervorragenden [612] Rang ein. Auf ihm stellt uns Menzel dar, wie der Mut und die Geistesgegenwart des großen Königs, die er so oft bei der Leitung der Schlachten bewiesen, sich auch bei einem persönlichen Abenteuer glänzend bewährten. Es war am Abend des 5. Dezember 1757 nach der Schlacht bei Leuthen, wo die verachtete „Potsdamer Wachtparade“ Friedrichs ein um das Doppelte überlegenes österreichisches Heer geschlagen hatte. Während Friedrichs Heer noch auf dem Schlachtfelde stand, brach er selber mit einem Trupp Husaren nach Lissa auf, um die Zerstörung der Brücke über das Schweidnitzer Wasser, über welches die Feinde geflohen waren, zu verhindern; es war ein lebensgefährlicher Ritt. Lissa war ganz mit Oesterreichern angefüllt, die aus den Fenstern auf die Ankommenden feuerten. Friedrich hoffte, ein Unterkommen im Schlosse zu finden; er sagte zu seinen Begleitern, indem er den Weg über die Zugbrücke einschlug: „Messieurs, folgen Sie mir, ich weiß hier Bescheid;“ doch als er in das Schloß eintrat, kamen ihm auch hier österreichische Offiziere entgegen. Rasch gefaßt sagt er: „Bon soir, Messieurs – kann man hier mit unterkommen?“ Das ist der Augenblick, den der Maler in seinem lebendig bewegten Bilde wiedergiebt.

Höchst ausdrucksvoll ist das Gesicht des Königs; noch merkt man die unangenehme Ueberraschung, die er indes mutig und nicht ohne einen leisen Anflug von Humor zu überwinden weiß. Nicht minder überrascht sind die österreichischen Offiziere, die, von einem Gelage aufgestört, den großen König erkennen und davon überzeugt sind, daß hinter ihm sein ganzes Heer steht. Der große Troß von Offizieren, Soldaten, Dienern und Dirnen, welcher die Freitreppe herunterkommt, ist um so mehr erschrocken, als er anfangs im Glauben war, eine österreichische Truppenabteilung vor sich zu haben; doch als der Soldat dem Vornehmsten, der freundlich grüßend seinen Hut lüftet, mit der Laterne in der erhobenen Rechten ins Gesicht leuchtet, da sieht man die feurigen Adleraugen, die dem Feinde so schreckhaften, scharf, gemeißelten Züge des großen Feldherrn, die auch dem rohesten Panduren und Kroaten aus hundert Bildern bekannt sind. Und wie ist das von dem Lichtstreifen beleuchtete dunkle Gewühl auf der Freitreppe von dem Maler mit kühnen Strichen hingeworfen! Bestürzung und Schreck, Angst und Verzweiflung, Zorn und herausfordernde Drohung malen sich in den Gesichtern und Gebärden; die Aufregung trägt zum Teil noch die Spuren des halben Rausches. Hier hat der große Friedrich durch den Zauber seiner Persönlichkeit, die Macht seines Geistes, die Energie seines Wesens einen unblutigen Sieg erfochten und die österreichischen Offiziere werden nicht zögern, ihm ihren Degen abzugeben.