Zum Inhalt springen

Geographische Bemerkungen zu Schiltbergers Reisen

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
Autor: Philipp Bruun
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Geographische Bemerkungen zu Schiltbergers Reisen
Untertitel: (Teil 1)
aus: Sitzungsberichte der königl. bayerischen Akademie der Wissenschaften zu München. Jahrgang 1869, Band 2, S. 271–289
Herausgeber: J. G. Weiss
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1869
Verlag: Straub
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: München
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite

Herr Thomas[WS 1] berichtet über eine Zuschrift an ihn von Herrn Prof. Philipp Bruun in Odessa,

geographische Bemerkungen zu Schiltberger’s Reisen

enthaltend. Dieser Gelehrte hat das ganze Reisebuch nach der Ausgabe von E. Fr. Neumann, München 1859, ins Russische übersetzt und mit Anmerkungen im ersten Bande der Memoiren der neurussischen Universität, Odessa 1868, herausgegeben.


I.

Die bis jetzt nicht erklärte Stelle, wo Schiltberger (cap. I pag. 52, ed. Neumann) sagt, der König Sigismund habe die Stadt Schiltaw belagert und diese Stadt habe bei den Heiden den Namen Nicopolis geführt, wird verständlich, wenn man berücksichtigt, dass es ehemals in Bulgarien zwei Städte dieses Namens gab, nämlich: Gross- und Klein-Nicopolis. Bei Gross-Nicopolis erfolgte im Jahre 1396 die grosse Niederlage der Christen, (Thwrocz, Chr. Hung. bei Schwandtner, I, 221) die schon im Jahre 1395 Klein-Nicopolis erobert hatten (ibid. 229 cf. Rehm, Gesch. d. M. A. IV, 2 p. 487). Diese am Ufer der Donau gelegene Stadt befand sich an der Stelle des heutigen Nigeboli, das mit Schiltberger’s Schiltaw nichts gemein haben konnte, da die Christen diese Stadt noch belagern mussten. Demnach konnte Schiltaw nichts weiter sein als eine schlechte Lesart des Namens Schistov, den heute noch eine circa 6 Meilen südöstlich von Nigeboli an der Mündung der Jantra in die Donau gelegene Stadt führt. Die irrige Behauptung Schiltberger’s, Schiltaw habe auch Nicopolis geheissen, ist nur dem Umstand zuzuschreiben, dass in früheren Zeiten gar nicht weit von Schistow eine Stadt existirte, deren Ruinen noch jetzt bei dem Dorfe Nicobi oder Nicupi zu sehen sind, in dem schon Hammer Gross-Nicopolis erkannt hat. Zu Gunsten der Meinung, dass die berühmte Schlacht von Nicopolis in dieser Gegend stattfand, kann noch angeführt werden, dass nach einer alten moldauischen Chronik (Grigorowitsch, O Sserbiu, Kasan, 1859 p. 34) Bajasid die Christen bis an das Ufer der Donau verfolgte. Wenigstens würde der Verfasser dieser Notiz sich anders ausgedrückt haben, wenn das Schlachtfeld sich in der Nähe von Klein-Nicopolis befunden hätte, da diese Stadt hart am Ufer der Donau lag. Die Stadt verdankt ihren Namen einem Siege des Kaisers Heraclius über die Perser und wurde Klein-Nicopolis genannt, um sie von der grossen Stadt desselben Namens zu unterscheiden, die, von Trajan zum Andenken seiner Siege über die Dacier gegründet, nach Jordanis (De reb. Get. c. 18) am Jatrus, d. h. an der Stelle des heutigen Dorfes Nicupi lag, das von den Zeitgenossen Schiltberger’s häufig mit Schistov verwechselt wird. So z. B. liest man bei Gobelin (Pers. aet. VI c. 70): VI (statt IV) cal. Octobris factum est bellum inter regem Ungariae et regem Turcarum apud urbem Saltowe quae apud Graecos Nicopolis vocatur, de qua Jordanes episcopus sie dicit: Trajanus imperator, victis Sarmatis, condidit civitatem in Thracia et vocavit eam Nicopolim, i. e. civitatem victoriae, et est de partibus Bulgariae. Vergebens sagt Forbiger (HB d. Geogr. III, 1096): „Das von Trajan zum Andenken seines Sieges über die Dacier gegründete N. war unstreitig jenes an der der Donau, von welchem die alten Münzen mit der Bezeichnung Νικοπολιτῶν πρὸς ῝Ιστρῳ herrühren, und wenn Jornandes dieses N. an den Fluss Jatrus versetzt, so ist dies wohl nur ein Irrthum und eine Verwechslung, die sich auch aus der Tab. Peut. nachweisen lässt, wo N. an der Donau ganz fehlt, dagegen aber an der Stelle von N. am Jatrus ein Nicopolistrum erscheint.“ Dies Nicopolistrum ist unstreitig, wie Forbiger meint, eine Contraction von N. ad Istrum. Daraus folgt jedoch nicht, der Verfasser der Tab. Peut. habe sein Nicopolistrum fälschlich an das Ufer der Jantra versetzt. Wenigstens sehe ich nicht ein, weshalb er das an diesem Nebenfluss der Donau gelegene Nicopolis nicht nach dem in dessen Nähe fliessenden Hauptflusse hätte bezeichnen können, während dieselbe Stadt des nahen Gebirges wegen bei Ptolemäus (III, 11, 11) Νικόπολις περὶ Αἷμον heisst und das am Hypanis gelegene Olbia bei vielen Autoren nur unter dem Namen des Hauptflusses, d. h. des Borysthenes erscheint. Wenn ferner der carcinitische Busen seinen Namen einer 500 Stadien südlich von ihm gelegenen Stadt entlehnen und wenn die Donau den ihrigen der eben so weit von ihr entfernten Stadt Istros mittheilen konnte, so wird man zugeben müssen, dass die Nicopoliten, deren Besitzungen sich jedenfalls bis zum Einfluss der Jantra in die Donau erstreckten, berechtigt waren, den Namen dieses Stromes auf ihre Münzen zu setzen.

