Geborgen

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Textdaten
<<< >>>
Autor:
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Geborgen
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 13, S. 204–205, 220
Herausgeber: Adolf Kröner
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1896
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
korrigiert
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite
[204–205]

Photographie im Verlage der Photographischen Union in München.
Geborgen.
Nach dem Gemälde von C. Raupp.

[220] Geborgen. (Zu dem Bilde S. 204 und 205.) Von den schönen Seen, in denen sich das bayrische Alpenland spiegelt, ist der Chiemsee der größte; wenn der Sturm seine Wogen aufwühlt, kann seine Flut toben wie das Meer, und die Inseln, die er umhegt, machen auf den Besucher in hohem Grade den Eindruck völliger Weltentrücktheit. Mit Herrenwörth ist das freilich anders geworden, seit König Ludwig II. das stolze Prunkschloß dort errichten ließ und alljährlich im Sommer Tausende von Touristen mit dem Dampfer hinüberfahren, um seine Prachtgemächer anzustaunen. Besser hat Frauenwörth mit seiner alten Klosterkirche, dem lindenbeschatteten Wirtshaus und den niedrigen Fischerhäusern jenen idyllischen Charakter bewahrt, der von Scheffel und Stieler in Liedern gepriesen und von den besten Landschaftsmalern Münchens in stimmungsvollen Bildern verewigt worden ist. Von all diesen Meistern hat aber keiner so wie Carl Raupp die Poesie dieser Inselidylle ins Herz geschlossen, hat keiner so wie er sich in diese Welt eingelebt und dem Chiemsee wie dem Fischervölkchen, das an seinen Ufern und auf seinen Fluten sich regt, eine gleiche Fülle künstlerischer Motive entnommen. Die „Gartenlaube“ hat schon manches schöne Bild dieser Art ihren Lesern vorgeführt; auch unser heutiges zeigt im Hintergrunde die Kirche von Frauenwörth, und das junge Weib, das rüstigen Arms seinen Kahn dem Ufer zulenkt, ist eine Tochter der Insel.

„Geborgen“ hat der Künstler das Bild genannt: geborgen vor dem am Himmel drohenden Wetter wird in wenigen Minuten die teure Last sein, welche auf dem Haufen frisch gemähten Grases ruht, das schlafumfangene Zwillingspaar, das die Bäuerin mitnehmen mußte, als sie auf die Feldarbeit zur Krautinsel hinüberfuhr. Die zwischen Herren- und Frauenwörth gelegene kleinere und unbewohnte Insel, die diesen Namen führt, gehört mit ihren Feldern, Gärten und Wiesen den Fischern und Handwerkern, die auf Frauenwörth wohnen, zu eigen. Da die Männer tagsüber an die eigene Berufsarbeit gebunden sind, fällt die Feldarbeit auf der Krautinsel den Frauen zu. Fehlen ältere Kinder zur Hut der kleineren, dann müssen die Mütter von solchen diese mit sich hinübernehmen. Die süßen Zwillinge im Kahne der Bäuerin ahnen nichts von der drohenden Gefahr. Der Mutter aber fällt ein Stein vom Herzen, als sie noch vor Ausbruch des Gewitters mit fester Hand ihr Schiff zum Landen gebracht hat. Noch ist es still in der Luft, der See glatt und ruhig, die Insel selbst wird eben noch vom letzten Sonnenblick bestrahlt. Bald jedoch werden die Wogen sich übereinander türmen, durch den rauschenden Regen werden zuckende Blitze fahren, während die zarten Kleinen in sicherer Hut weiterschlummern, von Mutterliebe – geborgen! P.