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Gesetz, betreffend die Abänderung der Gewerbeordnung. Vom 6. August 1896

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Gesetzestext
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Titel: Gesetz, betreffend die Abänderung der Gewerbeordnung.
Abkürzung:
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Geltungsbereich:
Rechtsmaterie:
Fundstelle: Deutsches Reichsgesetzblatt Band 1896, Nr. 27, Seite 685 - 690
Fassung vom: 6. August 1896
Ursprungsfassung:
Bekanntmachung: 10. August 1896
Inkrafttreten:
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(Nr 2332). Gesetz, betreffend die Abänderung der Gewerbeordnung. Vom 6. August 1896.

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen etc.

verordnen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesraths und des Reichstags, was folgt:

Artikel 1.

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Der §. 30 Absatz 1 der Gewerbeordnung erhält folgenden Zusatz:
c) wenn die Anstalt nur in einem Theile eines auch von anderen Personen bewohnten Gebäudes untergebracht werden soll und durch ihren Betrieb für die Mitbewohner dieses Gebäudes erhebliche Nachtheile oder Gefahren hervorrufen kann,
d) wenn die Anstalt zur Aufnahme von Personen mit ansteckenden Krankheiten oder von Geisteskranken bestimmt ist und durch ihre örtliche Lage für die Besitzer oder Bewohner der benachbarten Grundstücke erhebliche Nachtheile oder Gefahren hervorrufen kann.
Vor Ertheilung der Konzession sind über die Fragen zu c und d die Ortspolizei- und die Gemeindebehörden zu hören.

Artikel 2.

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Der §. 32 der Gewerbeordnung erhält folgende Fassung:
Schauspielunternehmer bedürfen zum Betriebe ihres Gewerbes der Erlaubniß. Dieselbe gilt nur für das bei Ertheilung der Erlaubniß bezeichnete Unternehmen. Zum Betriebe eines anderen oder eines wesentlich veränderten Unternehmens bedarf es einer neuen Erlaubniß.
Die Erlaubniß ist zu versagen, wenn der Nachsuchende den Besitz der zu dem Unternehmen nöthigen Mittel nicht nachzuweisen vermag [686] oder wenn die Behörde auf Grund von Thatsachen die Ueberzeugung gewinnt, daß derselbe die zu dem beabsichtigten Gewerbebetriebe erforderliche Zuverlässigkeit insbesondere in sittlicher, artistischer und finanzieller Hinsicht nicht besitzt.

Artikel 3.

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Der §. 33 der Gewerbeordnung erhält als fünften und sechsten Absatz folgende Zusätze:
Die vorstehenden Bestimmungen finden auf Vereine, welche den gemeinschaftlichen Einkauf von Lebens- und Wirthschaftsbedürfnissen im Großen und deren Absatz im Kleinen zum ausschließlichen oder hauptsächlichen Zweck haben, einschließlich der bereits bestehenden, auch dann Anwendung, wenn der Betrieb auf den Kreis der Mitglieder beschränkt ist.
Die Landesregierungen können anordnen, daß die vorstehenden Bestimmungen, mit Ausnahme derjenigen im Absatz 3 unter b, auch auf andere Vereine, einschließlich der bereits bestehenden, selbst dann Anwendung finden, wenn der Betrieb auf den Kreis der Mitglieder beschränkt ist.

Artikel 4.

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Der §. 35 Absatz 2 der Gewerbeordnung erhält folgende Fassung:
Unter derselben Voraussetzung sind zu untersagen: der Trödelhandel (Handel mit gebrauchten Kleidern, gebrauchten Betten oder gebrauchter Wäsche, Kleinhandel mit altem Metallgeräth, mit Metallbruch oder dergleichen) sowie der Kleinhandel mit Garnabfällen oder Dräumen von Seide, Wolle, Baumwolle oder Leinen, der Handel mit Dynamit oder anderen Sprengstoffen und der Handel mit Loosen von Lotterien und Ausspielungen, oder mit Bezugs- und Antheilscheinen auf solche Loose.

Artikel 5.

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Zwischen dem dritten und vierten Absatz des §. 35 der Gewerbeordnung werden folgende neue Absätze eingeschaltet:
Der Handel mit Droguen und chemischen Präparaten, welche zu Heilzwecken dienen, ist zu untersagen, wenn die Handhabung des Gewerbebetriebes Leben und Gesundheit von Menschen gefährdet. Der Kleinhandel mit Bier kann untersagt werden, wenn der Gewerbetreibende wiederholt wegen Zuwiderhandlungen gegen die Vorschriften des §. 33 bestraft ist.
Ist die Untersagung erfolgt, so kann die Landes-Centralbehörde oder eine andere von ihr zu bestimmende Behörde die Wiederaufnahme des Gewerbebetriebes gestatten, sofern seit der Untersagung mindestens ein Jahr verflossen ist. [687]

Artikel 6.