Hinsichtlich der Umgebungen ihrer Stadt mögen hier einige Details an ihrem Platz sein, die ich einem meiner Freunde, dem Herrn Palausof, verdanke, den ich gebeten hatte, sich zu diesem Zwecke an einen seiner Landsleute zu wenden, dem das Schlachtfeld von Nicupi bekannt sein konnte.

Nachdem Herr Slavaiko, Herausgeber der Zeitschrift „Haida“ in Gabrov, dem Herr Palausof geschrieben hatte, in seiner Antwort gesagt, Kutschuk-Inebol (Nigeboli) sei durch Johann Schischmann befestigt worden, beschreibt er folgendermassen die Umgebungen von Nicupi oder Gross-Nicopolis: Die Ruinen dieser Stadt befinden sich in einer sehr grossen Ebene, in der Nähe der Rossitza, eines Nebenflusses der Jantra, etwa 3¾ Stunden von Ternov und gegen 12 Stunden von der Donau. Nordöstlich von den Ruinen 1½ Stunden von ihnen, beim Zusammenflusse der Rossitza mit der Jantra sieht man mehrere kleine tumuli, in deren Mitte zwei bedeutend grössere hervorragen, neben denen eine grosse Menge menschlicher Gebeine herumliegen, was Herrn Slavaiko veranlasst hat, hieher namentlich das Schlachtfeld zu versetzen. An derselben Stelle befindet sich, am Fusse eines grossen Hügels, eine Quelle und nicht weit von ihr ein steinernes Denkmal in Form einer Pyramide. Dies etwa zwei Faden hohe Denkmal wird gewöhnlich Dykilitasch (der restaurirte Stein) genannt. „Nach der Analogie mit Varna und andern Orten zu schliessen (sagt Herr Slavaiko), könnte dies Denkmal, an dem man übrigens nicht die geringste Spur einer Inschrift bemerkt, auf dem Schlachtfelde selbst errichtet worden sein“.

Meiner Ansicht nach bezeichnet es viel eher die Stelle, wo sich vor der Schlacht das Hauptquartier des Sultans befand, also auch, nach dem Zeugnisse Schiltberger’s und anderer Berichterstatter, den Schauplatz, wo die christlichen Gefangenen en masse enthauptet wurden, so dass die oben erwähnten Gerippe in der Nähe der tumuli die ihrigen sein könnten.

Das Schlachtfeld selbst müsste in diesem Falle natürlich näher bei Schistov gesucht werden, obgleich immer noch in einer ziemlich grossen Entfernung von der belagerten Festung. Denn wir erfahren durch Schiltberger, der König Sigismund sei den Türken eine Meile weit entgegen gegangen und müssen doch diese Distanz messen, nicht vom Mittelpunkte der Stadt aus, sondern von der Stelle südlich von ihr, wo die Christen ihr Lager aufgeschlagen hatten. Doch konnte Sigismund auch in seiner neuen Position den Feind nicht an sich herankommen lassen, sondern musste noch weiter vorwärts eilen, um die französischen Ritter zu unterstützen, die sich sehr zur Unzeit auf die Reihen des türkischen Fussvolks geworfen und demnach dem Hauptquartier des Sultans noch mehr genähert hatten, das sich in geringer Entfernung nordöstlich von den Ruinen der Stadt befand, die Bajazid an die Grossthaten des Kaisers erinnern musste, der den Erbauer seiner Residenz adoptirt hatte und deren Name leicht mit dem Siege des Sultans in Zusammenhang gebracht werden konnte.

Es wäre demnach nicht auffallend, wenn der Kaiser von Rum und seine christlichen Vasallen sich gerühmt hätten, einen grossen Sieg bei Nicopolis erfochten zu haben, so wie später der französische Ilderim die von ihm gewonnene Schlacht bei „Gross-Goerschen“ durch den Namen des nahe gelegenen und durch den Heldentod Gustav Adolfs verherrlichten „Lützen“ bezeichnete.

Nachdem die Nachricht von dem schrecklichen Ende der christlichen Gefangenen in der Nähe von Nicopolis sich verbreitet hatte, fing man in Europa an zu glauben, die Eingebornen hätten durch diesen Namen die Festung Schistov bezeichnet, die von den Türken im Jahre 1395 erobert worden war (Rehm, l. l. IV, 3 p. 148) und die der König Sigismund ihnen wieder hatte entreissen wollen.

