Gesetz, betreffend die Einführung des §. 29 der Gewerbeordnung in Elsaß-Lothringen
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(Nr. 871.) Gesetz, betreffend die Einführung des §. 29 der Gewerbeordnung in Elsaß-Lothringen. Vom 15. Juli 1872.
Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen etc.
verordnen im Namen des Deutschen Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesrathes, für Elsaß-Lothringen was folgt:
§. 1.
- Die Wirksamkeit des §. 29 der Gewerbeordnung für das Deutsche Reich vom 21. Juni 1869, welcher lautet:
- Einer Approbation, welche auf Grund eines Nachweises der Befähigung ertheilt wird, bedürfen Apotheker und diejenigen Personen, welche sich als Aerzte (Wundärzte, Augenärzte, Geburtshelfer, Zahnärzte und Thierärzte) oder mit gleichbedeutenden Titeln bezeichnen oder seitens des Staats oder einer Gemeinde als solche anerkannt oder mit amtlichen Funktionen betraut werden sollen. Es darf die Approbation jedoch von der vorherigen akademischen Doktorpromotion nicht abhängig gemacht werden.
- Der Bundesrath bezeichnet mit Rücksicht auf das vorhandene Bedürfniß in verschiedenen Theilen des Bundesgebiets die Behörden, welche für das ganze Bundesgebiet gültige Approbationen zu ertheilen befugt sind und erläßt die Vorschriften über den Nachweis der Befähigung. Die Namen der Approbirten werden von der Behörde, welche die Approbation ertheilt, in den vom Bundesrathe zu bestimmenden amtlichen Blättern veröffentlicht.
- Personen, welche eine solche Approbation erlangt haben, sind innerhalb des Bundesgebietes in der Wahl des Ortes, wo sie ihr Gewerbe betreiben wollen, vorbehaltlich der Bestimmungen über die Errichtung und Verlegung von Apotheken, nicht beschrankt.
- Dem Bundesrathe bleibt vorbehalten, zu bestimmen, unter welchen Voraussetzungen Personen wegen wissenschaftlich erprobter Leistungen von der vorgeschriebenen Prüfung ausnahmsweise zu entbinden sind.
- Personen, welche vor Verkündigung dieses Gesetzes in einem Bundesstaate die Berechtigung zum Gewerbebetrieb als Aerzte, Wundärzte, Zahnärzte, Geburtshelfer, Apotheker oder Thierärzte bereits erlangt haben, gelten als für das ganze Bundesgebiet approbirt.
- wird auf Elsaß-Lothringen ausgedehnt. [351]
§. 2.
- Die in vorstehendem Paragraphen erwähnten Approbationen dürfen nicht auf Zeit ertheilt werden, und können nur dann zurückgenommen werden, wenn die Unrichtigkeit der Nachweise dargethan wird, auf deren Grund solche ertheilt worden sind.
- Ueber die Zurücknahme der Approbation entscheidet der Bezirksrath in öffentlicher Sitzung. Gegen die Entscheidung ist Rekurs an den Kaiserlichen Rath in Elsaß-Lothringen zulässig, welcher bei Verlust desselben binnen vierzehn Tagen von Eröffnung der Entscheidung an gerechnet gerechtfertigt werden muß. Der Rekursbescheid ist schriftlich zu eröffnen und muß mit Gründen versehen sein.
§. 3.
- Mit Geldbuße bis zu Einhundert Thalern und im Unvermögensfalle mit Haft wird bestraft:
- 1) wer den selbstständigen Betrieb des Apothekergewerbes ohne die vorschriftsmäßige Approbation unternimmt, oder fortsetzt;
- 2) wer, ohne hierzu approbirt zu sein, sich als Arzt (Wundarzt, Augenarzt, Geburtshelfer, Zahnarzt, Thierarzt) bezeichnet oder sich einen ähnlichen Titel beilegt, durch den der Glauben erweckt wird, der Inhaber desselben sei eine geprüfte Medizinalperson.
§. 4.
- Die vorstehenden Bestimmungen (§§. 1 bis 3) treten mit dem 1. Oktober d. J. in Kraft.
§. 5.
- Bestallungen (Certifikate) für Herboristen werden nicht mehr ertheilt.
- Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Kaiserlichen Insiegel.
- Gegeben Bad Ems, den 15. Juli 1872.