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Der §. 41a Absatz 1 erhält folgenden Zusatz:
Diese Bestimmung findet auf den Geschäftsbetrieb von Konsum- und anderen Vereinen entsprechende Anwendung.

Artikel 7.

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Im §. 42b der Gewerbeordnung wird die Einleitung wie folgt abgeändert:
Durch die höhere Verwaltungsbehörde nach Anhörung der Gemeindebehörde oder durch Beschluß der Gemeinbebehörde mit Genehmigung der höheren Verwaltungsbehörde kann für u. s. w.
Der Schlußsatz des ersten Absatzes erhält folgende Fassung:
Diese Bestimmung kann auf einzelne Theile des Gemeindebezirks sowie auf gewisse Gattungen von Waaren und Leistungen beschränkt werden.
Im zweiten Satze des dritten Absatzes werden zwischen dem Worte „beschränkt“ und dem Worte „werden“ die Worte „und gemäß §. 60b Absatz 3 verboten“ eingeschaltet.

Artikel 8.

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Der §. 42b der Gewerbeordnung erhält als fünften Absatz folgenden Zusatz:
Kinder unter vierzehn Jahren dürfen, auch wenn eine Bestimmung nach Absatz 1 nicht getroffen ist, auf öffentlichen Wegen, Straßen, Plätzen oder an öffentlichen Orten oder ohne vorgängige Bestellung von Haus zu Haus Gegenstände nicht feilbieten. In Orten, wo ein derartiges Feilbieten durch Kinder herkömmlich ist, darf die Ortspolizeibehörde ein solches für bestimmte Zeitabschnitte, welche in einem Kalenderjahre zusammen vier Wochen nicht überschreiten dürfen, gestatten.

Artikel 9.

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An Stelle des §. 44 Absatz 3 der Gewerbeordnung treten folgende Bestimmungen :
Das Aufkaufen darf ferner nur bei Kaufleuten oder solchen Personen, welche die Waaren produziren, oder in offenen Verkaufsstellen erfolgen. Imgleichen darf das Aufsuchen von Bestellungen auf Waaren, mit Ausnahme von Druckschriften, anderen Schriften und Bildwerken und, soweit nicht der Bundesrath noch für andere Waaren oder Gegenden oder Gruppen von Gewerbetreibenden Ausnahmen zuläßt, ohne vorgängige ausdrückliche Aufforderung nur bei Kaufleuten in deren Geschäftsräumen, oder bei solchen Personen geschehen, in deren Geschäftsbetriebe Waaren der angebotenen Art Verwendung finden.
Hinsichtlich des Aufsuchens von Bestellungen auf Druckschriften, andere Schriften und Bildwerke finden die Vorschriften des §. 56 Absatz 3 entsprechende Anwendung. [688]

Artikel 10.

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Im §. 44a Absatz 1 der Gewerbeordnung werden die Worte „Absatz 1 und 2“ gestrichen.

Artikel 11.

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Dem Absatz 3 des §. 53 der Gewerbeordnung wird als zweiter Satz hinzugefügt:
Ist die Untersagung erfolgt, so kann die Landes-Centralbehörde oder eine andere von ihr zu bestimmende Behörde die Wiederaufnahme des Gewerbebetriebes gestatten, sofern seit der Untersagung mindestens ein Jahr verflossen ist.

Artikel 12.

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Im §. 56 der Gewerbeordnung werden im Absatz 2 hinter Ziffer 9 folgende Bestimmungen als Ziffer 10 und 11 hinzugefügt:
10. Bäume aller Art, Sträucher, Schnitt-, Wurzel-Reben, Futtermittel und Sämereien, mit Ausnahme von Gemüse- und Blumensamen;
11. Schmucksachen, Bijouterien, Brillen und optische Instrumente.
Der dritte Absatz erhält folgende Fassung:
Ausgeschlossen vom Feilbieten und Aufsuchen von Bestellungen im Umherziehen sind ferner:
12. Druckschriften, andere Schriften und Bildwerke, insofern sie in sittlicher oder religiöser Beziehung Aergerniß zu geben geeignet sind, oder mittelst Zusicherung von Prämien oder Gewinnen vertrieben werden, oder in Lieferungen erscheinen, wenn nicht der Gesammtpreis auf jeder einzelnen Lieferung an einer in die Augen fallenden Stelle bestimmt verzeichnet ist.

Artikel 13.

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Im §. 56a der Gewerbeordnung wird hinter Ziffer 3 folgende Bestimmung hinzugefügt:
4. das Feilbieten von Waaren, sowie das Aufsuchen von Bestellungen auf Waaren, wenn solche gegen Theilzahlungen unter dem Vorbehalt veräußert werden, daß der Veräußerer wegen Nichterfüllung der dem Erwerber obliegenden Verpflichtungen von dem Vertrage zurücktreten kann (§§. 1 und 6 des Gesetzes, betreffend die Abzahlungsgeschäfte, vom 16. Mai 1894).