Wie dem auch sei, jedenfalls hoffe ich, der Wahrheit näher gekommen zu sein als Aschbach (Gesch. K. Sigism. I, 100, n. 38), nach dessen Meinung Gross-Nicopolis deshalb auch Schiltaue genannt worden sei, weil nicht weit von ihr, Rachov gegenüber, der Schyll sich in die Donau ergiesst.


II.

Nach Sprengel (Gesch. d. wicht. geogr. Entd. 2. Ausg. 362 und 69) versteht Schiltberger (c. 25 p. 87 ed. Neumann) unter „Temurkapit“ oder dem Eisernen Thore, durch das er, im Geleite des mongolischen Prinzen Tschekre, aus Persien ins Land der Tataren zog, nicht unser Derbend in Kaukasien, sondern die Kaspischen Thore in Chorasan.

Malte-Brun (Précis d. l. Géogr. I, 188) theilt diese Ansicht, und noch vor Kurzem hat sich Sresnefski (Utschjon. Sap. St. P. Ak. II, 3 p. 241) in demselben Sinne ausgesprochen. Dagegen ist Neumann (11 und 87) überzeugt, es handle sich hier von unserem Derbend, dem Temir-kapi oder Eisernem Thore der Türken. In der That, wenn Schiltberger nicht diese Oertlichkeit gemeint hätte, so hätte er nicht sagen können, dass er auf dem Wege dahin die Länder Gursey, Schurban und Samabran, in denen man leicht Georgien (russisch Grusia), Schirvan und Schabran wieder erkennt, durchwandert hatte. Nicht so leicht erräth man, was die Namen der Länder Strana und Lochinstan bedeuten, von denen aus er nach Gursey gekommen war. Da jedoch diese Landschaften sich in der Nähe von Georgien befinden mussten, so wird es nicht zu gewagt sein, anzunehmen, er habe unter seinem Strana entweder Astara oder Astrabad (s. w. unten c. XXXIII) und unter Lochinstan das Land der Lesgier verstanden, deren Wohnsitze sich zu seiner Zeit weiter als heute gen Süden erstreckten.

Die grosse Stadt Origens, die nach Schiltberger am oder vielmehr („lit mitten in einem wasser“) im grossen Fluss Edil lag und wohin ihn sein Weg, nachdem er das Eiserne Thor passirt hatte, führte, hält Neumann irrthümlich für Astrachan, da der Name dieser Stadt der Aufmerksamkeit Schiltberger’s (c. XXXVI: haitzicherchen, statt Hadjitarchan) keineswegs entgangen war. Man braucht sogar nicht anzunehmen, Origens habe, gleich Astrachan, an der Wolga gelegen, obgleich dieser Fluss bei den Türken Etel oder Idil heisst. Denn da dies ein Gattungsname ist, so kann unter Edil hier ein anderer Fluss gemeint sein, wie im Kapitel XXXVI, wo Schiltberger sagt, die Hauptstadt von Charesm, Urgendz, läge auch am Edil, unter dem also hier nicht die Wolga, sondern der Djchun oder Oxus verstanden werden muss.

Da nun der erste grosse Fluss, den Schiltberger nach seinem Zuge durch den Kaukasus antreffen musste, nur der Terek sein konnte, so möchte man geneigt sein, die Stadt Origens im Delta dieses Flusses zu suchen. Güldenstedt (Reise durch Russl. ed. Pallas, I, 166) sah dort noch die Ruinen der alten Städte Terki und Kopai-kala, heute Guenkala, die verbrannte Festung, genannt, und erkannte die Städte Tiumen und Bortschala (in der Ausgabe von Klaproth: Botschalk) oder die dreifach ummauerte Stadt, trjochstennyi gorodok, an ihren noch jetzt an der Mündung des Flusses sichtbaren Trümmern. In derselben Gegend muss auch die alte Residenz der Chasarischen Könige Semender oder Serai-banu (Hammer Gesch. d. G. H. 8) gelegen haben, da ihre Entfernung von Derbend vier, vom Idil dagegen sieben Tagereisen (Dorn, Geogr. cauc. in den Mém. d. l’Ac. d. S. P. VI s. VII, 527) betrug, während etwa zwanzig Parasangen sie von dem grossen Fluss Varschan oder Orschan (d. Kuban)[1] trennten, von dem in dem berühmten Briefe des Königs der Chasaren an den Minister Abdor-Rhamans III die Rede ist (D’Ohsson, D. peuples du Cauc. 1828, p. 208). Endlich muss hier auch die Residenz des Schamkals gesucht werden, die bei den Eingebornen einen so sonderbaren Namen führte, dass Fremde ihn gar nicht aussprechen konnten (Hammer, l. l. 434).

Schiltberger mag diesen sonderbaren Namen in Origens verwandelt haben; unsere Annalisten dagegen in Ornatsch oder Arnatsch. Jedenfalls war diese Stadt identisch mit Tenex oder Ornatia (Ornatis, Oruntia, Tornax, Cornax), das nach dem Zeugniss des Mönchs Alberich (cf. D’Avezac, Rel. d. Mongols par Duplan de Carpin, 114) die Mongolen im Jahre 1221, bei ihrem Einbruch ins Land der Comanen und Russen eroberten, sowie auch – mit der Stadt Ornas oder civitas Ornarum, die den Sarazenen gehörte, deren Einwohnerschaft aus Russen, Alanen und andern Christen bestand und die durch die Horden Batus vor ihrem Einbruch ins Land der Russen und Türken (Turcorum, Taycorum, Tartorum) unter Wasser gesetzt wurde nach dem Berichte Plano-Carpinis und seines polnischen Reisegefährten.

