Göthe’s Gartenhaus in Weimar
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Im Herzen von Thüringen, in einem vom Ilmflusse durchschlängelten angenehmen Thale, liegt Weimar, dessen Aeußeres, das hübsche Fürstenschloß mit seiner Umgebung ausgenommen, keine Ansprüche hat, den Touristen zu fesseln; denn seine Bauart ist gar gewöhnlich, der Ort ist gar still und er hat jene nicht sehr behagliche Physiognomie von kleinen Residenzen, deren Bestehen auf nichts ruht, als auf Hof, Höflingen und Beamten. Aber nicht fern liegt eine Zeit, wo das an sich so unbedeutende Weimar die verehrungs- und liebenswürdigsten Geister unseres Volks in sich vereinigte und wie einst der Griechen Athen zur Göttergestalt sich erhob; personificirend gleichsam die deutsche Dichtkunst in ihrer vollkommenen Schönheit, in ihrer höchsten Würde. Herder, Wieland, Schiller und Göthe lebten und starben in Weimar.
Carl August war’s, der sie dort um sich versammelt hatte. An seinem Hofe fanden sie eine gastfreie Welt und ihr niedrig scheinender Stand erhöhte sie um so mehr an seiner Seite. Der deutsche Held lauschte ihren Gesängen und der Fürst huldigte den Dichtern, weil er fühlte, daß ohne diese sein Daseyn im Strome der Geschichte vergehen möchte, wie ein Hauch im Sturme. Mäcen gleich machte er seinen eignen Namen unsterblich, indem er ihn unvergänglichen angeknüpft hat.
Nach den Gräbern der Dichter, und nach Göthe’s Haus am Frauenplatz, auch nach dem Schiller’s auf der Esplanade, pilgert jeder Besucher Weimars. Im Göthe’schen Wohnhause erfreuen ihn eine Menge Reliquien seines gefeierten Besitzers und dessen vielfältige Sammlungen; denn Göthe’s Alles umfassendem Geiste blieb kein Wissen und keine Kunst fremd. Das Interessanteste aber des Göthe’schen Heiligthums ist die einfache, bescheidene Villa im Ilmthale: Göthe’s Gartenhäuschen, wo der Dichter in heimlicher Zurückgezogenheit, nur den Musen und den allervertrautesten Geistern zugänglich, den größten Theil des Sommers zubrachte und wo die herrlichsten seiner unsterblichen Werke entstanden.
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Vorlage: CCLXXXIX.