Artikel 14.

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Der §. 56b der Gewerbeordnung wird folgendermaßen abgeändert:
1. Der Absatz 1 erhält den Zusatz:
Die gleiche Befugniß steht den Landesregierungen für ihr Gebiet oder Theile desselben hinsichtlich der im §. 56 Absatz 2 Ziffer 10 bezeichneten Gegenstände zu. [689]
2. Der Absatz 3 erhält die Fassung:
Durch die Landesregierungen kann das Umherziehen mit Zuchthengsten zur Deckung von Stuten untersagt werden. Desgleichen kann zur Abwehr oder Unterdrückung von Seuchen der Handel mit Rindvieh, Schweinen, Schafen, Ziegen oder Geflügel im Umherziehen Beschränkungen unterworfen oder auf bestimmte Dauer untersagt werden.

Artikel 15.

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Im §. 56c Absatz 1 der Gewerbeordnung erhält der zweite Satz folgende Fassung:
Ausnahmen von diesem Verbote dürfen von der zuständigen Behörde zugelassen werden, hinsichtlich der Wanderversteigerungen jedoch nur bei Waaren, welche dem raschen Verderben ausgesetzt sind.

Artikel 16.

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Im §. 57 Ziffer 3 der Gewerbeordnung sind nach dem Worte „Menschen“ die Worte einzuschalten:
wegen Land- oder Hausfriedensbruchs, wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt.

Artikel 17.

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Ziffer 1 des §. 57a der Gewerbeordnung erhält folgende Fassung:
1. wenn der Nachsuchende das fünfundzwanzigste Lebensjahr noch nicht vollendet hat.
Im Falle der Nr. 1 ist dem Nachsuchenden der Wandergewerbeschein zu ertheilen, wenn er der Ernährer einer Familie ist und bereits vier Jahre im Wandergewerbe thätig gewesen ist.

Artikel 18.

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Ziffer 2 des §. 57b der Gewerbeordnung erhält folgende Fassung:
2. wenn er wegen strafbarer Handlungen aus Gewinnsucht, gegen das Eigenthum, gegen die Sittlichkeit, wegen vorsätzlicher Angriffe auf das Leben und die Gesundheit der Menschen, wegen Hausfriedensbruchs, wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt, wegen vorsätzlicher Brandstiftung, wegen Zuwiderhandlungen gegen Verbote oder Sicherungsmaßregeln, betreffend Einführung oder Verbreitung ansteckender Krankheiten oder Viehseuchen, zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einer Woche verurtheilt ist, und seit der Verbüßung der Strafe fünf Jahre noch nicht verflossen sind. [690]

Artikel 19.

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Dem §. 60b der Gewerbeordnung ist als Absatz 3 folgender Zusatz hinzuzufügen:
Das Feilbieten der im §. 59 Ziffer 1 und 2 bezeichneten Gegenstände durch Kinder unter vierzehn Jahren kann von der Ortspolizeibehörde verboten werden.

Artikel 20.

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§. 105b erhält als Absatz 3 folgenden Zusatz:
Die Bestimmungen des Absatzes 2 finden auf die Beschäftigung von Gehülfen, Lehrlingen und Arbeitern im Geschäftsbetriebe von Konsum- und anderen Vereinen entsprechende Anwendung.

Artikel 21.

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Die Ziffern 7a, 7b und 7d des §. 148 Absatz 1 der Gewerbeordnung erhalten folgende Fassung:
7a. wer dem §. 56 Absatz 1, Absatz 2 Ziffer 1 bis 5, 7 bis 11, Absatz 3, §. 56a oder §. 56b zuwiderhandelt;
7b. wer den Vorschriften der §§. 56c, 60a, 60b Absatz 2 und 3 oder 60c Absatz 2 und 3 zuwiderhandelt;
7d. wer bei dem Gewerbebetriebe im Umherziehen Kinder unter vierzehn Jahren zu gewerblichen Zwecken mit sich führt, oder zu dem nach §. 42b Absatz 5 verbotenen Gewerbebetriebe Kinder unter vierzehn Jahren anleitet oder ausschickt.

Artikel 22.

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Die Schauspielunternehmern zum Betriebe ihres Gewerbes bisher ertheilte Erlaubniß gilt nur für das beim Inkrafttreten dieses Gesetzes betriebene Unternehmen.

Artikel 23.

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Dieses Gesetz tritt mit dem 1. Januar 1897 in Kraft.
Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Kaiserlichen Insiegel.
Gegeben Wilhelmshöhe, den 6. August 1896.
(L. S.)  Wilhelm.

  von Boetticher.