Leider haben die Gelehrten, obgleich sie die Identität aller dieser Namen nicht bezweifeln, bis jetzt nicht mit Sicherheit bestimmen können, auf welche Stadt sie sich beziehen.

Nach dem Vorgange Thunmanns glauben Karamsin d’Avezac und Kunik, es sei bei allen genannten Autoren die Rede von Tana oder Asov, von wo Beresin die Stadt Ornas (Journ. Minist. Narodn. Prosw. 1855, V, 104} an den Manytsch versetzen möchte, während Butkov (Isw. Arch. Obschtsch. 1861, II, 290) sie, ohne zu sagen weshalb, bei Aguev (Atschuev?) am nördlichen Arm des Kuban sucht. Hammer (l. l. 160 cf. 580) und Sresnefski (l. c.) wagen es nicht, der Meinung d’Avesac’s (l. l. 278) die von Frähn (Ibn Foszlan etc. 162) und Leontier (Propylei, IV) vorzuziehen, nach denen die Stadt Oruntia des Alberichs, sowie d. Ornas d. Plano-Carpini und Ornatsch der russischen Chroniken keine andere gewesen wären, als Urgendz. Noch vor Leontier hatte ich selbst (Sap. Odess. Obschtsch. Ist. III, 219) diese Meinung zu begründen gesucht: jetzt jedoch widerrufe ich sie, da ich mich überzeugt habe, dass besagte Stadt auf halbem Wege zwischen Asov und Urgendz liegen musste, oder, mit andern Worten, dass sie identisch war mit Schiltberger’s Origens, das nach dem Flusse, an dem es lag, auch den Namen Terk oder Terki führen konnte, den der Mönch Alberich sehr leicht in Tenex oder Tornax hat verwandeln können. Jedenfalls finden wir auf der katalanischen Karte von 1375, nördlich von Derbend den Namen Terchi und golfo de Terchi, und in derselben Gegend lag ohne Zweifel die Stadt Terki oder Tarku, von der die Rede ist bei dem Biographen Tamerlans in der Beschreibung seines Zugs gegen Toktamysch im Jahre 1395.

Bis zu den Umgebungen dieser Stadt müssen auch die mongolischen Heerhaufen vorgedrungen sein, die im Jahre 1221, nachdem sie den Kaukasus überschritten hatten, in Kampf geriethen mit den Lesgiern, Alanen und ihren benachbarten türkischen Stämmen. (Ibn Alatir cf. Kunik Utschjon. Sap. St. P. Ak. II, 659 und 779.) In der That erfahren wir durch Raschid-Eddin (Erdmann, Temudschintzca 407), dass die Mongolen damals die Stadt Tarku eroberten, nachdem sie durch Derbend ins Land der Alanen vorgedrungen waren.

Wenn sie auch in demselben Jahre 1221 die Stadt Urgendz oder Charesm einnahmen und zerstörten, so konnte dies nicht durch oben erwähnten Heerhaufen geschehen; denn dieser, geführt von den Feldherrn Subudai und Djebe, zog von Tarku aus ins Land der Cumanen und überwinterte in der Krim (Kunik, l. c. 745). Ohne Zweifel waren diese Mongolen nicht durch die Landenge von Perecop (l. l. 787) dahin gekommen, sondern über die Meerenge von Kertsch, nachdem sie vorher das Kubanthal durchzogen hatten. Im entgegengesetzten Falle wären sie nicht im Stande gewesen, schon in den ersten Tagen des Jahres 1223 die Stadt Sudak zu besetzen (Sap. Odess. Obschtsch. V). Erst nach der Eroberung dieser Stadt wandten sie sich gegen die Russen, denen sie im Frühjahre desselben Jahres an der Kalka eine grosse Niederlage beibrachten, so dass sie höchstens in diesem Jahre, nicht aber 1221, Asov hätten erobern können, wenn nur diese Stadt schon damals wirklich existirt hätte. In diesem Falle hätten auch die russischen Handelsleute, die sich vor den Mongolen zu Schiffe nach Klein-Asien retteten, dorthin nicht aus Cherson, sondern vom Ufer des Don kommen können.

