Fritz Wolff

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
<<< >>>
Autor: Else Lasker-Schüler
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Fritz Wolff
Untertitel:
aus: Gesammelte Gedichte, S. 129-130
Herausgeber:
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1917
Verlag: Verlag der Weißen Bücher
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite


[129]

Fritz Wolff

Ich schrieb einmal aus der Ferne an den Zeichner: Sie und Ihre Frau behalten immer eine Silberquaste meiner blauen Seele in der Hand zurück und darum bin ich nie ganz und gar abwesend aus Berlin, wenn ich längst die Stadt verlassen habe. – Sonntags kommt manchmal auch der dänische Märchenerzähler zu Wolffs – nur seinen Namen kann ich nicht behalten. Aber über unserm Beisammensein hängt eine nickendtickende Uhrgroßmutter; zu jeder Stunde schenkt sie uns ihren tieftönenden einlullenden Segen. Ich bin dann plötzlich ganz klein, wir vier werden Kinder – lauschen … und unsere Gedanken springen sorglos über die Geleise des Alltags. Wir spielen den Ulk aus Fritz Wolffs farbigen Bilderbogen, die hinter den Ladenfenstern auf die Straße lachen. Und wenn nicht „das Mädchen“, wie der Fritz Wolff seine Frau nennt, uns hinterrücks mit einem riesenrosinenknusperigen Kriegskuchen überfiel, den wir bewältigen müssen, so würden wir selbst nicht an diese „süße“ Wirklichkeit erinnert werden. Die himmelhelle und die grassaftig angestrichene Stube tragen Schmachtlöckchen, und im dritten Stübchen, darin viel und weißgeblümter Battist rauscht, hängt sein Selbstbildnis im Rosenrahmen zwischen Fritz Wolffs lächelnder Ahnin und ihrem wohllöblichen Vetter aus Alt-Berlin im Bratenrock und steifem Vatermörder. Aber [130] auf einem Wandtischchen stehen aus buntem Schaumzucker ein paar heilige Tiere: das Lamm trägt ein Glöckchen um den leckeren Hals und ist besonders fromm und altmodisch immer neu für meinen verehrten Fritz Wolff und seinem guten Mädchen gebacken. Auch meine Freude für allerlei Tand teilen meine beiden liebsten Menschen in Berlin und wir bringen uns auserlesene Spielereien mit von Reisen aus großäugigen Welten. Dieses Glück haben wir uns auch im Kriege zu bewahren gewußt, wenn auch unser Zeichner Fritz Wolff fern auf hartem Boden im Osten Soldatenbilder zeichnete und die Köpfe vieler Generäle und Obersten der Schlachten. Die Spitze seines Stifts taucht er in sein feines, künstlerisches Blut, so daß seine Zeichnungen wie auf Seide gezeichnet wirken. Irgendwo aber in seinem übervollen Herzen setzt ein Schelm auf einem schwanzausgerissenen Steckenpferdchen über alle steife Zeremonie hinweg wie die Maxmoritzschlingel, deren Streiche er so schön zu illustrieren versteht.

Bevor wir Abschied nehmen für diese Woche, muß der – Andersen der – Texiere noch die Geschichte der Eidechse und der Prinzessin vortragen. Und dann „hinaus mit uns zwei in die Nacht!“