Gesetz, betreffend den Schutz der Brieftauben und den Brieftaubenverkehr im Kriege
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(Nr. 2182.) Gesetz, betreffend den Schutz der Brieftauben und den Brieftaubenverkehr im Kriege. Vom 28. Mai 1894.
Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen etc.
verordnen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesraths und des Reichstags, was folgt:
§. 1.
- Die Vorschriften der Landesgesetze, nach welchen das Recht, Tauben zu halten, beschränkt ist, und nach welchen im Freien betroffene Tauben der freien Zueignung oder der Tödtung unterliegen, finden auf Militärbrieftauben keine Anwendung.
- Dasselbe gilt von landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen Tauben, die in ein fremdes Taubenhaus übergehen, dem Eigenthümer des letzteren gehören.
§. 2.
- Insoweit auf Grund landesgesetzlicher Bestimmungen Sperrzeiten für den Taubenflug bestehen, finden dieselben auf die Reiseflüge der Militärbrieftauben keine Anwendung. Die Sperrzeiten dürfen für Militärbrieftauben nur einen zusammenhängenden Zeitraum von höchstens je zehn Tagen im Frühjahr und Herbst umfassen. Sind längere als zehntägige Sperrzeiten eingeführt, so gelten für Militärbrieftauben immer nur die ersten zehn Tage.
§. 3.
- Als Militärbrieftauben im Sinne dieses Gesetzes gelten Brieftauben, welche der Militär-(Marine-)Verwaltung gehören oder derselben gemäß den von ihr erlassenen Vorschriften zur Verfügung gestellt und welche mit dem vorgeschriebenen Stempel versehen sind. [464]
- Privatpersonen gehörige Militärbrieftauben genießen den Schutz dieses Gesetzes erst dann, wenn in ortsüblicher Weise bekannt gemacht worden ist, daß der Züchter seine Tauben der Militärverwaltung zur Verfügung gestellt hat.
§. 4.
- Für den Fall eines Krieges kann durch Kaiserliche Verordnung bestimmt werden, daß alle gesetzlichen Vorschriften, welche das Tödten und Einfangen fremder Tauben gestatten, für das Reichsgebiet oder einzelne Theile desselben außer Kraft treten, sowie daß die Verwendung von Tauben zur Beförderung von Nachrichten ohne Genehmigung der Militärbehörde mit Gefängniß bis zu drei Monaten zu bestrafen ist.
- Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Kaiserlichen Insiegel.
- Gegeben Neues Palais, den 28. Mai 1894.