Gleich der Stadt Tenex oder Oruntia des Alberichs muss Ornas, das von den Truppen Batus im Jahre 1237 während ihres Zugs „gegen die Türken und Russen“ unter Wasser gesetzt wurde – eher am Terek als am Don oder am Djihun gelegen haben, da der grausame Sohn des Djudji vor seinem Aufbruch nach Russland den Feldherrn Subadai in das diesem schon seit dem Jahre 1221 bekannte Land der As oder Alanen, sowie nach Bulgarien beordert hatte. Die Stadt Kernek, deren sich die Mongolen während dieses Feldzugs bemächtigten, könnte eher das im Lande der As oder Alanen gelegene Ornas oder Cornax gewesen als Krementschik, – in dem Beresin nur wegen der nicht sehr grossen Namensähnlichkeit Kernek wieder finden möchte. Jedenfalls behauptet d’Arezac ohne Grund, Plano Carpini habe den Feldzug Batus im Jahre 1237 mit dem vom Jahre 1221 verwechselt, so wie auch Klaproth (Voy. au Caucase, I, 100) irrthümlich auf dies Jahr die Nachrichten bezieht, die dem Rubruquis über den Feldzug Batus in die Krim durch Augenzeugen mitgetheilt worden waren. Noch besser als Rubruquis musste Plano Carpini im Stande gewesen sein, an Ort und Stelle Nachrichten einzusammeln über diesen Feldzug, der nur zehn Jahre vor seiner Reise durch Südrussland statt gefunden hatte; überdies hätte das im Delta des Tereks gelegene Ornas „per immersiones aquarum“ in die Gewalt der Mongolen fallen können, während wir bestimmt wissen, dass sie sich vergebens bemüht hatten, den Lauf des Djihun zu hemmen oder abzuleiten, und dass sie im Jahre 1221 die Stadt Urgendz nur nach einer langen Belagerung und einem siebentägigen Kampfe auf den Strassen und in den Häusern erobert haben (Erdmann, l. l. 410).

Selbst in dem Falle, dass der Fluss, an dem Ornas lag, den Namen Don geführt hätte, den ihm einige Handschriften beilegen, so würde dieser scheinbare Widerspruch sich durch den Umstand erklären, dass die in der Stadt ansässigen Alanen eben so leicht einen Fluss, der in ihrem Lande den Ara-don, Urs-don u. s. w. aufnahm, durch den Gattungsnamen „Don“ bezeichnen, als ihre türkischen Mitbürger ihn edil oder etil nennen konnten. Man könnte noch hinzufügen, dass der Fluss, von dem Plano Carpini spricht, sich ins Meer ergoss, und dass demnach dieser Fluss eher ins Kaspische Meer mündete, als in den Aralsee, in dessen Nähe Urgendz lag, oder in den mäotischen Sumpf, der sich beinahe bis zu den Mauern Asovs hinzog.

Eben so gut wie diese beiden Städte, nämlich Urgendz und Asov, hätte Origens, das nach Schiltberger auf der Nordseite des Kaukasus lag, die Stadt Arnatsch sein können, von der in einer alten russischen Chronik (Nik. Let. III, 183) die Rede ist; dort liest man: die Pest habe im Jahre 1346 gewüthet in der Horde, in Ornatsch, Astrachan, Sarai, Besdej u. s. w. Dasselbe gilt von einer andern Stelle derselben Chronik (cf. Karamsin, ed. Einerling, IV, n. 385), in der es heisst, ein gewisser „Mamat-Khodja“ habe sich nach Ornatsch geflüchtet und sei dort auf Befehl des Chans Birdibek im Jahre 1358 hingerichtet worden. In diesem Unglücklichen erkennt man leicht den Statthalter von Asak, Mahmud-Khodja el Kharism, wieder, den Ibn-Batuta vor seiner Reise nach Sudak besucht hatte. Herr Heyd (D. ital. H. C. am schwarzen Meere, in d. Z. für allg. Staatsw. XIX, 175) setzt den Aufenthalt des arabischen Reisenden in dieser Stadt ins Jahr 1334. Dagegen spricht jedoch der Umstand, dass Ibn-Batuta in Constantinopel, wohin er von Sudak aus gereiset war, noch den „alten“ Kaiser antraf, unter dem nur Andronicus II († 1332), der Grossvater des regierenden Kaisers Andronicus III, verstanden werden kann und nicht, wie Ibn-Batuta irrthümlich berichtet, der schon im Jahre 1320 verstorbene Michael IX, der Vater dieses Kaisers. Da der Grossvater dieses Letzteren bei dem Araber nicht Andronicus, sondern Djirdjes, d. h. Georg (I. B. ed. Defrémery et Sanguinetti II, 427), heisst, so wäre es möglich, dass er als Mönch diesen Namen angenommen hätte und nicht, wie einige Byzantiner berichten (cf. Rehm, l. l. IV, 3 p. 245), Anton genannt worden sei. Da nun Ibn-Batuta vor seiner Reise nach Sudak in Asak gewesen war, so muss er diese Stadt besucht haben, ehe die Venetianer sich dort niedergelassen hatten. Hieraus erklärt sich, weshalb er sich begnügt, zu sagen, er habe in Asak Genueser und andere Kaufleute angetroffen und die erst im Jahre 1333 gegründete Niederlassung der Venetianer in Tana mit Stillschweigen übergeht.

Im Vertrage der Republik des heiligen Marcus mit Djanibek vom Jahre 1347 ist vom Statthalter „Mahmudcoja“ nicht mehr die Rede, wahrscheinlich weil er damals schon den Posten eines Vezirs bekleidete (Quatremère, Hist. d. Sult. mam. de l’Egypte, II, 2, p. 316). Seine Erhebung auf diesen hohen Posten erklärt zur Genüge, weshalb der Vatermörder Birdibek sich seiner auch entledigen wollte.

