Gesetz, betreffend die Aenderung des Gesetzes über den Unterstützungswohnsitz und die Ergänzung des Strafgesetzbuchs

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Gesetzestext
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Titel: Gesetz, betreffend die Aenderung des Gesetzes über den Unterstützungswohnsitz und die Ergänzung des Strafgesetzbuchs.
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Geltungsbereich:
Rechtsmaterie:
Fundstelle: Deutsches Reichsgesetzblatt Band 1894, Nr. 9, Seite 259 - 261
Fassung vom: 12. März 1894
Ursprungsfassung:
Bekanntmachung: 20. März 1894
Inkrafttreten:
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[259]

(Nr 2149.) Gesetz, betreffend die Aenderung des Gesetzes über den Unterstützungswohnsitz und die Ergänzung des Strafgesetzbuchs. Vom 12. März 1894.

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen etc.

verordnen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesraths und des Reichstags, was folgt:

Artikel 1.[Bearbeiten]

Das Gesetz über den Unterstützungswohnsitz vom 6. Juni 1870 (Bundes-Gesetzbl. S. 360) wird in nachstehender Weise abgeändert:

I.[Bearbeiten]

Im §. 10 und §. 22 ist an Stelle der Worte: „nach zurückgelegtem vierundzwanzigsten Lebensjahre“ zu setzen:
„nach zurückgelegtem achtzehnten Lebensjahre".

II.[Bearbeiten]

Der §. 29 erhält folgende Fassung:
Wenn Personen, welche gegen Lohn oder Gehalt in einem Dienst- oder Arbeitsverhältniß stehen, oder deren ihren Unterstützungswohnsitz theilende Angehörige, oder wenn Lehrlinge am Dienst- oder Arbeitsorte erkranken, so hat der Ortsarmenverband dieses Ortes die Verpflichtung, den Erkrankten die erforderliche Kur und Verpflegung zu gewähren.
Ein Anspruch auf Erstattung der entstehenden Kur- und Verpflegungskosten beziehungsweise auf Uebernahme des Hülfsbedürftigen [260] gegen einen anderen Armenverband erwächst in diesen Fällen nur, wenn die Krankenpflege länger als dreizehn Wochen fortgesetzt wurde, und nur für den über diese Frist hinausgehenden Zeitraum.
Dem zur Unterstützung an sich verpflichteten Armenverbande muß spätestens sieben Tage vor Ablauf des dreizehnwöchentlichen Zeitraums Nachricht von der Erkrankung gegeben werden, widrigenfalls die Erstattung der Kosten erst von dem, sieben Tage nach dem Eingänge der Nachricht beginnenden Zeitraume an gefordert werden kann.
Die Bestimmungen der Absätze 2 und 3 finden keine Anwendung, wenn das Dienst- oder Arbeitsverhältniß, durch welches der Aufenthalt am Dienst- oder Arbeitsorte bedingt wurde, nach seiner Natur oder im Voraus durch Vertrag auf einen Zeitraum von einer Woche oder weniger beschränkt ist.
Schwangerschaft an sich ist nicht als eine Krankheit im Sinne der vorstehenden Bestimmung anzusehen.

III.[Bearbeiten]

1. Im §. 30 Absatz 1 lit. b Zeile 1 ist statt der Worte: „wenn der Unterstützte keinen Unterstützungswohnsitz hat“ zu setzen:
„wenn ein Unterstützungswohnsitz des Unterstützten nicht zu ermitteln ist“.
2. Zwischen die Absätze 1 und 2 des §. 30. ist folgender neuer Absatz einzuschieben:
„Der Beweis, daß ein Unterstützungswohnsitz des Unterstützten nicht zu ermitteln gewesen ist, gilt schon dann als erbracht, wenn der die Erstattung fordernde Armenverband dargelegt hat, daß er alle diejenigen Erhebungen vorgenommen hat, welche nach Lage der Verhältnisse als geeignet zur Ermittelung eines Unterstützungswohnsitzes anzusehen waren. Wird nach der Erstattung ein Unterstützungswohnsitz des Unterstützten nachträglich ermittelt, so ist der Armenverband, welcher die Erstattung vorgenommen hat, berechtigt, von dem Armenverbande des Unterstützungswohnsitzes für die gewährte Unterstützung und für die durch nachträgliche Ermittelungen entstandenen Kosten Ersatz zu beanspruchen.“

IV.[Bearbeiten]

In das Gesetz wird aufgenommen:
§. 30a.[Bearbeiten]
Erstattungs- und Ersatzansprüche, welche auf Grund dieses Gesetzes erhoben werden, verjähren in zwei Jahren vom Ablauf desjenigen Jahres ab, in welchem der Anspruch entstanden ist. [261]

V.[Bearbeiten]

In das Gesetz wird aufgenommen:
§. 32a.[Bearbeiten]
Soweit nach Bestimmung der Landesgesetze einzelne Zweige der öffentlichen Armenpflege den Landarmenverbänden übertragen sind, gehen auf diese die Rechte und Pflichten der Ortsarmenverbände über.

Artikel 2.[Bearbeiten]

In den §. 361 des Strafgesetzbuchs wird hinter Nummer 9 folgende Nummer 10 eingestellt:
„10. wer, obschon er in der Lage ist, diejenigen, zu deren Ernährung er verpflichtet ist, zu unterhalten, sich der Unterhaltspflicht trotz der Aufforderung der zuständigen Behörde derart entzieht, daß durch Vermittelung der Behörde fremde Hülfe in Anspruch genommen werden muß,“
Ferner ist in dem letzten Absatz des §. 361 des Strafgesetzbuchs (Reichs-Gesetzbl. 1876 S. 112) Zeile 2 von unten hinter „9“ zu setzen: „und 10“.

Artikel 3.[Bearbeiten]

Dieses Gesetz tritt mit dem 1. April 1894 in Kraft.
Der Reichskanzler wird ermächtigt, den Text des Gesetzes über den Unterstützungswohnsitz vom 6. Juni 1870 (Bundes-Gesetzbl. S. 360), wie er sich aus den Aenderungen durch gegenwärtiges Gesetz ergiebt, durch das Reichs-Gesetzblatt bekannt zu machen.
Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Kaiserlichen Insiegel.
Gegeben Berlin im Schloß, den 12. März 1894.
(L. S.)  Wilhelm.

  von Boetticher.