Wenn es ferner in einer russischen Chronik heisst, Tamerlan habe im Jahre 1387 dem Tochtamysch die Stadt Ornatsch entrissen, so scheint es freilich, dass hier die Hauptstadt von Charesm gemeint sei. Wenigstens sagt Scherif-Eddin (Weil, Gesch. d. Chal. II, 33), Timur habe um diese Zeit (790=1388) Urgendz zerstört, während es Münzen gibt, die dort in den Jahren 1383–1387 auf den Namen des Tochtamysch geschlagen worden waren. Doch abgesehen davon, dass sich auch charesmische Münzen vom Jahre 781 (1379–1380; Ssaweljew, Mon. Dshutsch. II, 262) mit den Namen Tamerlans erhalten haben; dass er demnach schon damals die Stadt Urgendz der Goldenen Horde entrissen hatte und dass es nicht leicht war, ihm das einmal eroberte wieder abzunehmen – liessen sich Gründe zu Gunsten der Meinung anführen, die Stadt Ornatsch, die er Tochtamysch entriss, sei dennoch jenes Origens gewesen, wohin Schiltberger von Derbend aus gekommen war. Wenigstens erstreckten sich die Besitzungen des Tochtamysch längs der Westküste des Kaspischen Meeres bis zum Kaukasus und weiter gegen Süden, da es noch Münzen gibt, die auf seinen Namen in Baku, Schemachi, Schabran und Mahmud-abad geschlagen wurden (Jswl. i. ottsch. ob arch. rosisk. w 1855 r. p. 5). Zugleich wissen wir (Weil, II, 30), dass gerade im Jahre 1387 Tamerlan nicht blos Georgien und Schirvan erobert, sondern auch die benachbarten Provinzen von Kiptschak verwüstet und die Truppen des Tochtamysch zum Rückzüge genöthigt hatte. Während dieses Feldzuges war der Eroberer übrigens nicht bis nach Asak gekommen, das erst im Jahre 1395 in seine Gewalt fiel. Wenn ein ähnliches Unglück diese Stadt schon betroffen haben würde, so hätte der Metropolit Pimen dort 1½ Jahre später schwerlich so viele Venetianer und Genuesen angetroffen. (Nik. Let. IV, 160.)

Der Name Ornatsch erscheint auch in einer alten Liste der Eroberungen Tamerlans (ibid. 259). Der Verfasser dieser Liste zählt sie, wie es scheint, in chronologischer Ordnung auf, so dass wir von ihm nichts über die Lage dieses Ornatsch erfahren, das in der Liste zwischen Ispahan und Ghilan steht, das der Eroberer 1387 unterworfen hatte, d. h. vor der Zerstörung von Charesm und nach der Eroberung von Schirvan.

Dagegen können wir noch zwei andere Zeugnisse anführen, aus denen erhellt, dass die Stadt Ornatsch der Russen irgendwo am untern Terek gelegen haben muss, namentlich:

1) Abulfeda spricht von einer grossen Stadt, gelegen am nördlichen Ufer des Kaspischen Meeres, nicht weit von Astrachan. Nach Reinaud hiess diese Stadt „Antanoudj“, während sie, nach Khonikoff den Namen „Andjac“ führte. Wenn nun die Gelehrten hinsichtlich der Benennung dieser Stadt so sehr von einander abweichen, so kann man es den russischen Chronisten nicht verargen, wenn sie denselben Namen in Arnatsch verwandelt haben sollten.

2) In einem alten russischen Gedicht findet sich, nach der Schilderung des von Dimitri Donskoi über die Tataren im Jahre 1380 erfochtenen Sieges folgende Stelle:

i kliknuli byta diwy w Russkoi semli, a glawa schibla k shelesnym wratam lik k Karnatschi Krimu i Ssafe, po morju u k Kotornowu, a potom ko Zarjugrada na chwalu Russkim knjasjam (Wrem. Mosk. Obschtsch. Ist. XIV, 4).

Man braucht kein grosser Kenner des Russischen zu sein, um zu errathen, dass, nach den Worten des Dichters, die Nachricht von dem Siege Dimitris sich nach allen Seiten hin verbreitete: bis zum Eisernen Thor oder Derbend, bis Ornatsch, in die Krim, nach Caffa und von dort übers Meer bis in die Bulgarei und nach Constantinopel.

Ob nun Schiltberger von diesem Ornatsch spricht, oder nicht, sein Origens lag jedenfalls auf der Nordseite des Kaukasus, da er von dort aus in die Gebirge von Zesulat kam, das er im Capitel XXXVI Zulat nennt und als die Hauptstadt des Berglandes Bestan bezeichnet. Denn dies Zesulat oder Zulat war ohne Zweifel die Stadt Djulad, in deren Nähe Tamerlan, 1395, einen grossen Sieg über Tochtamysch erfocht, nachdem er vorläufig eine Abtheilung Kaitaken bei Terki oder Tarku vernichtet hatte. In dieser am Terek, nicht weit von Jekatherinogrod gelegenen Stadt Djulad haben sich heute wenig Reste ihrer früheren Grösse erhalten. Dagegen traf Güldenstedt (l.l. 505) nicht weit von ihr viele Denkmäler, unter andern christliche Gräber in einer Oertlichkeit Tatar-tup, der Hügel der Tataren genannt. Ueber diese Oertlichkeit theilt uns Herr Stavrovski (Russk. archiv. 1865, p. 540) im Auszuge aus einer in dem Archive von Reschetilof befindlichen Handschrift folgende Notizen mit: In der Kabardah gibt es eine Gegend, genannt Tatar-tup, mit den Ruinen eines alten Gebäudes, wahrscheinlich eines Tempels. Diese Gegend geniesst bei den Eingebornen eine so hohe Verehrung, dass sie beim Schwören sich auf sie berufen und, in diesem Fall, es nie wagen, ihren Eid zu brechen. Wer nur immer sich nach Tatar-kup hat flüchten können, braucht sich dort vor keinem Feind zu fürchten.

Auch Klaproth (l. l.) sah dort ausser drei Minarets, die denjenigen, die er in Djulad getroffen hatte, vollkommen glichen, die Ruinen von zwei Kirchen, die er, gleich Güldenstedt, für griechische aus dem XVI. Jahrhundert stammende hält, obgleich er zugleich bemerkt, dass die Tscherkessen behaupteten, diese Gebäude seien von West-Europäern oder Franken, die sich in ihrem Lande niedergelassen hätten, aufgeführt worden. Zu Gunsten dieser Behauptung kann folgende Bemerkung Barbáros (Viaggio d. Persia, II, 199) angeführt werden: „Caìtachi … sono circa il monte Caspio, parlano idioma separato degli altri. Sono christiani multi di loro: dei quale parte fanno alla Greca, parte all’Armena, et alcuni alla Catolica.“ Dass lange vor Barbaros Zeit der Catholicismus im Kaukasus Anhänger hatte, ersieht man aus folgender Stelle in der vom Papst Johann XXII. im Jahre 1318 erlassenen Bulle bei Gelegenheit der Ernennung des Dominikaners Frank von Perugia in Anerkennung seines Eifers bei Verkündung des Evangeliums in Persien und Tatarien (Bremond, Bull. ord. praed. II, fol. Rom. 1730) zum Erzbischofe von Sultanieh: „te ordinis praedicatorum professorem de ipsorum fratrum consilio et dictae potestatis plenitudine, ecclesiae dictae civitatis in archiepiscopum praefecimus et pastorem: curam et administrationem et solicitudinem animarum omnium existentium in iisdem partibus quae subduntur praefati (sc. Tartarorum) nec non Caydo et Aethiopiae et Indiae regum sive principum dominiis tibi plenarie committentes.“

Während Bremond in dem Caydo der Bulle die Stadt Zeitun, von der Marco Polo spricht, wieder erkennen wollte, glaubt Kunstmann (die Kenntniss Indiens, 1863, p. 6) es sei hier vielmehr die Provinz Cathay desselben Reisenden gemeint. Dagegen ist Heyd (Die Colon. d. Röm. Kirche in der Zeitschrift für hist. Theol. XXVIII, 323) überzeugt, dies dominium Caydo oder Chaydo bedeute die Besitzungen des mongolischen Prinzen Caydu († 1300), der zu seinem ogotaischen Stammlande auch einen grossen Theil der dschagataischen Länder erobert hatte.

Ich war zuerst der Meinung gewesen (Put. Schiltb. etc.), der Papst habe nur dem neuen Erzbischofe die Katholiken im Lande der Caidaken oder Caitaken empfehlen wollen, mit deren Namen sein Zeitgenosse Abulfeda den Kaukasus bezeichnet, wo Schiltberger gleich Barbaro noch viele Katholiken antraf. Noch im Jahre 1438 sandte der Papst Eugenius IV. dorthin an die Stelle des Bischofs Ambrosius einen andern, in der Bulle bezeichnet als episcopus Atrachitanus (Kunstmann, l. l. 31), ohne Zweifel deshalb, weil er seinen Sitz in der Stadt Tarku hatte. Irre ich nicht, so residirte dort, 1473, ein gewisser Heinrich von Brommelsheim, vom Orden der Karmeliten, obgleich ihn die Bulle als Bischof von Astrachan bezeichnet (Le Quien, Or. Chr. III, fol. 1136).

Da jedoch ein Zeitgenosse Johannes XXII., der Mönch Jordano Catalani (Mirab. ed. Coquebert-Monbret, Recueil de V. et M. IV.) auch von einem imperium de Dua et Cayda quondam de Capac et modo Elchigaday (Hammer, Ilchane, Stammtafel 1) spricht, d. h. von den Ländern Iltschikatais, des Sohnes von Deva und Enkels Borrak’s, so wie des Kiptschaks, eines Enkels Ogotais, so muss ich Herrn Heyd Recht geben, dass der Papst den Prinzen Caydu, der auch ein Enkel Ogotais war, im Auge hatte.

Dass übrigens schon im XIV. Jahrhundert die Zahl der Katholiken im Kaukasus nicht gering war, zeigt folgende Stelle einer Bulle des Papstes Bonifacius IX. vom Jahre 1401 (bei Wadding, angeführt von Kunstmann, 6): … quod retro actis temporibus ad partes orientales quamplurimi devoti viri ordinis fratrum minorum de societate peregrinantium nuncupati Tartariam et mare Bachu pertranseuntes evangelizando apud praefatas partes in Kaydaken patria civitates sc. Comech, Thuma, Tarchu, Dawech, Michaha, una cum castris et villis cum multitudine non pauca ad fidem christianam converterunt.“

Zieht man in Betracht, dass in der Nähe der Kaitaken die Wohnsitze der Kumiken sich befanden und dass dies Volk schon zur Zeit des Massudi (ed. Barbier de Meynard, II, 40) sich zum Christenthum bekannte, so wird man wohl in ihrem Lande die Stadt Comesch der Bulle von 1401 suchen müssen, die gewiss identisch war mit der Stadt Cum oder Comesciah, wo noch im Jahre 1422 ein katholischer Bischof seinen Sitz hatte (Kunstmann, l. c. 7) – wahrscheinlich derselbe Prälat, den Schiltberger einige Jahre später in der Stadt Djulad antraf.

Gewöhnlich muss der Bischof von Cum oder Comech in der Stadt Cum-Magyar des Abul-Feda (ed. Reinaud, II, 283) residirt haben, die keine andere war als die „grosse und schöne Stadt“ Madjar, wo sein Zeitgenosse Ibn-Batuta (ed. Defrémery etc. II, 376 seq.) zusammentraf mit einem spanischen Juden, griechischen Fakiren und Kammerherren der Gemahlin des Chans Usbek, einer Tochter Andronicus III. „der königlichen Frau“. So wenigstens übersetzt Hammer (G. H. 298) den Namen Bayalun, in dem ich gern eine schlechte Lesart des Familiennamens der Prinzessin (Palaeolog) vermuthet hätte.

Noch heute erkennt man die Ruinen von Madjar, in der Nähe des Flusses Kuma. Sie können zum Beweise dienen, dass die Bevölkerung der Stadt einst zum Theil aus Christen bestand und diesem Umstande möchte die Achtung zuzuschreiben sein, deren, zum Erstaunen Ibn-Batutas, in jener Stadt das schöne Geschlecht genoss.

Jedenfalls hätte der Bischof von „Comesciah“ nach der Zerstörung Madjars durch Tamerlan im Jahre 1395, in irgend einem der steinernen Gebäude oder „Madjare", die sich am Ufer der Kuma erhalten haben, ein besseres Unterkommen gefunden, als in dem auch von Tamerlan zerstörten Ispahan, wohin man jenen Bischofssitz hat verlegen wollen (Marcellino da Civetta, Gesch. d. Miss. IV, 479, bei Kunstmann, l. c.).

Da die Städte „Thuma und Tarchu“ in Tümen und Tarku nicht zu verkennen sind, so wird es erlaubt sein, „Davech“ in der Landschaft Djevet zu suchen, höher hinauf am Terek an dessen Nebenflusse, d. Sundja (Guid. R. ed. Klaproth 38), dem Seventz der russischen Chroniken, an dessen Ufer die Stadt Dediakor lag, wohin die russischen Fürsten 1278 dem Chan Mengu Timur Heerfolge leisten mussten und wo ungefähr 40 Jahre später der Fürst von Tver Michael auf Befehl des Chans Urbek zu Tode gemartert wurde.

Schliesslich konnte das in der Bulle erwähnte Michaha am Ufer der Kuma, am Fusse des Berges Maschuka (ibid. 254) gelegen haben, oder am Mischhik, einem Nebenflusse des „Tscherek“, der bei Mohatschla vorbeifliesst, einem Flecken, der nach D’Ohsson (l. l.) den Ort bezeichnet, wo die Stadt Maas lag, die Residenz des Königs der Alanen, nach Massudi.

Dass katholische Missionäre schon im XIV. Jahrhunderte bis an den Kaukasus vordringen konnten, wird uns natürlich erscheinen, wenn wir uns erinnern, dass nach Clavijo (ed. 1782, p. 114) italienische Kaufleute zu seiner Zeit die Stadt Schemachi (Xamahi) besuchten, wohin ich nach dem Vorgange von Coquebret-Monbret (in d. Einleitung zu d. ang. Mirab.) das im Jahre 1329 errichtete und dem Erzbischofe von Sutanieh untergebene Bisthum von Semiscata oder Gemiscata versetzen möchte, während Kunstmann (Hist. Pol. Blätter, XXXVII, 10 p.869) und Heyd (l. c. 324) dem lateinischen Bischof von Semiscata seinen Sitz in der chorasanischen Stadt Mesched anweisen, obgleich ihnen nicht unbekannt sein konnte, dass im Jahre 1330 Johann XXII. dem Chan Urbek, so wie dem von Djagatai „Elschigaday“ angelegentlich den neuernannten Bischof von Semiscata, Thomas Mancasala empfohlen hatte, da es diesem Manne gelungen war, viele Alanen (kaukasische), Ungarn (Baschkiren) und Malchaiten (griechische Christen) in den Schoos der alleinseligmachenden Kirche aufzunehmen.

Nach Allem hier angefahrten wird es weiter nicht auffallen, dass Schiltberger im Herzen des Kaukasus einen katholischen Bischof antraf, so wie auch Barfüssermönche, die den Gottesdienst in tatarischer Sprache hielten. Auch erräth man leicht, dass das Bergland Bestan, in welchem die Stadt Djulad lag und das uns durch seinen Namen an den Beschtau oder die fünf Berge erinnert, wo Ibn-Batuta mit dem Chan Usbek zusammentraf, nichts anderes sein konnte als die in der Nähe von Jekatherinograd liegende Landschaft, die heute noch Beschtamak oder die fünf Flüsse genannt wird, weil gerade so viele Nebenflüsse des Terek sie durchströmen. (Klaproth, l. c. I, 327.)


  1. Vardanus bei Ptol.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Georg Martin Thomas (1817–1887), Philologe, Historiker und Reichstagsabgeordneter